FormalPara Leserbrief zu

Pichler U, Rohleder M, Ehrt O (2018) Prismenadaptationstest vor Schieloperationen. Ergebnisse einer Umfrage und Literaturreview. Ophthalmologe 115:123–130. https://doi.org/10.1007/s00347-017-0457-3

Erwiderung: Pichler U (2018) Kontroversen in der Prismenvorbehandlung vor Schieloperation. Ophthalmologe. https://doi.org/10.1007/s00347-018-0711-3

Die Autoren dieser Arbeit, einer Meinungsumfrage, haben nach eigenen Angaben selbst keine Erfahrung mit der Prismenbehandlung des Strabismus, lassen diese aber in einem negativen Licht erscheinen.

Im Detail werden folgende Einwände gegen den Inhalt der Arbeit vorgebracht:

  1. 1.

    Die relativ geringe Verbreitung einer therapeutischen Methode sagt nichts über deren Qualität aus, insbesondere, wenn deren Anwendung mühsam und langwierig ist.

  2. 2.

    PAT als kurzfristiger Prismenversuch vor einer Schieloperation kann nicht mit einer Schielbehandlung mittels Prismen über Monate bis Jahre in einen Topf geworfen werden. Erfahrungsgemäß stabilisiert sich ein Schielwinkel unter Prismen erst nach 3 Monaten.

  3. 3.

    Inkomitante Schielformen wie Obliquusstörungen sind für Prismenbehandlung ungeeignet.

  4. 4.

    Folgende apodiktische Aussage auf S. 130 ist wissenschaftlich unqualifiziert und unrichtig: „Es gibt keine Studien, die eine mehrmonatige Prismenadaptation auf deren angeblich bessere Wirkung untersucht haben.“ – Dem kann ich die statistisch untermauerte Langzeitstudie aus der I. Univ.-Augenklinik Wien entgegenstellen:

    Zehetmayer M, Stangler-Zuschrott E, Schemper M (1994) Prolonged preoperative prismatic treatment in alternating convergent squint. Acta Ophthalmologica 72:103–109.

    Diese und andere Literaturstellen wären leicht auffindbar gewesen in meiner letzten Übersichtsarbeit zu diesem Thema:

    Stangler-Zuschrott E (2012) Prismen zur Behandlung des Strabismus bei Kindern. Spektrum der Augenheilkunde 26: 230–235.

  5. 5.

    Die moderne optische Industrie bietet relativ preisgünstige Prismenbrillen für Kinder an, sodass nur noch dünne Prismenfolien Verwendung finden. Von zusätzlicher Stigmatisierung der Kinder kann nicht die Rede sein. Erwachsene benötigen keine Vorbehandlung mit Prismen.

  6. 6.

    Die Zahl von Schieloperationen kann durch eine Prismenbehandlung von Kindern wesentlich vermindert werden – Einsparungen im Sozialsystem.