In der Diagnostik und Therapie urologischer Erkrankungen sind in den letzten Jahren bahnbrechende Entwicklungen in der Radiochemie zu verzeichnen, die zu einem zunehmenden Einsatz von Radiopharmaka bei urologischen Patienten geführt haben. Dementsprechend ist die Nuklearmedizin mittlerweile sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie zu einem unverzichtbaren Partner der Urologie geworden. Vor diesem Hintergrund wird im vorliegenden Themenheft ein Überblick zum aktuellen Stand der Diagnostik und Therapie mit innovativen Radionuklidanwendungen gegeben. Dabei kommen gleichermaßen urologische als auch nuklearmedizinische Kollegen zu Wort – kennzeichnend für die Interdisziplinarität und enge Kooperation der beiden Fachdisziplinen.

Gerade die Einführung der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und die Kombination mit den Standardschnittbildverfahren wie der Computertomographie (CT) und seit kurzem auch der Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglichten wesentliche Fortschritte in der Diagnostik urologischer Tumoren. Neben der rein morphologischen Information durch die CT oder MRT können nun durch die PET auch funktionelle oder metabolische Prozesse sichtbar gemacht werden. Darüber hinaus erlaubt die Kombination mit CT oder MRT eine exakte räumliche Lokalisation pathologischer Nuklidanreicherungen, sodass die PET-Hybridbildgebung mittlerweile oftmals bei der Beurteilung urologischer Tumorentitäten herangezogen wird oder sogar bereits – wie beim metastasierten Seminom als 18F-FDG-basierte PET – Einzug in Leitlinien gefunden hat. Zusätzlich erlaubt die Identifikation von neuen molekularen Zielstrukturen und die Entwicklung von spezifischen Tracern eine immer genauere Diagnostik. Und so ist es nicht verwunderlich, dass beispielsweise die gegen das prostataspezifische Membranantigen (PSMA) gerichtete PET-Diagnostik in zunehmendem Maße als „Routinediagnostik“ beim Prostatakarzinom wahrgenommen wird wie Giesel et al. beschreiben.

Gewissermaßen als direkter Brückenschlag zwischen Diagnostik und zielgerichteter Therapie sind Verfahren wie die Darstellung von Sentinel-Lymphknoten als auch die „PSMA-radioguided surgery“ anzusehen. Hier wird die enge interdisziplinäre Verknüpfung zwischen Nuklearmedizin und Urologie besonders deutlich. Die Sentinel-Verfahren werden bereits seit längerem erfolgreich beim Prostata- und Peniskarzinom eingesetzt. Beim Peniskarzinom werden sie bereits als in die Leitlinien integrierter Standard angesehen. Aber auch hier gibt es neuartige innovative Weiterentwicklungen wie van der Poel et al. mit ihrem Beitrag zu Hybridtracerverfahren – also der Koppelung von radioaktiv und Fluoreszenz-markierten Substanzen – darstellen. Das neuartige Verfahren der PSMA-gezielten Chirurgie („PSMA-radioguided surgery“) erlaubt dem gegenüber intraoperativ ein direktes Auffinden von kleinen Prostatakarzinommetastasen durch radioaktive Markierung der Prostatakrebszellen selbst – gewissermaßen auf molekularer Ebene – wie Rauscher et al. erläutern.

Darüber hinaus spielen auch in der Therapie urologischer Tumoren nuklearmedizinische Verfahren eine immer bedeutendere Rolle. Erstmalig steht mit Radium-223 ein lebensverlängerndes nuklearmedizinisches Therapeutikum für Patienten mit symptomatischer ossärer Metastasierung beim Prostatakarzinom zur Verfügung. Tauber et al. fassen hierzu die Studienlage zusammen. Darüber hinaus wird an spezialisierten Zentren in zunehmendem Maße das PSMA aufgrund der hohen Spezifität auch als Zielstruktur für eine tumorspezifische Therapie des Prostatakarzinoms genutzt. Durch mit entsprechenden Radionukliden versehenen Liganden des PSMA können auf diese Weise onkologisch wirksame Strahlendosen direkt an die Prostatakrebszelle gebracht werden wie Heck et al. berichten. Vergleichbar mit der PSMA-basierten Diagnostik nimmt auch auf diesem Gebiet die Nuklearmedizin in Deutschland weltweit eine Vorreiterrolle ein. Aber auch bei anderen urologischen Tumorentitäten sind zielgerichtete nuklearmedizinische Therapieformen im Fokus der Forschung wie Autenrieth et al. anhand der intravesikalen Radionuklidtherapie bei Blasenkarzinompatienten nach BCG-Versagen aufzeigen.

Es freut uns, Ihnen mit der vorliegenden Ausgabe von Der Urologe einige der aktuell spannendsten und innovativsten Teilgebiete der urologischen Nuklearmedizin präsentieren zu können. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Studieren der Beiträge und hoffen, dass die Lektüre dieses Heftes die zunehmende Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit beider Fächer verdeutlicht und Ihnen einen guten Überblick über aktuelle Entwicklungen verschafft.