Zusammenfassung
Klinisches/methodisches Problem
Die Tuberkulose (Tbc) kann neben der Lunge prinzipiell jedes Organsystem befallen. In den meisten Fällen tritt eine extrathorakale Tbc bei Immunsupprimierten im Rahmen eines schweren Krankheitsverlaufs durch hämatogene Aussaat auf. Der häufigste extrathorakale Befall betrifft das Abdomen und hier v. a. den Urogenitaltrakt. Daneben kann es zum Befall des ZNS oder des muskuloskeletalen Systems kommen. Die radiologische Methode zur Abklärung einer extrathorakalen Tbc-Manifestation ist in den meisten Fällen initial die CT. Beim zerebralen oder muskuloskeletalen Befall hingegen stellt die MRT mit Kontrastmittelgabe den Goldstandard dar. Radiologisch ist die extrathorakale Manifestation häufig nicht von entzündlichen Veränderungen anderer Genese oder von malignen Prozessen zu unterscheiden. Auch aufgrund der meist unspezifischen Symptomatik erfolgt die Diagnose oftmals spät. In diesem Artikel werden die verschiedenen radiologischen Manifestationen der extrathorakalen Tbc zusammengefasst und diskutiert.
Radiologische Standardverfahren
Radiologische Modalitäten zur Abklärung einer extrathorakalen Tbc sind CT und MRT. Das konventionelle Röntgen und die Durchleuchtung spielen bei Verdacht auf extrathorakale Tbc im klinischen Alltag keine Rolle mehr.
Empfehlungen für die Praxis
Die extrathorakale Manifestation der Tbc ist oftmals radiologisch nicht von anderen Infektionen und Malignomen zu unterscheiden. Daher sollte an die Möglichkeit einer extrathorakalen Tbc besonders bei immunsupprimierten Menschen wie Obdachlosen, Alkohol- oder drogenabhängigen Personen und solchen mit Migrationshintergrund aus den Endemiegebieten der Tbc gedacht werden. Radiologische Modalitäten zur Abklärung einer extrathorakalen Tbc-Diagnostik sind die CT v. a. für den abdominellen Befall und bei Lymphadenopathie sowie die MRT mit Kontrastmittelgabe bei Verdacht auf Manifestation im muskuloskeletalen System und ZNS.
Abstract
Clinical/methodical issue
Besides the lungs, tuberculosis (TB) can affect any organ system. In most cases, extrathoracic TB occurs in immunosuppressed patients as part of a severe illness via hematogenous spread. Extrathoracic involvement most commonly involves abdominal organs, especially the urogenital tract and less commonly the central nervous system (CNS) and the musculoskeletal system. Most frequently, computed tomography (CT) is used for detecting extrathoracic TB manifestations, except for CNS and musculoskeletal manifestations, where contrast-enhanced magnetic resonance imaging (MRI) is the gold standard. Extrathoracic manifestations of TB may be indistinguishable from inflammatory or malignant causes. Due to unspecific symptoms the diagnosis is often delayed. This article summarizes and discusses the various radiological manifestations of extrathoracic manifestation of TB.
Standard radiological methods
Radiological modalities for screening extrathoracic TB are CT and MRI. Conventional X‑radiographs do not play a role in the diagnosis of extrathoracic TB.
Practical recommendations
The possibility of extrathoracic TB should be considered particularly in immunosuppressed patients, such as the homeless, alcoholics or drug addicts or in patients with an immigrant background from the endemic areas of TB. The most likely site of extrathoracic TB is the abdomen; however, infections of the CNS or musculoskeletal systems and multisystem infections can also occur. In patients with suspected extrathoracic TB, radiological modalities for screening are CT, especially for abdominal infections and lymphadenopathy and MRI with contrast media for the musculoskeletal system and the CNS.
Avoid common mistakes on your manuscript.
Hintergrund
Neben der Lunge kann jedes Organsystem von Tuberkulose betroffen sein. Nach dem thorakalen Befall stellt die abdominelle Tuberkulose die zweithäufigste Manifestation dar, am häufigsten mit Befall des Urogenitalsystems und der intraabdominellen Lymphknoten. Seltener sind der Gastrointestinaltrakt, Leber, Milz oder das Peritoneum befallen. Solche schwerwiegenden extrathorakalen Manifestationen resultieren oft aus einer Miliartuberkulose. Hierbei handelt es sich um eine potenziell tödliche Form der Tbc, die in bis zu 8 % aller Tbc-Erkrankten auftritt und durch eine ausgeprägte hämatogene Aussaat von M. tuberculosis bedingt ist [11]. Neben einer abdominellen Tbc kann es meist im Rahmen einer schwerwiegenden disseminierten Ausbreitung – v. a. bei Immunsupprimierten – zum Befall des ZNS mit Ausbildung einer Meningitis oder zerebraler Tuberkulome kommen. Auch eine Tuberkulose des muskuloskeletalen Systems (Spondylitis, Weichteilabszesse, Osteomyelitis) stellt eine schwerwiegende Komplikation dar. Eine extrathorakale Tuberkulose kann, muss jedoch nicht, mit einer pulmonalen Manifestation einhergehen. Essenziell ist eine rasche und sichere Diagnose, da nur mit einer rechtzeitig eingeleiteten Kombinationstherapie die Morbidität und Mortalität gesenkt werden kann (bzgl. Diagnose und Therapie der Tbc s. Artikel „Thorakale Manifestation der Tuberkulose“ in diesem Heft).
Abdominelle Tuberkulose
In 55–60 % der Fälle betrifft die abdominelle Tuberkulose die Lymphknoten, wobei bevorzugt mesenterielle und peripankreatische Lymphknoten betroffen sind. Meist sind ganze Lymphknotengruppen befallen. Typischerweise zeigen die Lymphknoten ein verkäsendes/nekrotisches Zentrum und einen mehr oder weniger stark Kontrastmittel aufnehmenden Randsaum. Die Lymphknoten-Tbc führt auch bei Befall ganzer Lymphknotengruppen nur selten zu Harn- oder Gallenwegsaufstau [5, 12].
Aufgrund der Fülle des lymphatischen Gewebes in der Ileozökalregion (Peyer-Plaques) kommt es hier am häufigsten zum gastrointestinalen Befall, der ulzerativ, ulzerohypertroph oder hypertroph sein kann und mit oder ohne lokaler Lymphadenopathie einhergeht. Radiologisch kann es neben deutlichen Darmwandverdickungen im terminalen Ileum und Zökum (mit oder ohne Ulzerationen) zu asymmetrischen Verdickungen der Bauhin-Klappe kommen. Diese kann bei fortschreitender Erkrankung insuffizient werden und klaffen; der betroffene Darmabschnitt kann Strikturen und Stenosen ausbilden. Das Fleischer-Zeichen beschreibt eine verdickte klaffende Valvula Bauhini und ein verengtes ulzeröses terminales Ileum im Rahmen einer Tbc (Abb. 1; [4]).
Die tuberkulöse Peritonitis ist selten und kommt überwiegend im Rahmen einer ausgedehnten Infektion vor. Man unterscheidet 3 Formen der tuberkulösen Peritonitis: Die häufigste Form ist die „Wet-type-Peritonitis“ mit Ausbildung eines proteinreichen, lokalisierten oder diffusen Aszites. Bei der tuberkulösen „Dry-type-Peritonitis“ kommt es zu Verdichtungen des mesenterialen Fettgewebes und des Omentums mit Fibrosierungen, Adhäsionen und verkäsenden Lymphknoten [4]. Die „fibrosierende Peritonitis“ ist charakterisiert durch eine starke plattenartige Fibrosierung des Omentums und Mesenteriums (sog. „omental cake“ mit konfluierenden nodulären Anteilen). Differenzialdiagnostisch kann die tuberkulöse Peritonitis in der CT nicht von einer Peritonealkarzinose, einem Mesotheliom oder einer nichttuberkulösen Peritonitis unterschieden werden.
Der Befall von Leber und Milz kommt überwiegend im Rahmen einer miliaren Aussaat vor und ist charakterisiert durch kleine Mikronoduli bis 2 mm Größe, die oftmals in der CT nicht sichtbar sind. Nur in seltenen Fällen kommt es zur Ausbildung von Tuberkulomen in der Leber, die zentral verkäsen und peripher Kontrastmittel aufnehmen [2]. In machen Fällen sind zentrale Verkalkungen nachweisbar. Differenzialdiagnostisch sind die Tbc-Granulome nicht von Abszessen oder Metastasen zu unterscheiden [6, 7].
Urogenitaltrakt
Die häufigste extrathorakale Manifestation der Tuberkulose ist der Befall des Urogenitaltrakts, der überwiegend im Rahmen einer hämatogene Streuung auftritt [9]. Meistens ist der Nierenbefall einseitig. In der CT können Veränderungen sowohl des Parenchyms als auch des Hohlraumsystems beurteilt werden. In der primären Phase des tuberkulösen Nierenbefalls kommt es meist zur Ausbildung kleiner hypodenser Rindenläsionen, die im Verlauf abheilen und verkalken (Abb. 2). Seltener kommt es zur Ausbildung von Abszessen und nach erfolgter Therapie zu großen, granulomatösen Verkalkungen bis hin zur verkalkten Schrumpfniere. Weiter kann es zur Ausbildung von Strikturen und Hydrokalikose und irregulärer Hydronephrose kommen (Abb. 3). Eine schwerwiegende Komplikation ist die Pyonephrose mit nachfolgender Infektion der Harnblase. Diese zeigt unregelmäßige Wandverdickungen mit Ulzerationen und Füllungsdefekten sowie eine Schrumpfung (Abb. 4). Per Übertragung der Infektion auf den Genitaltrakt kann in seltenen Fällen eine bilaterale Salpingitis oder eine Prostatitis resultieren [8].
Befall des zentralen Nervensystems
Der Befall des ZNS im Rahmen einer Tuberkulose tritt bei Immunsupprimierten in bis zu 15 % aller Tbc-Fälle auf. Die Infektion kann hämatogen erfolgen oder über einen subependymalen Herd („rich focus“) direkt auf die Meningen, das Hirnparenchym oder die spinalen Meningen [10].
Die häufigste ZNS-Manifestation ist eine tuberkulöse Meningitis (Abb. 5 ), meist eine basale Meningitis, die durch Ausbreitung über die Virchow-Robin-Räume bis in die Basalganglien übergeleitet werden und die Hirnnerven befallen kann mit der Folge entsprechender klinischer Ausfälle. Weitere mögliche Folgen sind ein okklusiver Hydrozephalus, Vaskulitiden und Hirninfarkte sowie ein Mitbefall der spinalen Meningen.
Die zweithäufigste ZNS-Manifestation ist der Befall des Hirnparenchyms mit Ausbildung sog. Tuberkulome, evtl. in Verbindung mit einer tuberkulösen Meningitis. Es handelt sich um sowohl solitär als auch multiple vorkommende, granulomatöse Herde, die bevorzugt frontal und parietal im Hirnparenchym lokalisiert sind und in der MRT häufig ein sowohl ringförmiges als auch punktförmiges Kontrastmittelenhancement aufweisen (Abb. 6). In einem Drittel der Fälle zeigt sich ein sogenanntes „target sign“ mit zentraler Verkalkung oder zentral Kontrastmittel anreicherndem Fokus und umgebendem Randsaum mit ringförmiger Kontrastmittelanreicherung. Schwerwiegende Komplikationen sind die tuberkulöse Zerebritis oder ein tuberkulöser Abszess.
Tuberkulose des Bewegungsapparats
In 1–3 % der Fälle kommt es im Rahmen einer Tuberkulose zum Befall des muskuloskeletalen Systems [3].
Die häufigste muskuloskeletale Manifestation der Tuberkulose ist die Ausbildung einer tuberkulösen Spondylitis (Pott’s disease). Häufig beginnt die Infektion in den ventralen Anteilen der Wirbelkörper und setzt sich über die longitudinalen Ligamente auf den nächsten Wirbelkörper fort. Die Disci intervertebrales sind primär meist nicht betroffen (Abb. 7), wodurch sich die tuberkulöse von der Spondylitis durch andere bakterielle Erreger unterscheidet. Häufig umfasst die Infektion mehrere Wirbelkörper, bevorzugt am thorakolumbalen Übergang. Bei fortschreitender Erkrankung kommt es zur zunehmenden Demineralisation der betroffenen Wirbelkörper bis hin zur vollständigen Destruktion und Übergreifen auf die Disci und den paravertebralen Raum sowie oftmals großen Weichteilabszessen (Abb. 8).
Die tuberkulöse extraspinale Osteomyelitis ist eine weitere muskuloskeletale Manifestation der Tuberkulose, die oftmals die kleinen Knochen an Händen und Füßen befällt. Bei Kindern sind meist die Metaphysen der langen Röhrenknochen mit Einbeziehung der Wachstumsfuge betroffen. An den Metaphysen kann es auch zu einer Sonderform der Tuberkulose mit Ausbildung von Zysten und sklerosiertem Randsaum kommen. Eine weitere Manifestation der Tuberkulose, überwiegend bei Kindern, ist die tuberkulöse Daktylitis mit Befall der kurzen Röhrenknochen an Händen und Füßen. Neben dem knöchernen Befund mit Ausbildung einer lokalen Periostitis kommt es hier auch zu einer lokalen spindelförmigen Weichteilschwellung.
Die tuberkulöse Arthritis, meist eine Monoarthritis an den großen Gelenken, ist heterogen und von einer infektiösen Arthritis anderer Genese radiologisch nicht zu differenzieren. Neben Gelenkspaltverschmälerung mit gelenknaher Osteopenie, Erosionen und Knorpeldefekten kommt es unbehandelt zu einer Deformierung und Ankylosierung des Gelenks [1].
Fazit für die Praxis
-
Neben der Lunge kann jedes Organsystem von Tuberkulose betroffen sein.
-
Differenzialdiagnostisch kann die tuberkulöse Peritonitis im CT nicht von einer Peritonealkarzinose, einem Mesotheliom oder einer nichttuberkulösen Peritonitis unterschieden werden.
-
Die häufigste extrathorakale Manifestation der Tuberkulose ist der Befall des Urogenitaltrakts.
-
Die häufigste ZNS-Manifestation ist eine tuberkulöse Meningitis.
-
Die häufigste muskuloskeletale Manifestation der Tuberkulose ist die Ausbildung einer tuberkulösen Spondylitis.
-
Eine rasche und sichere Diagnose ist essenziell, da nur mit einer rechtzeitig eingeleiteten Kombinationstherapie die Morbidität und Mortalität gesenkt werden kann.
Literatur
Burrill J, Williams CJ, Bain G et al (2007) Tuberculosis: a radiologic review. Radiographics 27:1255–1273
Buxi TB, Vohra RB, Sujatha Y et al (1992) CT appearances in macronodular hepatosplenic tuberculosis: a review with five additional new cases. Comput Med Imaging Graph 16:381–387
Davidson PT, Horowitz I (1970) Skeletal tuberculosis. A review with patient presentations and discussion. Am J Med 48:77–84
Harisinghani MG, Mcloud TC, Shepard JA et al (2000) Tuberculosis from head to toe. Radiographics 20:449–470
Hulnick DH, Megibow AJ, Naidich DP et al (1985) Abdominal tuberculosis: CT evaluation. Radiology 157:199–204
Kim JY, Jeong YJ, Kim KI et al (2010) Miliary tuberculosis: a comparison of CT findings in HIV-seropositive and HIV-seronegative patients. Br J Radiol 83:206–211
Kwong JS, Carignan S, Kang EY et al (1996) Miliary tuberculosis. Diagnostic accuracy of chest radiography. Chest 110:339–342
Raut AA, Naphade PS, Ramakantan R (2016) Imaging spectrum of extrathoracic tuberculosis. Radiol Clin North Am 54:475–501
Wang LJ, Wong YC, Chen CJ et al (1997) CT features of genitourinary tuberculosis. J Comput Assist Tomogr 21:254–258
Whiteman ML (1997) Neuroimaging of central nervous system tuberculosis in HIV-infected patients. Neuroimaging Clin N Am 7:199–214
WHO (2015) Global tuberculosis report. WHO-Press, Genf
Zirinsky K, Auh YH, Kneeland JB et al (1985) Computed tomography, sonography, and MR imaging of abdominal tuberculosis. J Comput Assist Tomogr 9:961–963
Open access funding provided by Medical University of Vienna.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
D. Kienzl-Palma und H. Prosch geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
Rights and permissions
Open Access . Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
About this article
Cite this article
Kienzl-Palma, D., Prosch, H. Extrathorakale Manifestationen der Tuberkulose. Radiologe 56, 885–889 (2016). https://doi.org/10.1007/s00117-016-0167-x
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00117-016-0167-x
Schlüsselwörter
- Granulomatöse Systemerkrankung
- Lymphadenopathie
- Tuberkulome
- Computertomoraphie
- Magnetresonanztomographie