Hereditäre Epidermolysis bullosa (EB) umfasst eine heterogene Gruppe von seltenen Genodermatosen, die durch Fragilität der Haut und Schleimhäute mit konsekutiver Blasen-/Erosionsbildung gekennzeichnet ist. Die diesen Erkrankungen zugrunde liegenden genetischen Defekte beeinträchtigen die strukturelle und funktionelle Integrität der intraepidermalen Adhäsion bzw. dermoepidermalen Verankerung und führen zur Zell- bzw. Gewebedehiszenz [1]. Da Indexgene zum Teil auch in anderen epitheltragenden (Gastrointestinal-, Respirations-, Urogenitaltrakt) oder mesenchymalen (Skelettmuskel) Organen exprimiert werden, können Schleimhaut- und Extrakutanmanifestationen bei EB relevante Komplikationen darstellen. Diese entwickelt sich dann zu einer Multisystemerkrankung mit konsiderabler Morbidität und Mortalität [2].

Das Ausmaß der Hautläsionen und assoziierter Schleimhaut- sowie extrakutaner Beteiligung variiert stark in Abhängigkeit vom EB-Subtyp und Alter des Patienten. Pathologien an den Schleimhäuten findet man bei allen 4 Haupttypen (Tab. 1 und 2), diese tragen v. a. bei schwereren Formen zu einem deutlich ungünstigeren Krankheitsverlauf bei [3]. In Ermangelung einer (breit verfügbaren) kurativen Therapie basiert das Patientenmanagement primär auf präventive Maßnahmen, Früherkennung und symptomatischer Behandlung. Kontrollierte Studien an EB-Patienten sind aufgrund der Seltenheit der Erkrankung nur begrenzt verfügbar, was den Stellenwert von Erfahrungswerten und Empfehlungen seitens der Betroffenen sowie der behandelnden Ärzte und Pflegekräfte zu Behandlungsmaßnahmen hervorhebt [4, 5].

Tab. 1 Derzeit bekannte Hauptgruppen und Subtypen von Epidermolysis bullosa (EB)
Tab. 2 Klinische Zusammenfassung von Epidermolysis bullosa (EB)-Subtypen mit assoziierter Schleimhautbeteiligung [1]

Die überwiegend symptomatischen Behandlungsansätze basieren hauptsächlich auf Erfahrungswerten

Im Folgenden werden komplikative Manifestationen der EB an den Schleimhäuten (oropharyngeal, gastrointestinal, respiratorisch, okulär, urogenital) und aktuelle präventive/supportive Therapieoptionen zusammengefasst.

Oropharyngeale Beteiligung

Oropharyngeale Schleimhautläsionen kommen mit unterschiedlicher Prävalenz und Ausprägung bei allen Subtypen der EB vor, wobei Patienten mit rezessiv dystropher EB (RDEB) und generalisierter, schwerer junktionaler EB (gs-JEB) generell die stärkste Symptomatik aufweisen [2].

Epidermolysis bullosa simplex

Eine Fragilität der Schleimhäute besteht abhängig vom Subtyp bei ungefähr einem Drittel aller Epidermolysis-bullosa-simplex (EBS)-Patienten [6]. Es überwiegt eine milde Ausprägung mit Erythemen, Blasen unterschiedlicher Größe und Erosionen, die meist sekundär nach (oft schon minimalen) Traumata oder mechanischer Gewebemanipulation entstehen. Symptome manifestieren sich v. a. in der perinatalen/infantilen Periode und zeigen eine Tendenz zur Besserung mit zunehmendem Alter (potenzielle Auswirkung der allgemeinen funktionellen/kompensatorischen Reifung der Haut). Schwerwiegende Komplikationen und Wundheilungsstörungen bleiben meist aus. Eine Ausnahme hierzu stellt die generalisierte, schwere EBS dar, wo auch Defektheilung mit Narbenbildung beobachtet wird (Abb. 1a; [6, 7]).

Abb. 1
figure 1

a Orale Schleimhautbeteiligung (abschwimmendes Schleimhautepithel an der Zunge, fibrinbelegte Erosionen) bei einem Kind (5 Monate alt) mit generalisierter schwerer Epidermolysis bullosa. b Kind (14 Monate alt) mit generalisierter, schwerer junktionaler Epidermolysis bullosa und (peri)nasalen krustösen Läsionen. c Orale Blasen/Erosionen, Mikrostomie, Obliteration des Vestibulum oris und exzessive Karies mit Zahnverlust bei einem 20-jährigen Patienten mit rezessiver dystropher Epidermolysis bullosa. d (Peri)anale Erosionen und Fissuren bei einem 6‑jährigen Patienten mit junktionaler Epidermolysis bullosa

Junktionale Epidermolysis bullosa

Orale Blasen/Ulzerationen findet man bei ca. 90 % aller Patienten mit junktionaler Epidermolysis bullosa (JEB). Eine milde Symptomatik mit niedrigem Risiko für intraorale Vernarbungen und tendenzieller Besserung bis zum Erwachsenenalter ist mit der generalisierten intermediären JEB assoziiert. Ausgedehntere Läsionen hingegen werden beim Typ der gs-JEB beobachtet. Pathognomonisch für diese Form sind prominente periorale/-nasale krustige sowie hämorrhagische Granulationen, die zur Okklusion der Nasenlöcher und Atembehinderung führen können und typischerweise ab dem 3. Lebensmonat (gelegentlich auch früher) auftreten, sich meist aber bis zum Erwachsenenalter regredient zeigen (Abb. 1b). Weitere Komplikationen bei diesem Subtyp sind Mikrostomie und reduzierte Mobilität der Lippen und Zunge aufgrund fortschreitender Fibrosierung/Vernarbung [2]. Zudem sind diverse Abnormalitäten der Zahnentwicklung wie Zahnschmelzhypoplasie, -hypomaturation und -hypokalzifikation sowie Zahnhypoplasie mit JEB assoziiert (Rolle der betroffenen Strukturproteine in der Histomorphogenese der Zahnanlage). Generell besteht – wie auch bei der RDEB – ein erhöhtes Risiko für Karies bei dieser Patientengruppe (s. unten) [810].

Dystrophe Epidermolysis bullosa

Generalisierte rezessive dystrophe Epidermolysis bullosa

Die oropharyngeale Mukosa von beinahe allen Patienten mit schwerer generalisierter RDEB (gs-RDEB) ist äußerst vulnerabel und kann sich bereits spontan lösen. Symptome (Blasen, Erosionen, später auch intraorale Milien) werden meist schon kurz nach der Geburt manifest und präsentieren sich an der gesamten oralen Schleimhaut mit Prädilektion mechanisch exponierter Areale wie der Zunge, wodurch Beeinträchtigungen beim Saugen/Stillen von Neugeborenen resultieren können. Rezidivierende Blasenbildung, chronische Inflammation und Narbenbildung führen zu einschneidenden Veränderungen der oralen Architektur: Zungenpapillen schwinden bzw. fehlen von Geburt an, die Zunge verwächst mit dem Mundboden (Ankyloglossie), eine Obliteration des Vestibulum oris ist häufig. Mehr als 80 % der Patienten mit gs-RDEB entwickeln eine progressive Mikrostomie, wodurch Nahrungsaufnahme, Sprechen und Hygienemaßnahmen, aber auch Zahnbehandlungen und anästhesiologische Maßnahmen (Intubation!) deutlich erschwert werden ([6, 11]; Abb. 1c).

An der enoralen Schleimhaut können Plattenepithelkarzinome auftreten

Zudem ist zu beachten, dass metastasierende Plattenepithelkarzinome (häufigste Todesursache bei RDEB) auch an den Schleimhäuten (vorwiegend an der Zunge) auftreten können. Insofern sind engmaschige klinische Observanz der oropharyngealen Mukosa und kurzfristig zielgerichtete (bioptische) Abklärung suspekter Läsionen (z. B. chronische Ulzera mit Leukoplakien oder erhöhten, indurierten Rändern) indiziert [12, 13].

Rezessiv dystrophe Epidermolysis bullosa inversa

Beinahe alle Patienten mit RDEB inversa leiden unter meist ausgedehnter Blasenbildung an den oropharyngealen Schleimhäuten (v. a. sublingual). Auch hier ist mit Vernarbungen und ihren Komplikationen (Ankyloglossie, partielle Obliteration des Vestibulum oris, Mikrostomie) zu rechnen [1, 6].

Dominante dystrophe Epidermolysis bullosa

Die dominante dystrophe Epidermolysis bullosa (DDEB) zeigt im Vergleich zur RDEB eine mildere Schleimhautbeteiligung (Prävalenz 20–40 %). Langzeitkomplikationen durch signifikante Vernarbungen sind selten [3, 6].

Kindler-Syndrom

Das Spektrum oropharyngealer Schleimhautbeteiligung bei Neugeborenen und Kindern mit Kindler-Syndrom umfasst alle Schweregrade, der Verlauf bleibt meist stabil. In Einzelfällen wurden Mikrostomie und (partielle) Obliteration des Vestibulum oris sowie ein Plattenepithelkarzinom am harten Gaumen beschrieben. Primär kennzeichnend für diese Patientengruppe ist das erhöhte Risiko (Prävalenz ca. 70 %) für Gingivahyperplasie und extensive Periodontitis mit früherem Beginn und schnellerer Progression [1, 6].

Therapie oropharyngealer Schleimhautläsionen

Wichtigste Behandlungsmaßnahme ist die Prävention von Blasen-/Erosionsbildung, wobei die oropharyngeale Mukosa v. a. durch die Notwendigkeit der Nahrungsaufnahme und Maßnahmen der Mundhygiene nicht gänzlich von Irritationen verschont bleiben kann.

Prävention ist die wichtigste Behandlungsmaßnahme

Die nachfolgend aufgeführten Möglichkeiten präventiver und supportiv topischer Therapien erwiesen sich in Studien bzw. nach unseren Erfahrungen als zielführend.

Haberman-Sauger.

Dieser Sauger (auch „special needs feeder“) für Säuglinge reduziert die notwendige Saugkraft und vermindert gleichzeitig den Hautkontakt zu hartem Plastik, wodurch das Risiko von Verletzungen der Schleimhaut und gleichzeitig der perioralen/nasalen Haut reduziert wird (Abb. 2; [14]).

Vaseline.

Die Lippen von Neugeborenen/Kindern sollten durch mehrmals tägliche Anwendung von Vaseline geschützt werden, insbesondere bei der Durchführung von Hygienemaßnahmen und oralen Manipulationen [14, 15].

Punktion/Drainage.

Aufgrund der erhöhten Verletzungsgefahr sollten Punktion/Drainage oraler Blasen (blut- oder flüssigkeitsgefüllt) vermieden werden. Meist öffnen sich diese Blasen spontan oder durch Zungendruck. Lediglich große, störend schmerzhafte Blasen können vorsichtig mit einer sterilen Nadel oder durch einen Skalpell-/Scherenschnitt geöffnet werden, um die Blasenexpansion durch den Flüssigkeitsdruck zu vermindern [15].

Sucralfat-Suspensionen.

Diese Suspensionen (Ulcogant orale Suspension® – ca. 4-mal täglich Gurgeln und Einnehmen) erhöhen die Schleimhautresistenz gegenüber endogenen und exogenen Noxen durch Stimulation der physiologischen Mukosaprotektion (über Freisetzung von Prostaglandinen, Bikarbonatsekretion und Durchblutungsförderung) und reduzieren so die Entstehung und Dauer von oralen Schleimhautblasen und Ulzera, mindern assoziierte Schmerzen und Entzündungen der Gingiva [16, 17].

H2-Rezeptorblocker Ranitidin.

Mukosaprotektiv wirkt ebenso der H2-Rezeptorblocker Ranitidin (Ulsal® – lösliche Tabletten, 2‑mal täglich 2–4 mg/kg Körpergewicht), wodurch eine Linderung oropharyngealer Entzündungen erzielt werden kann.

Chlorhexidingluconat.

Antiseptische, desinfizierende Mundspülungen mit Chlorhexidingluconat 0,12 % können das Auftreten von bakteriellen/fungalen Infektionen vermindern. Präventiv kann eine Anwendung im Intervall durchgeführt werden (2-mal täglich für 2 Wochen, Wiederholung alle 3 Monate) [18, 19].

Benzydaminhydrochlorid-Mundspray.

Dieses Mundspray (Tantum verde®) wirkt entzündungshemmend, schmerzlindernd und antibakteriell.

Salbeitee und andere adstringierende und antiinflammatorische Teemischungen.

In der Praxis haben sich auch regelmäßige Mundspülungen mit (abgekühltem) Salbeitee und anderen adstringierenden und antiinflammatorischen Teemischungen bewährt.

Polyvinylpyrrolidon-Natriumhyaluronat-Gel.

Dieses Gel (Gelclair®) als Mundspülung oder direkt läsional appliziert kann durch Bildung eines Schutzfilmes schmerzstillend wirken. Zu empfehlen ist eine Anwendung vor den Mahlzeiten [18].

Speichelersatzmittel und Mundwasserlösungen.

Derartige Mittel (wie Sialin Sigma Lösung®, Biotene Mundwasser®) können ebenso zur Linderung von Schmerzen durch Feuchthalten der Schleimhaut und Bildung eines Schutzfilms beitragen.

Nasengele/-salben.

Mehrmals tägliche Anwendung von Nasengelen/-salben (z. B. Emser Nasensalbe sensitiv®; Hysan® Nasensalbe) sind v. a. bei JEB- und RDEB-Patienten perinasal als indifferente Pflege zu empfehlen. Auch Dexpanthenol-haltige Salben, Präparate mit Vitamin E (z. B. Nozoil-Nasenspray®) oder Vaseline zeigen hier als Hautschutz präventiv gute Ergebnisse [12].

Topische Lokalanästhetika.

Topische Lokalanästhetika wie Lidocain kommen in Einzelfällen läsional zur Anwendung (z. B. Xylocain-viskös oral 2 %®) wie auch weitere schmerzstillende und antiseptisch wirkende Lösungen (z. B. Tetracain-HCl-Lösung 1 % Glycerol 20g (mit Saccharinatum 0,01 %), Herviros®, Easyangin®-Gel oder Mundisal®-Gel).

Intra-/subkutane Lokalanästhetika.

Bei Verwendung von intra-/subkutanen Lokalanästhetika (z. B. bei zahnärztlichen Eingriffen) sollten diese langsam und tief in das Gewebe injiziert werden, um iatrogene Gewebeschäden/Blasenbildung zu verhindern [18].

Orale Analgetika.

Bei starken Schmerzen können orale Analgetika mit entzündungshemmender Komponente und am besten in flüssiger Form additiv verwendet werden. Transmukosale schmerzstillende Medikamente (z. B. intranasales Fentanyl und transbukkale Opioide) können für kleine Eingriffe und Schmerzbelastungen von kurzer Dauer in Betracht gezogen werden [18].

Adäquate Zahnpflege und Mundhygiene.

Diese sind wichtig und sollten so früh wie möglich begonnen werden (weiche, kleine Zahnbürsten oder Wattestäbchen, alkoholfreie antiseptische Spülungen, Fluoridsupplementierung) [15].

Mundöffnungstraining.

Regelmäßiges tägliches Mundöffnungstraining stärkt die Muskulatur und erlaubt besseren Zugang zu Routinehygienemaßnahmen [15].

Hydrocortisoncreme, Triamcinolon oder Vaseline.

Das Auftragen von Hydrocortisoncreme, Triamcinolon oder Vaseline auf intraoral verwendete (v. a. zahnärztliche) Instrumente reduziert zusätzlich das Risiko von periinterventioneller Blasenbildung [15].

Erhaltung der Zähne/des Gebisses.

Auf die Erhaltung der Zähne/des Gebisses sollte bei Patienten mit EB besonderes Augenmerk gelegt werden, da so das Risiko von Weichteiltraumata an der oropharyngealen Schleimhaut durch eine effiziente Mastikation reduziert wird [15].

Abb. 2
figure 2

Haberman-Sauger (auch „Haberman feeder“, „special needs feeder“), ursprünglich für Säuglinge mit Trinkschwäche und Gaumenspalte entworfen, eignet sich sehr gut für Säuglinge mit Epidermolysis bullosa und oropharyngealer Beteiligung aufgrund der Reduktion der notwendigen Saugstärke und des langen weichen Mundstückes. Das Risiko von Verletzungen der Schleimhaut und der perioralen/nasalen Haut wird dadurch vermindert

Beteiligung des Gastrointestinaltraktes

Eine gastrointestinale Beteiligung ist überwiegend mit schweren Formen der EB assoziiert, wird jedoch kumulativ bei etwa 60 % aller Patienten beschrieben [11].

Eines der häufigsten Symptome im oberen Gastrointestinaltrakt (GI-Trakt) ist die Dysphagie, die v. a. bei Kindern mit RDEB (gs-RDEB in 80 %, RDEB inversa in 87 %) und JEB (bis zu 40 %) ab dem 10. Lebensmonat vorkommt. Ursächlich dafür sind meist Ösophagusstenosen durch intraluminale Blasen, Narben und Web-Bildungen (bindegewebliche Strikturen), die in der gesamten Länge des Ösophagus auftreten können und in Ausdehnung und Aussehen variieren [11].

Dysphagie zählt zu den häufigsten Symptomen bei Befall des oberen Gastrointestinaltraktes

Progressive Dysphagie führt bei längerem Bestehen zu schwerer Malnutrition, was wiederum die Ausbildung von Wundheilungsstörung, Immunschwäche, Dystrophie und Wachstumsbehinderung begünstigt. Das Risiko für Aspiration, Pneumonie und Sepsis ist konsekutiv erhöht. Malnutrition ist meist direkt proportional zum Schweregrad der EB und tritt überwiegend bei Patienten mit JEB und RDEB auf, die einem Circulus vitiosus von reduzierter Nahrungsaufnahme (durch u. a. orale Blasen, Dysphagie, Mikrostomie, Ösophagusstenosen) bei erhöhtem Bedarf (Wundheilung, Protein-/Blutverlust, chronische Inflammation und Infektion) unterliegen (katabole Stoffwechsellage) [2, 20].

Weitere Komplikationen im oberen GI-Trakt sind prästenotische Ausdehnungen, Hiatushernie, gestörte Peristaltik, Atonie, gastroösophagealer Reflux (ca. 30 % aller Patienten, Prävalenz bis 75 % bei Kindern mit RDEB), Ösophagitis, intramurale Pseudodivertikel und Verkürzung der Speiseröhre [2, 11].

Die katabole Stoffwechsellage bei Epidermolysis bullosa bedarf besonderer Beachtung

Bedeutende Komplikation des unteren GI-Traktes ist die chronische Obstipation (Prävalenz ca. 20–40 % bei EBS und JEB, Prävalenz 40–75 % bei RDEB), die sowohl bei Patienten mit EBS und (häufiger und ausgeprägter) bei JEB und RDEB vorkommt [2]. Ursächlich sind vorwiegend verminderte Ballaststoffaufnahme und Defäkationsprobleme u. a. durch Strikturen/Stenosen, wodurch mechanischer Ileus, Megakolon, Koprostase und nicht zuletzt auch Darmperforationen resultieren können. Erosionen und Fissuren im Bereich des Anus können eine schmerzhafte Defäkation, mit konsekutiver Defäkationsreflexstörung oder Stuhlverhalt bedingen (Abb. 1d). Anale Stenosen kommen bei ca. 25 % der Patienten mit gs-RDEB und RDEB inversa vor, des Weiteren wurden rektaler Prolaps und Stenosen, perianale Fistel, Reizdarmsyndrom, Divertikulose, Hämorrhoiden und Invaginationen im Zusammenhang mit EB beschrieben [21].

Therapie

Malnutrition.

Aufrechterhaltung einer adäquaten Nährstoffzufuhr mit ausreichend Ballaststoffen ist von großer Bedeutung. Malnutrition führt u. a. zu Gedeihstörungen, verzögerter Pubertät, Anämie und damit einer Kaskade von klinischen/biologischen Ereignissen, welche die weitere Wundheilung beeinträchtigen und die Fragilität der Haut erhöhen. Ernährungszustand, Body-Mass-Index, Wachstumskurven (für pädiatrische Patienten) und Albuminspiegel (optimal >3 g/dl) sollten daher insbesondere bei Risikopatienten (JEB, DEB) überwacht werden. Regelmäßige, tägliche (mehrfache) Aufnahme von geringen Mengen an kalorienreichen pürierten oder flüssigen Lebensmitteln und supportive Nahrungsmittelergänzungen sind oft zielführend. Bedarfsgerecht sind weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährung zu treffen [2, 22].

Nasogastrale Sonden.

Nasogastrale Sonden können bei schwerer oropharyngealer Beteiligung intermittierend verwendet werden, um das Risiko für Ulzerationen an Nase, Hypopharynx und Ösophagus durch innere Reibung zu reduzieren [11]. Ihr Irritationspotenzial beschränkt jedoch die Anwendung in der Praxis.

Perkutane endoskopische Gastrostomie.

Eine perkutane endoskopische Gastrostomie („PEG-Sonde“) ist für EB-Patienten mit schwerer Unterernährung und Wachstumsverzögerung angezeigt. Die Indikation zur Anlage eines Gastrostomas sollte großzügig gestellt werden und besteht bei Patienten mit stark reduzierter oder fehlender oraler Nahrungsaufnahme und/oder deutlichem Gewichtsverlust trotz intensivierter Ernährungsberatung. Regelmäßige Observanz und spezielle Pflege der Haut im Bereich der Sondenanlage bei liegendem Gastrostoma/Magensonde sind notwendig, um frühzeitig etwaigen lokalen Komplikationen/Infektionen entgegenwirken zu können [2, 12]. Eine umfassende Wundpflegeberatung sollte in einem spezialisierten Zentrum erfolgen.

Ösophagusstenose.

Akute Symptome wie Schluckstörungen/Dysphagie können vorübergehend mit oralem Dexamethason oder Budesonid in Verneblerlösung (0,5 mg/2 ml Budesonid-Verneblerlösung mit 5 g Sucralose und Maltodextrin) behandelt werden [23]. Ausgeprägtere Stenosen des Ösophagus benötigen häufig jedoch eine interventionelle Dilatation, wobei generell die (fluoreszenzendoskopische) Ballondilatation gegenüber der klassischen Bougierung aufgrund des geringeren Risikos iatrogener Verletzungen bevorzugt wird [24]. Die Verabreichung von Glukokortikoiden prä- und postoperativ zeigt einen positiven protektiven Effekt. Ebenso scheint das direkt auf Granulationsgewebe aufgebrachte, antifibrotisch wirkende Agens Mitomycin C vielversprechend für die Prävention von Rezidivstenosen zu sein [25].

Gastroösophagealer Reflux.

Bei indikativen gastrointestinalen bzw. respiratorischen Beschwerden (wie saurem Aufstoßen oder anhaltendem morgendlichem Reizhusten) sollte eine Abklärung des gastroösophagealen Refluxes (GÖR) erfolgen. Nach Diagnosestellung hilft eine Behandlung mit Domperidon (0,2–0,6 mg/kg, bis zu 3‑mal täglich), dem H2-Blocker Ranitidin (2–4 mg/kg 1‑ bis 2‑mal täglich) und/oder Protonenpumpeninhibitoren Patienten mit schwerer Symptomatik. Die Behandlung scheint auch zu guten Langzeitergebnissen bezüglich der Prävention von Ösophagusstenosen beizutragen. Eindickung der Milch für Kleinkinder kann ebenso hilfreich sein [2].

Obstipation.

Präventiv ist die Gabe von ausreichend Flüssigkeit und frischen, verdünnten Fruchtsäften für Säuglinge bzw. Kleinkinder zu empfehlen. Später sind Laktulose und ballaststoffreiche Nahrungsergänzungsmittel sowie Polyethylenglycol-basierte Abführmittel (ein bis zwei Beutel, zweimal täglich), ggf. mit dem Zusatz von Senna als propulsivem Wirkstoff, vorteilhaft. Verwendung von Gleitmittel in Form von Zäpfchen (z. B. Glycerin) und Klistiere sind in der Regel wegen der Verletzungsgefahr eher zu vermeiden und auch weniger erfolgreich [2, 26, 27].

Perianale Beteiligung.

Bei peri-/analen Blasen und Ulzerationen trägt topisches Sucralfat zur verbesserten Abheilung und Verminderung von Wundschmerzen bei. Auch die Kombination mit Cavilon® (bildet atmungsfähigen, transparenten Schutzfilm auf der Haut) zeigt nach unseren Erfahrungen gute Erfolge bezüglich peri-/analer Schmerzreduktion bei EB-Patienten. Bei Analfissuren sollten nichtchirurgische Maßnahmen (wie z. B. topisches Diltiazem und Glyceroltrinitrat) gegenüber der chirurgischen Sanierung bevorzugt werden [18, 28].

Beteiligung des Respirationstraktes

Blasen können an praktisch jeder Schleimhautoberfläche auftreten, v. a. aber oropharyngeal und seltener auch in Larynx, Trachea und Bronchien. Laryngeale und tracheale Mukosa sind insbesondere bei schweren Formen von EB (JEB, RDEB, aber auch gs-EBS, EBS-assoziiertes laryngo-onycho-kutanes [LOC]-Syndrom) [29] involviert und können ernsthafte respiratorische Krisen mit potenziell letalem Verlauf verursachen. Die Prävalenz von inspiratorischem Stridor reicht von 3,5 % bei EBS bis 44 % bei JEB, die Prävalenz laryngealer Stenosen und Obstruktion liegt zwischen 12 und 26 % bei JEB.

Inspiratorischer Stridor bedarf weiterführender Abklärung

Komplikationen durch Blasenbildungen und Ulzerationen umfassen Weichteilödeme, Verdickung/Vernarbung von Stimmbändern (Heiserkeit!), Dysphonie, inspiratorischen Stridor, luminale Web-Bildungen, obliterierende Wucherungen von Granulationsgewebe, submuköse Zystenbildung infolge der Okklusion seromuzinöser Drüsen(ausführungsgänge) sowie sub-/glottische Stenosen bis hin zum kompletten Atemwegverschluss. Verletzungen der Atemwege können spontan entstehen, aber auch durch Schreien, respiratorische Infekte mit Husten und gastroösophagealem Reflux provoziert werden [30].

Therapie

Laryngoskopie.

Bei Verwendung eines Laryngoskops bzw. anderer Instrumente, die in den Rachen eingeführt werden, sollte ausreichend Gleitmittel benützt werden, um Reibung an den oropharyngealen Strukturen zu minimieren. Bei starker Schmerzhaftigkeit bzw. auch prophylaktisch kann vor dem Einführen Lidocain-Gel 2 % appliziert werden [18, 31].

Adrenalinvernebler, befeuchteter Sauerstoff und topisches Dexamethason.

Diese Maßnahmen/Substanzen können bei mildem Stridor symptomlindernd wirken [2].

Chirurgie oder Lasertherapie/-ablation.

Chirurgische Interventionen können bei Vorhandensein von extensiven laryngealen oder trachealen Narben, Schleimhautmembranen und Granulationsgewebe zur Korrektur notwendig sein [32].

Supraglottoplastik.

Bei schwerer Laryngomalazie führte eine Supraglottoplastik nach (allerdings nur vereinzelten) Erfahrungsberichten bei Patienten mit JEB zu relativ guten Ergebnissen und nur minimalen iatrogenen Verletzungen [32].

Tracheotomie.

Sie ist akuten Fällen von Larynxstenosen zur Sicherstellung der Beatmung und frühzeitig bei klinischem Verdacht (wie inspiratorischem Stridor, pathologische O2-Sättigung) auf eine kritische Atemwegstenose indiziert [30].

Intubationen.

Sie können auch bei EB-Patienten durchgeführt werden und verursachen nicht unweigerlich traumatische Schäden. Verengte Atemwege und Narben/Strikturen sub-/glottisch sowie im Bereich der Stimmlippen können den Vorgang jedoch verkomplizieren. Für die Laryngoskopie eignet sich der gebogene Macintosh-Spatel (ohne Aufladen der Epiglottis; viel Gleitmittel verwenden!). Auch eine fiberoptische Intubation ist zu erwägen. Angewandte Endotrachealtuben sollten kleiner als altersüblich sein [31, 33].

Augenbeteiligung

Okulare Abnormalitäten bei EB können akut oder chronisch, symptomatisch oder asymptomatisch sein und mit variablem klinischem Schweregrad verlaufen, der von milder konjunktivaler Irritation bis hin zu schwerer Vernarbung von Augenlidern, Hornhaut und den Konjunktiven mit Visuseinschränkungen oder Erblindung reicht. Die Häufigkeit von Augenkomplikationen beträgt 12, 40, 4 und 51 % bei Kindern mit EBS, JEB, DDEB und RDEB [34].

Augenbeteiligung findet sich bei mehr als der Hälfte der RDEB-Patienten

Das breite Spektrum an Symptomen umfasst unter anderem Xerophthalmie, Hyperlakrimation, Photophobie, Schmerzen und Epiphora sowie Komplikationen wie Blepharitis, Symblepharon, Ektropium, Obstruktion des Ductus lacrimalis, Amblyopie, Strabismus oder Netzhautablösung. Komplikationen an der Hornhaut (Abrasion, Vernarbung, Pannusbildung) sind v. a. bei RDEB häufig, wo sie bei ca. 70 % aller Patienten auftreten [35].

Therapie

Künstliche Tränen, Eigenserumaugentropfen bzw. Augengele mit Lanolin, konservierungsmittelfreie Präparate.

Zum Schutz der Augen vor dem Austrocknen bzw. bei Reizzuständen können mehrmals täglich künstliche Tränen, Eigenserumaugentropfen bzw. Augengele mit Lanolin und konservierungsmittelfreie Präparate (z. B. Augentropfen mit Hyaluronsäure, Polyethylen/Propylenglykol, Hypromellose oder Carbomer mit hoher Viskosität und guten Haftungseigenschaften) appliziert werden [2].

Weiche Kontaktlinsen.

Beispielsweise Silicon-Hydrogel-Kontaktlinsen können das Epithel stabilisieren und führen zu einem Ausgleich der kornealen Irregularitäten, wodurch der Visus verbessert wird. Bei Vernarbungen können evtl. auch Sklerallinsen Hornhautunebenheiten optisch korrigieren [35].

Topische antibiotische Cremes.

Zur Behandlung von Hornhauterosionen haben sich topische antibiotische Cremes und Cacicol® (Poly[carboxymethylglucosesulfat], ThéaPharma) als hilfreich erwiesen [18].

Plastische Augenlidoperationen und Hornhautchirurgie.

Bei Patienten mit EB können plastische Augenlidoperationen (z. B. Tarsorrhaphien/Lidspaltenverkleinerung, Verschiebeplastiken) und Hornhautchirurgie (z. B. Amnionmembrandeckung, Keratoplastik) indiziert sein [2].

Augenreiben und -irritationen.

Diese sollten möglichst vermieden werden. Komfortmaßnahmen inkludieren das Meiden von grellem Licht, Tragen von protektiven (Sonnen-)Brillen und Einnahme von nichtsteroidalen Antiphlogistika bei Schmerzen, die auch in topischer Form bei akuter Hornhautabrasion appliziert werden können [18].

Beteiligung des Urogenitaltraktes

Multiple Komplikationen können bei Patienten mit EB im gesamten Urogenitaltrakt auftreten, wobei Dysurie, Meatusstenose, (Uro-)Sepsis und Hämaturie am häufigsten sind. Als erste klinische Zeichen imponieren meist Mikrohämaturie oder episodische Makrohämaturie sowie rezidivierende Harnwegsinfekte aufgrund urogenitaler Stenosen. Eine gefürchtete Komplikation ist das Nierenversagen als zweithäufigste Todesursache nach metastasierenden Plattenepithelkarzinomen bei Patienten mit gs-RDEB (kumulatives Mortalitätsrisiko 16 %) [36].

Mikro- oder Makrohämaturie sind frühe Zeichen einer Beteiligung des Urogenitaltraktes

Weitere Komplikationen umfassen neben Hypospadie, Epispadie und Fusion der Labien auch Obstruktion des vesikourethralen/-ureteralen Überganges durch Vernarbungen und Fibrose des Urothels, Hydroureteronephrose, Blasenhypertrophie, renale Hypertension und Niereninsuffizienz (durch postinfektiöse Glomerulonephritis, Amyloidose, IgA-Nephropathie). Die Häufigkeit von urologischen Komplikationen beträgt in Abhängigkeit vom EB-Subtyp 16–31 %, wobei diese am häufigsten bei gs-JEB und JEB mit Pylorusatresie gefolgt von RDEB manifest werden [38].

Therapie

Überprüfung der Nierenfunktion.

Regelmäßige Kontrolle der Nierenfunktion (Urinanalyse, Urea, Kreatinin, Elektrolyte, Blutdruck) und Sonographie des urogenitalen Traktes, insbesondere bei gs-JEB und RDEB, sind essenziell, v. a. wenn Hinweise auf eine Uropathie (z. B. Harnentleerungsstörungen, Hämaturie) oder Nephropathie bestehen [38].

Harnwegskatheter.

Diese sollten, sofern indiziert, vor dem Einführen ausreichend mit Gleitgel (z. B. Vaseline) benetzt werden (auch hier kann Lidocain 2 % als Gleitgel verwendet werden).

Lokaltherapie von Schleimhautläsionen.

Sie erfolgt analog zur Therapie der oropharyngealen Schleimhautläsionen (s. oben).

Interventionelle Eingriffe und urologisch-chirurgische Rekonstruktionen.

Bei Bedarf und nur nach sorgfältiger Abwägung von Risiko/Nutzen sollten interventionelle Eingriffe und urologisch-chirurgische Rekonstruktionen wie z. B. Zystoskopie, Harnröhrendilatation, Meatotomie, Ureterosigmoidostomie durchgeführt werden. Dabei gilt es zu bedenken, dass Operationen von kleinen Läsionen/Abnormalitäten an der Spitze der Urethra aufgrund der assoziierten hohen Komplikationsrate nicht ohne dringliche Indikation versucht werden sollten [38].

Vaginale Entbindung.

Es besteht auch bei Patienten mit JEB und RDEB keine absolute Kontraindikation für eine vaginale Entbindung, sofern das Ausmaß der Blasen an den genitalen Schleimhäuten begrenzt ist [37].

Fazit für die Praxis

  • Die Komplexität der Multisystemerkrankung EB hat mit ihren vielfältigen Manifestationen an den Schleimhäuten enorme Auswirkungen auf die Lebensqualität betroffener Patienten und ihrer Familien.

  • Optimierte Wundversorgung erfordert primär einen interdisziplinär koordinierten Ansatz.

  • Bis zur breiten Verfügbarkeit einer kurativen Therapie sind bei Schleimhautmanifestationen großteils auf Erfahrungswerten basierende supportive pflegerische Maßnahmen essenziell, um Symptome und Komplikationen erträglicher zu machen.