Zusammenfassung
Kohortenstudien liefern unter allen Typen epidemiologischer Beobachtungsstudien die beste Evidenz für das Erkennen von kausalen Zusammenhängen zwischen Risikofaktoren und Krankheiten. Ihr Design kann jedoch auch zu Nachteilen führen, die die Validität und Aussagekraft der Ergebnisse beeinflussen können. Dazu zählen insbesondere systematische Fehler wie Selektionseffekte oder Verzerrungen aufgrund lücken- oder fehlerhafter Erinnerungen. Um diese teilweise auszugleichen, ist es möglich, die Primärdaten aus der Kohortenstudie auf Individualebene mit Sekundär- und Registerdaten zu verlinken. Diese Verknüpfung kann auch zur Validierung der verwendeten Datenquellen genutzt werden. Zu den Sekundär- und Registerdaten, die bisher in Deutschland im Rahmen von Kohortenstudien mit Primärdaten verknüpft wurden, gehören Kranken- und Rentenversicherungsdaten, Angaben der Bundesagentur für Arbeit sowie Krebsregisterdaten. Bei ihnen lassen sich zwei Gemeinsamkeiten erkennen. Zum einen verfügen alle über einen großen Umfang an Detailinformationen, die sich in der Regel auf lange Zeiträume und große Populationen beziehen. Zum anderen sind sie in der Lage, Daten auf Individualebene zur Verfügung zu stellen, sodass prinzipiell eine Verlinkung z. B. mit Primärdaten möglich ist. Jede dieser Datenquellen ist aber auch mit Einschränkungen behaftet, die zu berücksichtigen sind. Gleichzeitig muss in Deutschland eine Reihe rechtlicher Restriktionen beachtet werden, deren Ziel es ist, den Missbrauch der Daten zu vermeiden.
Abstract
Cohort studies provide the best evidence of all epidemiological observational studies for the identification of causal relationships between risk factors and diseases. However, this design may lead to drawbacks that may affect the validity and reliability of the results. This follows in particular from systematic errors, such as selection bias or recall bias. One possibility to avoid or counteract some of these drawbacks is to link primary data from cohort studies with secondary and register data. The linkage of these data may also be used for mutual validations. Data that were previously linked with primary data within the context of cohort studies in Germany were obtained from statutory health insurances and pensions as well as data from the Federal Employment Agency and cancer registries. All these data have two features in common: First, they all cover detailed information about a large population and over a long period of time. Second, all sources are in principle able to provide data on an individual level such that an individual data linkage, e.g. with primary data, is possible. However, use and linkage of each of these data sources are restricted by several limitations. These have to be accounted for as well as numerous legal restrictions that exist in Germany to especially prevent the misuse of social data.
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Jacobs, S., Stallmann, C. & Pigeot, I. Verknüpfung großer Sekundär- und Registerdatenquellen mit Daten aus Kohortenstudien. Bundesgesundheitsbl. 58, 822–828 (2015). https://doi.org/10.1007/s00103-015-2184-8
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