Liebe Leserinnen und Leser,

die Entwicklungen auf dem Gebiet der Urologie seit Ende des 19. Jahrhunderts haben diese zu einem hoch innovativen Fach gemacht. Insbesondere in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurden die diagnostischen Möglichkeiten v. a. auch durch große Fortschritte auf dem Gebiet der Bildgebung drastisch verbessert. Im 21. Jahrhundert haben sich die Innovationen fortgesetzt und so sind heute die bildgebenden Möglichkeiten nicht mehr zu vergleichen mit denen von vor 20 Jahren. Darüber hinaus wurde durch moderne Bildgebungsverfahren wie den dynamischen Verfahren eine detaillierte Darstellung von anatomischen Strukturen und dem Zusammenspiel untereinander möglich. Moderne Bildgebungsverfahren schließen nicht nur die Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT) ein, sondern auch die photodynamische Diagnostik, die sich in den letzten Jahren bei der Diagnostik von Blasentumoren etablieren konnte.

Daher befasst sich Aprilausgabe von Der Urologe mit dem Leitthema „Bildgebung“. Hierbei werden Antworten auf Fragen wie „Welche Rolle spielt die CT bei Nierentumoren und wann ist ein MRT sinnvoll?“, „Welche Bildgebung ist beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom indiziert?“ und „Welche Bildgebung ist bei der Diagnostik von männlicher und weiblicher Harninkontinenz sinnvoll?“ gegeben.

Schwerpunkte der bildgebenden Verfahren

David Schilling und Kollegen diskutieren den aktuellen Stand der MRT-gestützten Biopsieverfahren bei der Diagnostik des Prostatakarzinoms sowie die aktuelle Datenlage. Sie zeigen dabei auf, dass eine Biopsie mit Hilfe der MRT-TRUS-Fusionsbildgebung v. a. bei Männern mit bereits erfolgter negativer Biopsie sinnvoll erscheint, aber aktuell v. a. noch technische Probleme eine Etablierung in den klinischen Alltag verhindert.

Verschiedene moderne bildgebende Verfahren wie Histoscanning, ANNA/C-TRUS, Elastographie und Kontrastmittelultraschall, zur Darstellung der Prostata selber werden von Jochen Walz und Kollegen dargestellt und verglichen. Dabei ziehen die Kollegen abschließend das Resümee, dass bisher keine multizentrischen Studien für sämtliche zur Verfügung stehenden Bildgebungsverfahren existieren, aber diese für eine Etablierung in den klinischen Alltag dringend notwendig sind.

Alexander Kretschmer und Kollegen gehen der Frage nach, welche Bildgebung beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom sinnvoll ist und zeigen, dass sich aufgrund diverser technischer Weiterentwicklungen und Innovationen die Bildgebung des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms im Wandel befindet und mittlerweile das Cholin-PET im klinischen Alltag eine wichtige Rolle spielt. Die Kollegen weisen aber auch darauf hin, dass nicht „Alles was machbar ist“ auch sinnvoll ist. Kritisch merken sie allerdings an, dass „genaueres Wissen“ oftmals die Prognose der Patienten nicht verbessert.

Die Arbeitsgruppe um Alexander Karl beschäftigt sich mit der Indikation der photodynamischen Diagnostik beim Blasentumor und stellt aktuelle Studienergebnisse dar. Darüber hinaus wird auch auf den Stellenwert der ambulanten PDD-Diagnostik mittels flexiblen Zystoskops hingewiesen, die heute mittels der hochmodernen „Chip-on-the-tip-Technologie“ prinzipiell technisch machbar wurde.

Tobias Maurer und Kollegen diskutieren die Wertigkeit der funktionellen Bildgebung mittels PET/CT und MRT beim Blasenkarzinom. Die konventionelle CT stellt zwar die aktuelle präoperative Standardbildgebung dar, hat aber v. a. Schwächen hinsichtlich des lokalen Tumor- und Lymphknotenstagings. Moderne MRT-Spezialsequenzen als auch die 18F-FDG-PET/CT scheinen hier zwar Vorteile zu bieten, die aktuelle Studienlage ist aber zu schwach, um diesbezüglich schon eine generelle Empfehlung aussprechen zu können.

Dirk Clevert und seine Arbeitsgruppe stellen das Konzept der multimodalen Diagnostik bei unklaren Raumforderungen der Niere vor. Dabei beantworten sie die Fragen wie gut der Kontrastmittelultraschall ist und welche Rolle die CT bei der Diagnostik von Nierenraumforderungen spiel. Darüber hinaus wird dargestellt, wann das MRT zur Diagnostik bei Nierenraumforderungen eingesetzt werde sollte. Für den klinischen Alltag wird ein alltagstauglicher Leitfaden für die Wahl der jeweiligen optimalen diagnostischen Methode dargestellt.

Ruth Kirschner-Hermanns und Kollegen diskutieren die Aussagekraft und Nutzen der verschiedenen bildgebenden Verfahren zur Diagnostik der männlichen Harninkontinenz, die sich im Vergleich zu der bildgebenden Diagnostik, insbesondere mittels Ultraschall bei der Frau, noch wenig durchgesetzt haben. Vor allem die perineale Sonographie erscheint hier für den klinischen Alltag geeignet, da insbesondere auch die sog. „male slings“ gut dargestellt werden können. Das MRT und dabei insbesondere das dynamische Funktions-MRT bleiben eher der klinischen Forschung und speziellen Fragestellungen, wie unklaren Komplikationen nach „male slings“ vorbehalten.

Den Stellenwert der Sonographie bei der Diagnostik von Funktionsstörungen des weiblichen Beckenbodens erörtern Stefan Albrich und Kollegen. Im Alltag der Urogynäkologie ist heute der Ultraschall am Beckenboden zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Routinediagnostik geworden. Er ist dabei nicht nur äußerst wertvoll bei der subtilen Diagnostik sondern auch bei der postoperativen Darstellung von alloplastischen Implantaten.

Frank Strittmatter und Kollegen stellen die modernen bildgebenden Verfahren bei der Diagnostik der Urolithiasis dar und diskutieren die Vor- und Nachteile der vorhandenen Methoden. Darüber hinaus zeigen sie, dass mit der „Dual-energy-CT“ ein innovatives Verfahren zur Verfügung steht, bei dem nicht nur die Steinlokalisation und -größe bestimmt, sondern auch mit hoher Sicherheit Auskunft über die Steinzusammensetzung (die einen wesentlichen Einfluss auf die weitere Therapiestrategie hat) gegeben werden kann.

Damit die Urologie auch weiterhin ein hoch innovatives Fach nicht nur in Bezug auf Therapiemöglichkeiten, sondern auch im diagnostischen Bereich bleibt, ist eine weitere intensive Forschungstätigkeit in diesem Bereich notwendig. Nur wenn wir an der Spitze der Innovationen stehen und diese (mit)gestalten und vorantreiben, werden wir weiter als Fach existieren.

R.M. Bauer

C.G. Stief