Der Bauchdeckenverschluss als Rückzug nach einer gelungenen großen viszeralchirurgischen Operation, wird – oft mit Recht – als eine Routinehandlung ohne größere Bedeutung angesehen. Die meisten von uns haben diesen Teil des Eingriffes schon 1000-mal durchgeführt. Auf einer Skala zwischen „Das mache ich schon immer mit Erfolg so, meine Patienten haben keine Narbenhernien“ und „Die Bauchdecke korrekt zu verschließen, ist eine Herausforderung“, wird sich wahrscheinlich der durchschnittliche Chirurg in Anlehnung an seine Erfahrung in Richtung „schon immer mit Erfolg“ einstufen. Oft erinnert erst die Diagnose bzw. die Versorgung einer Narbenhernie im eigenen Patientenkollektiv den Chirurgen daran, dass das Thema Bauchdeckenverschluss noch nicht ganz abgehakt ist, obwohl „in diesem Fall eher die komplexen patienteneigenen Risikofaktoren für das Auftreten der Hernie verantwortlich sind“.

Mit dem Schwerpunktheft „Zugangswege und Bauchdeckenverschluss“ der Zeitschrift Der Chirurg möchten wir diese Thematik neu aufgreifen und zeigen, dass es immer noch ein hoch aktuelles Thema ist, das uns auch in Zukunft noch beschäftigen wird. In einem Prozess des lebenslangen Lernens, helfen das Auffrischen des Wissens sowie kleine neue Erkenntnisse hier und da zur Steigerung der eigenen Ergebnisse auf dem Weg zur Exzellenz. Durch Beiträge anerkannter Chirurgen, die den relevantesten aktuellen wissenschaftlichen Stand wiedergeben, bietet Der Chirurg einen Raum zur Vermittlung von Informationen, zur Reflexion und kritischen Auseinandersetzung mit diesem Thema. Die Lebensqualität der Patienten soll dabei das eigentliche Ziel sein.

Zum Bauchdeckenverschluss gehört als erstes die genaue Kenntnis der Anatomie. Wie kann ein Chirurg Schichten eröffnen und verschließen, die er nicht genauestens kennt? Auf- und Zumachen spiegelt nicht mehr die Komplexität aktueller Eingriffe im Bereich der Bauchdecke wider: In dem Beitrag „Chirurgische Anatomie der Bauchdecke“ werden die besonderen anatomischen und funktionellen Einzelheiten repetiert, die den schonungsvollen Umgang mit Nerven und den schichtgerechten Bauchdeckenverschluss begründen. Aufbauend darauf wird im Beitrag „Individualisierter oder Standardzugangsweg zum Abdomen. Aktuelle Datenlage“ auf praktische und evidenzbasierte Einzelheiten der Zugangswege eingegangen: Stimmt die Annahme noch, dass eine gewisse Art der Schnittführung weniger Narbenhernien als die andere verursacht? Auf diese Frage gehen auch zwei weitere Beiträge ein: „Aktuelle Studienlage zum Bauchdeckenverschluss. Teil 1 – Klassische Nahttechniken“ und „Müssen wir den Bauchdeckenverschluss neu erlernen? (Small Stitches)“. Diese beiden Beiträge müssen gemeinsam betrachtet werden, denn nur gemeinsam bieten sie dem Leser den Überblick über die aktuelle Datenlage aus zwei ganz unterschiedlichen Perspektiven, die erst zusammen gewertet ein Gesamtbild ergeben. Der Beitrag „Prophylaktische Netze an der Bauchdecke“ diskutiert anhand der aktuellen Literatur deren zunehmende Bedeutung und offene Fragen für zukünftige Forschung.

Wir wünschen Ihnen mit diesem Themenheft eine gute Zeit der Reflexion, der strategischen Hinterfragung und neue Freude bei der Laparotomie und dem Bauchdeckenverschluss.

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Prof. Dr. Christoph T. Germer

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Prof. Dr. Ulrich A. Dietz