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Prof. Dr. Werner Bohndorf

Prof. Dr. Werner Bohndorf, der frühere Lehrstuhlinhaber und Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie der Universität Würzburg, feierte am 24. April bei guter Gesundheit seinen 90. Geburtstag.

Werner Bohndorf wurde am 24. April 1926 in Eisleben geboren. Dort besuchte er auch das Gymnasium, konnte es aber nicht beenden, denn er wurde 1943 mit Notabitur zum Militär eingezogen, kam zur Marine und diente 2 Jahre im Eismeer zwischen Hammerfest und Spitzbergen. Er geriet zu Kriegsende in Gefangenschaft, aus der er aber schon im Herbst 1945 entlassen wurde. Nun konnte er die Schulzeit mit dem Abitur beenden und bereits 1946 mit dem Studium der Medizin in Halle beginnen. An der Universität lernte er seine Frau kennen und heiratete noch als Student. Im Anschluss an das Studium zog die Familie 1952 nach Berlin um. Nach verschiedenen Zwischenstationen der Pflichtassistentenzeit gelangte er 1955 an die Geschwulstklinik der Akademie der Wissenschaften in Berlin-Buch. Er begann seine Facharztausbildung zum Radiologen in der Röntgenabteilung, die unter Leitung von Prof. Hans-Jürgen Eichhorn stand. 1958 erhielt er die Anerkennung als Facharzt für Radiologie. In dieser auch für bundesdeutsche Verhältnisse gut ausgestatteten Klinik wurde bereits 1957 eine Co-60-Anlage installiert, wohl die erste in Deutschland. Bohndorf betreute diese Anlage bis zur Flucht der Familie 1960. Nach einer Station in Hanau, in der er Oberarzt in der Diagnostik war, kam er 1961 an die HNO-Klinik der Universität Würzburg, die von Prof. Wullstein geleitet wurde. Dort unterstanden ihm die Bestrahlung an der Co-Anlage und die Diagnostik für die Hautklinik. Wissenschaftlich beschäftigte er sich mit der Translationsbestrahlung, so dass bei der damals konstruktionsbedingten geringen Feldlänge auch ausgedehnte Zielvolumina (z. B. Ösophagus-Ca.) ohne Stückelung bestrahlt werden konnten. Dies führte 1965 zur Habilitation. Hier zeigte sich sein großes Interesse für technische Neuerungen. Bereits 1962 entwickelte er einen Simulator unter Verwendung eines C‑Bogens. 1967 übernahm er die Leitung der Hartstrahlenabteilung der HNO-Klinik. Diese Abteilung zog 1970 in die neue Kopfklinik um. Zu ihr gehörten nun Co-Anlage, Cs-Anlage, Weichstrahlgerät RT-50, Simulator-Eigenbau und Anlagen zur Röntgendiagnostik. Letztere waren Bohndorf sehr wichtig, denn er vertrat stets die Meinung, jeder Strahlentherapeut muss auch in der Diagnostik gut ausgebildet sein. 1971 erfolgte die Ernennung zum Professor.1974 übernahm Bohndorf die Leitung der nun selbstständigen Abteilung für therapeutische Radiologie.1977 erhielt er den Ruf auf den neuen Lehrstuhl für Strahlentherapie, dem ersten radiologischen Lehrstuhl an der Universität Würzburg. Damit verbunden war die Gründung der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie (im Aufbau), die zunächst keine Bettenstation besaß. Obwohl die baulichen Maßnahmen noch mehrere Jahre zurückgestellt wurden, entfalteten sich zahlreiche Aktivitäten. Dazu gehörte die Entwicklung einer Datenbank, zumindest eine der ersten in Deutschland, in die alle seit 1977 behandelten Patienten einschließlich der Nachsorge aufgenommen waren. Diese Datenbank lieferte in der Folgezeit wesentliche Informationen für statistische Untersuchungen. Hinsichtlich einer weiteren Individualisierung ergab sich auch 1977 die Möglichkeit, ein 3D-Programmpaket zur Berechnung von Dosis und Dosisverteilungen am Uni-Rechenzentrum zu installieren. Dadurch setzten in verstärktem Maße die Entwicklung neuer Bestrahlungstechniken und die Validierung bisher eingesetzter Techniken ein. An der Klinik hatte der Einsatz der Bewegungsbestrahlung eine lange Tradition, die sich bei der Entwicklung neuer Techniken fortsetzte. Hierbei war es von Vorteil, dass auch Stehfeldbestrahlungen von vornherein als isozentrische Techniken aufgefasst wurden. In großem Umfang erfolgte der Einsatz von Absorberblöcken, wodurch eine individuelle Feldkonfiguration und damit eine bessere Anpassung der Dosisverteilung an das Zielvolumen zu erreichen war. Mit der Einführung der Computertomographie konnte der Nachteil der halbindividuellen Körperquerschnitte beseitigt werden. Bohndorf erkannte frühzeitig die große Bedeutung der CT nicht nur für die Tumordiagnostik, sondern auch für die Bestrahlungsplanung. Durch seine Initiative wurde bereits Anfang der achtziger Jahre ein CT installiert, der hälftig für die Strahlentherapie zur Verfügung stand. Als Jahre später an anderer Stelle ein Symposium stattfand, bei dem die Beziehung zwischen CT und Simulator untersucht wurde, konnte die Würzburger Klinik bereits feststellen, dass die CT auch für die Bestrahlungsplanung unverzichtbar ist. Dieses Beispiel demonstriert eine für die Außendarstellung der Klinik nachteilige Eigenschaft, Ergebnisse und Erkenntnisse zurückhaltend oder gar nicht zu publizieren.

Der Ausbau der Klinik zog sich in die Länge, so dass erst Jahre später die Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie feierlich eröffnet werden konnte. Nun standen zwei Beschleuniger, eine Kobaltanlage, ein Simulator, ein CT ausschließlich für die Strahlentherapie, Afterloading, Bestrahlungsplanungssysteme und eine Bettenstation zur Verfügung. Das von Bohndorf an der Klinik praktizierte Vorgehen, zielvolumenorientiert zu handeln, konnte in der Brachytherapie, besonders bei der intraoperativen Bestrahlung nicht durchgängig realisiert werden, denn die damaligen Bestrahlungsplanungssysteme für die Brachytherapie arbeiteten nur applikatororientiert und nicht zielvolumenorientiert, d. h., CT-Datensätze konnten nur eingeschränkt genutzt werden.

Bohndorf widmete sich der Problematik der reproduzierbaren Lagerung. Nach seinen Ideen wurde eine später kommerziell vertriebene Mundhalterung entwickelt, mit der bei kooperativen Patienten eine reproduzierbare Lagerung mit einer geringen Unsicherheit erreicht werden konnte, die derjenigen beim Einsatz von Masken entsprach.

An den mikroprozessorgesteuerten Beschleunigern konnte mit der Entwicklung dynamischer Techniken der Bewegungsbestrahlung begonnen werden. Dabei zeigte sich, dass derartige Techniken nur unter Einsatz eines Lamellenkollimators zum Erfolg führen, der damals leider nicht vorhanden war. Dennoch wurde die Entwicklung soweit fortgeführt, dass unter bestimmten Bedingungen dynamische Techniken analog zu VMAT oder Dynamic Arc zur Verfügung standen, etwa 10 Jahre vor der kommerziellen Einführung. Auch hier zeigt sich ein für Prof. Bohndorf charakteristischer Zug. Er war allem Neuem gegenüber aufgeschlossen und förderte die entsprechenden Arbeiten großzügig, z. B., dass er abendliche Forschungstätigkeit am Beschleuniger zuließ, auch mit dem Risiko eines Defekts, was eine Patientenbestrahlung am nächsten Morgen eingeschränkt hätte.

Da Bohndorf sich nun schon über 20 Jahre im Ruhestand befindet, kennen ihn viele der jüngeren Kollegen nicht. Deshalb war es wichtig, seine wissenschaftlichen Leistungen und seine Bemühungen um eine individualisierte Strahlentherapie darzulegen, die in der klinischen Routine ihren Niederschlag fand. Bei Publikationen war er sehr zurückhaltend und veröffentlichte nur, wenn die Ergebnisse tatsächlich veröffentlichungswert erschienen. Im Jahre 1991 veranstaltete er ein vielbeachtetes Symposium unter dem Titel „Computertomographie und Bestrahlungsplanung in der Radioonkologie“, dessen Ergebnisse als Buch zusammengefasst wurden. Anlässlich Bohndorfs Emeritierung fand ein von ihm organisiertes hochkarätiges Symposion „Bestrahlungsplanung – Aktueller Stand und Perspektiven“ statt. Auch hieraus entstand ein Buch.

Bohndorf hat mehrere Hobbys. Seit Jahrzehnten ist er ein begeisterter Golfspieler, der auch jetzt mehrmals in der Woche auf dem Golfplatz anzutreffen ist. An seiner Seite ist seine Frau Renate, mit der er viele Jahrzehnte verheiratet ist. Dieser sportlichen Betätigung verdankt das Ehepaar wohl auch seine körperliche Frische. Ein weiteres Hobby von Bohndorf ist das Malen. Hier hat er es als Autodidakt bei Landschaften und Porträts zu hoher Fertigkeit gebracht. Er ist außerdem ein engagierter Gärtner. So nimmt es nicht wunder, dass man sich in seinem Garten wie in einem Park fühlt. Die beiden Söhne sind ihrem Vater gefolgt und haben Medizin studiert. Der ältere Sohn, ehemals Chef der Radiologie in Augsburg, ist inzwischen auch schon im Ruhestand, und der jüngere Sohn betreibt in Düsseldorf erfolgreich eine HNO-Praxis.

Die ehemaligen Mitarbeiter und Freunde wünschen dem Ehepaar Bohndorf für die nächsten Jahre einen Erhalt der geistigen und körperlichen Frische.

Jürgen Richter, Würzburg