Proktologische Operationen gehören zu den häufigsten Eingriffen in Deutschland. Nach den DRG-Zahlen für vollstationäre Patienten des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2013 in Deutschland

  • 50.813 perianale Operationen,

  • 30.274 Operationen wegen Analfisteln,

  • 24.349 Eingriffe am Analkanal und

  • 52.509 Hämorrhoidenoperationen

durchgeführt [1]. Unter Berücksichtigung möglicher Mehrfachnennungen bei den oben genannten Zahlen einerseits und wegen des hohen Anteils ambulanter Eingriffe andererseits, die in den genannten Zahlen nicht enthalten sind, kann – vorsichtig geschätzt – wahrscheinlich von ca. 100.000 bis 120.000 proktologischen Eingriffen pro Jahr ausgegangen werden, zumal etwa jeder zweite Bundesbürger im Laufe seines Lebens an Hämorrhoiden erkrankt [2].

Da es sich bei proktologischen Engriffen mehrheitlich um vergleichsweise kleine Operationen handelt, wird häufig deren Komplikationspotenzial unterschätzt. Wie die zu diesem Leitthema von erfahrenen und auf ihrem Gebiet renommierten Autoren erstellten Beiträge zeigen, ist die Nachblutung die häufigste Komplikation, die z. T. konservativ behandelt werden kann, oftmals allerdings doch eine umgehende Reoperation erfordert.

Das Komplikationspotenzial bei proktologischen Engriffen wird häufig unterschätzt

Insbesondere die Arbeit von Kersting et al. zeigt darüber hinaus, dass nach Hämorrhoidenoperationen erhebliche Schmerzen auftreten können, sodass gerade auch im ambulanten Bereich das postoperative Schmerzmanagement eine hohe Bedeutung hat. Der Beitrag von Kersting et al. ist auch insofern von besonderem Interesse, weil er das spezifische Komplikationsmuster nach Stapler-Hämorrhoidopexie aufzeigt: „Es gibt … spezielle Komplikationen, die für die anderen Verfahren nie beschrieben wurden …“ Unabhängig davon bestehen nach Stapler-Hämorrhoidopexie eine signifikant erhöhte Rezidivrate sowie eine Komplikationsvielfalt, die u. a. durch übrig gebliebene Klammern hervorgerufen wird. Wenn man bedenkt, mit welchem Enthusiasmus und mit welcher Überzeugung die Stapler-Hämorrhoidopexie in der jüngsten Vergangenheit „gefeiert“ wurde, stellt sich in Anbetracht der kurz- und mittelfristigen Ergebnisse die Frage, ob nicht auch hier wie bei manch anderen Neuerungen der Abend vor dem Tag gelobt wurde. Es ist ein mahnendes Beispiel pars pro toto dafür, dass neben einer kritischen Indikationsstellung eine größere Zurückhaltung und eine zunächst vorzunehmende wissenschaftliche Bewertung notwendig sind, bevor der flächendeckende Einsatz neuer chirurgischer Therapieverfahren propagiert wird.

Anders als in den internationalen Leitlinien dargelegt, werden Analfissuren in Deutschland überwiegend konservativ behandelt. Wie Ommer ausführt, sollte eine Operation erst nach Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen erwogen werden – wie so oft in der Chirurgie gilt auch hier, dass die strenge Indikationsstellung die beste Prophylaxe einer postoperativen Komplikation ist. Demgegenüber stellen Analfisteln eine Domäne der chirurgischen Therapie dar. Das Management der häufigsten Komplikation einer Stuhlinkontinenz unterschiedlichen Ausmaßes ist nahezu immer konservativ. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass der subjektive Leidensdruck sehr individuell vom jeweiligen Patienten abhängt. Dies erklärt, warum eine objektive Bewertung oftmals so schwierig ist. Aufgrund des Mangels an wirklich evidenzbasierten Therapieempfehlungen und wegen der Bedeutung einer Stuhlinkontinenz für die Lebensqualität ist es wohl nicht vermessen festzustellen, dass die Erfolgs- und Komplikationsrate bei der chirurgischen Sanierung von Analfisteln entscheidend von der Erfahrung des Operateurs abhängt.

Bei der (trans)analen Tumorchirurgie sind signifikante Komplikationen insgesamt sehr selten. An erster Stelle steht auch hier die Nachblutung, die meist konservativ beherrscht werden kann. Gerade bei der transanal endoskopisch-mikrochirurgischen Resektion von Tumoren im proximalen und mittleren Drittel des Rektums muss allerdings an die Möglichkeit von Peritonealverletzungen gedacht werden. Wie Sailer et al. ausführen, hat diese früher sehr gefürchtete Komplikation in den letzten Jahren jedoch wegen des erheblichen Erfahrungszuwachses ihren Schrecken verloren. Es wird einmal mehr deutlich, dass die chirurgischen Behandlungsergebnisse sehr von der Erfahrung des Chirurgen abhängen. Daher sollten diese transanalen Eingriffe bevorzugt in Kliniken erfolgen, die sowohl apparativ als auch personell entsprechend ausgestattet sind.

In dem Beitrag von Schiedeck wird deutlich, wie schwierig es bisweilen sein kann, eine Erkrankung – im vorliegenden Fall der Rektumprolaps – einerseits exakt zu definieren und andererseits entsprechende Operationsverfahren evidenzbasiert zu etablieren. Die Fülle der verschiedenen Verfahren unterstreicht, dass wahrscheinlich keine der Methoden das Rezidivrisiko der Grunderkrankung als wesentlichste Spätkomplikation signifikant beeinflusst. Die Methodenvielfalt bedingt auch, dass keine allgemeingültigen Empfehlungen zum Komplikationsmanagement gegeben werden können. Die Diagnostik und Behandlung von Komplikationen in der chirurgischen Therapie hat sich somit immer an dem jeweils zur Anwendung gekommenen Verfahren zu orientieren.

Auf der Basis des in diesem Leitthema dargestellten Komplikationsmanagements nach den unterschiedlichsten proktologischen Eingriffen kann festgehalten werden, dass schwerwiegende Komplikationen, auch solche mit letalem Ausgang, erfreulich selten auftreten und daneben eine Fülle der kleineren Komplikationen konservativ beherrscht werden kann. Allerdings sollte dabei nicht vergessen werden, dass selbst bei einer noch so geringen Komplikationsrate unverändert die Indikation der entscheidende Grundpfeiler einer patientenorientierten Behandlung ist.

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Prof. Dr. Joachim Jähne