Der implantatassoziierte oder periprothetische Infekt (PPI) gilt als schwerwiegende und gefürchtete Komplikation in der orthopädischen und unfallchirurgischen Chirurgie. Trotz außerordentlichem wissenschaftlichen und klinischen Aufwand mit Fokus auf Prävention, frühzeitiger Diagnosestellung und korrekter Therapieeinleitung stößt das gegenwärtige (Gold-)Standardvorgehen, insbesondere bei dem häufigen und klinisch relevanten chronischen Low-grade-PPI mit geringer Erregeranzahl und biofilmbildenden Bakterien, an seine Grenzen. Auch die sichere Abgrenzung des PPI zu Differenzialdiagnosen mit ähnelndem oder gar identischem klinischen Erscheinungsbild wie der Implantatallergie oder der Arthrofibrose stellen eine große Herausforderung dar. Ein Update über die gegenwärtigen präventiven, diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten mit Ausblick in die Zukunft ist aufgrund der bedeutenden Innovationen der letzten Jahre zur kritischen Adressierung des PPI nach neuestem Stand notwendig.

Banke und Mühlhofer beleuchten die aktuellen epidemiologischen Daten des PPI mit Betonung der wachsenden volkswirtschaftlichen Belastung. Hinsichtlich der wichtigen Prävention werden u. a. die kontrovers diskutierten Möglichkeiten der perioperativen Antibiotikaprophylaxe mit Angabe aktueller Empfehlungen aufgezeigt.

Das große Potenzial und die rasant wachsende klinische Bedeutung der synovialen Biomarkerdiagnostik zur sicheren und, gegenüber der gegenwärtigen Goldstandarddiagnostik, genaueren und praktikableren Differenzierung einer aseptischen von der (chronischen) septischen sowie der implantatallergischen oder der arthrofibrotischen Beschwerdeursache bei einliegendem Implantat werden von Banke et al. dargestellt. Vom kommerziell erhältlichen Schnelltest mit in aktuellen Studien aufgezeigter exzellenter diagnostischer Genauigkeit bis hin zu den vielversprechendsten Kandidaten der Zukunft wird das gesamte Spektrum der synovialen Infektdiagnostik zur Schließung der gegenwärtigen diagnostischen Lücke kritisch veranschaulicht.

Renz et al. weisen auf den großen diagnostischen Stellenwert der Sonikation insbesondere beim chronischen Low-grade-PPI hin. Besonderen Wert legen die Autoren auf die korrekte praktische Umsetzung der Sonikation zur Ausschöpfung ihres vollen diagnostischen Potenzials zum Nachweis des verursachenden (biofilmbildenen) Erregers und dessen antimikrobieller Empfindlichkeit.

In der Wechselsituation des PPI werden die richtige präoperative Diagnostik und der sinnvollste Zeitpunkt der Reimplantation gegenwärtig kontrovers diskutiert. Ein standardisiertes Vorgehen fehlt bisher. Mühlhofer et al. geben hier auf Basis aktueller Literatur konkrete Empfehlungen zum Schutz des Patientenwohls mit Raum für kritische Diskussionen.

Die Möglichkeit antimikrobieller Implantatbeschichtungen zur Therapie und Prävention des PPI spiegelt sich in der großen Vielzahl aktueller technischer Lösungen wieder. Gravius und Wirtz zeigen eindrücklich anhand der Vor- und Nachteile verschiedener Wirkmechanismen, weshalb trotz der Fülle präklinischer Lösungsansätze bisher nur einige wenige zur Marktreife gelangt sind.

Für den Therapieerfolg maßgeblich entscheidend ist die Wahl des richtigen Antibiotikaregimes. Auf der Basis hochwertiger Studien werden von Zimmerli konkrete Algorithmen zu verschiedenen klinischen Standardszenarien hinsichtlich des bestmöglichen Zeitpunkts und der Anwendungsdauer des richtigen Antibiotikums in Mono- oder Kombinationstherapie mit dem Ziel der direkten Umsetzung im klinischen Alltag präsentiert.

Abschließend werden von Wagner und Hänsch wichtige Fragen zur Pathophysiologie implantatassoziierter Infektionen von der Osteolyse bis hin zur septischen Lockerung mit Betonung der kritischen Biofilmbildung als Grundlage zur weiteren Entwicklung innovativer interdisziplinärer Therapie- und Präventionsstrategien aufgegriffen.

Wir danken den Autoren für die hervorragenden Beiträge und wünschen allen Lesern einen spannenden Streifzug durch die komplexe Thematik implantatassoziierter Infektionen.

Herzlichst Ihr

R. von Eisenhart-Rothe und I. J. Banke

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