Die Begutachtung hat in der HNO-Heilkunde seit jeher einen großen Stellenwert, nicht zuletzt wegen der immer noch zahlreichen Fälle von Berufskrankheiten. Aber auch Sozial- und Landgerichte, private Unfallversicherungen und Versorgungsämter greifen häufig auf die Fach- und Sachkompetenz der HNO-Gutachter zurück. Da es keinen „Facharzt für Begutachtung“ oder ein einheitliches Ausbildungscurriculum für Begutachtung gibt, erscheint es umso wichtiger, einen hohen Standard durch Fortbildung und durch Information zu erreichen, in dem neue wissenschaftliche, aber auch gegenwärtige juristische Sichtweisen in Begutachtungsfragen dem interessierten HNO-Arzt zur Verfügung gestellt werden. Auch eingeführte Lehrbücher decken nicht alle neuen Entwicklungen ab und beantworten keine aktuellen Fragen.

Lehrbücher decken nicht alle neuen Entwicklungen ab

Die Begutachtung stellt andere Anforderungen an den HNO-Arzt als die Behandlung und Betreuung von Patienten. Für denjenigen, der sich dafür interessiert, ist es ein spannendes und zugleich befriedigendes Aufgabenfeld. HNO-Gutachten sind auch ein Aushängeschild unseres vielseitigen Fachs und werden von den Auftraggebern im multidisziplinären Kontext gesehen – daher ist es eine Verpflichtung, auf hohem Standard zu arbeiten. Wir sind außerdem nicht allein, denn auch andere Disziplinen, wie z. B. die Arbeitsmedizin, beanspruchen bei Arbeitserkrankungen Deutungshoheit. Nur eine einheitliche Sprache, eine nachvollziehbare Argumentation auf der Basis wissenschaftlich nachprüfbarer, anerkannter Erkenntnisse und die Vermeidung von „Gelehrtenstreit“ kann auf Dauer das Gewicht einer Hals-Nasen-Ohren-ärztlichen Begutachtung erhalten.

Die Herausgeber der Zeitschrift HNO wollen in der Tradition der Zeitschrift, aus der Wissenschaft eine Brücke in die Praxis zu schlagen, mit der neuen Rubrik einen Beitrag zu dieser Verpflichtung leisten. Gerne habe ich den Auftrag angenommen, die Rubrik zu gestalten, die mit Beginn in dieser Zeitschrift einmal pro Quartal erscheinen wird.

Ihr

O. Michel