Das vorliegende Heft der „Mathematischen Semesterberichte“ widmet sich dem Thema „Stoffdidaktik“. Anlass hierzu waren die zahlreichen in der letzten Zeit in Deutschland geführten Diskussionen, der internationale Kongress in Hamburg, aber auch der Wunsch nach einer Standortbestimmung. Hierzu gehört auch eine Besinnung auf die Rolle der „Semesterberichte“ für die Entwicklung der Mathematikdidaktik nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland.

Im ersten Beitrag stellt Gert Schubring (Bielefeld) die historische Entwicklung der Mathematikdidaktik mit Schwerpunkt auf Deutschland für den Zeitraum von 1800 etwa bis zur Gegenwart dar, wobei vor allem deren zweifache Wurzel herausgearbeitet wird. Anschließend diskutiert Hans Schupp (Saarbrücken) aus der Sicht des unmittelbar Beteiligten die Frage, was Stoffdidaktik war, was sie ist und was sie werden könnte.

Auf speziellere Aspekte des Themas gehen die Beiträge von Andreas Filler (Berlin) und Hans-Georg Weigand (Würzburg) ein. Während Filler die Auseinandersetzungen in der ehemaligen DDR um die Ausrichtung des Geometrieunterrichts – abbildungstheoretisch oder nicht – darstellt und dabei auch ein großes Maß an Informationen zu der in der DDR gepflegten Methodik (wie man dort meist die Didaktik nannte) liefert, geht Weigand auf Grundlagenprobleme des Analysisunterrichts, insbesondere auf die Frage der Behandlung von Folgen als Fundament der Infinitesimalrechnung, ein. Dabei kommen auch Probleme, welche mit dem Einsatz neuer Medien (Taschenrechner, Computer) zusammenhängen, zur Sprache. Andreas Loos und Günter Ziegler (Berlin) beschäftigen sich mit dem Anliegen der „Semesterberichte“ schlechthin, zumindest, wenn man ihrem Mitbegründer Heinrich Behnke folgt: Lässt sich die aktuelle Hochschulmathematik mit der Schulmathematik verbinden und dem interessierten Publikum vermitteln? Schließlich folgt ein Beitrag von Klaus Volkert (Wuppertal) zur Geschichte der Stoffdidaktik in den „Semesterberichten“ zwischen 1950, dem Jahr der Wiederbegründung, und 1980.

Den Abschluss dieses Themenheftes bilden zwei AufsätzeFootnote 1 der Begründer dieser Zeitschrift, nämlich eine Analyse von Heinrich Behnke der verschiedenen Möglichkeiten, unendlich ferne Punkte in die Geometrie einzuführen, und ein Beitrag von Otto Toeplitz zur Frage der Erneuerung des Geometrieunterrichts. Beide stammen aus der Vorkriegsserie der „Mathematisch-physikalischen Semesterberichte“ und verdeutlichen sehr schön die Anliegen ihrer beiden Verfasser: Hier fachliche Klärung zum Zwecke der Verbesserung des Unterrichts, dort Positionierung in einer damals (und heute) aktuellen didaktischen Diskussion.Footnote 2

Wir hoffen mit unserem Heft einen Beitrag zur Fortentwicklung der Mathematikdidaktik in Deutschland und zur Förderung des Zusammenhalts von Universität und Schule zu leisten – ganz so, wie es sich Behnke und Toeplitz einst wünschten.

Abschließend danken die Herausgeber dem Verlag für sein Entgegenkommen und sein Engagement, die dieses Heft erst ermöglicht haben, sowie den Autoren und Gutachtern für die große Mühe, der sie sich unterzogen haben.

Klaus Volkert (Wuppertal), Jörn Steuding (Würzburg)