FormalPara Originalpublikation

Kusters M et al (2016) The treatment of all MRI-defined low rectal cancers in a single expert centre over a 5‑year period: is there room for improvement? Colorectal Dis. 18(11):O397–O404. doi:10.1111/codi.13409

FormalPara Fragestellung und Hintergrund.

Die Behandlungsergebnisse sind beim tiefsitzenden im Vergleich zum hochsitzenden Rektumkarzinom weiterhin schlechter. Der Begriff „tiefsitzend“ ist nicht klar definiert und eine auf MRT-Kriterien beruhende Definition erscheint am ehesten konsensfähig. Ziel der vorliegenden Studie war es, die Tumorpräsentation und Behandlungsergebnisse beim tiefsitzenden Rektumkarzinom basierend auf einer strengen anatomischen Definition zu bestimmen.

FormalPara Patienten und Methodik.

Ein Rektumkarzinom wurde als tiefsitzend definiert, wenn seine untere Grenze unterhalb der Insertion des Musculus levator ani am Becken im sagittalen MRT lag. Für den Zeitraum 2006 bis 2011 wurden in einer prospektiv verwalteten Datenbank der Abteilung 180 konsekutive Patienten mit Tumoren, die dieses Kriterium erfüllten, ermittelt.

FormalPara Ergebnisse.

Bei 118 Patienten (66 %) erfolgte eine kurative und bei 12 Patienten (7 %) eine palliative Resektion. Elf Patienten (6 %) wurden einem „Watch-and-Wait(W&W)“-Protokoll zugewiesen und bei 10 weiteren (5 %) war aufgrund ihres Gesundheitszustands die Durchführung einer Operation nicht möglich. Bei 26 Patienten (14 %) waren lokal das Rektumkarzinom oder Metastasen nicht resezierbar. Eine R0-Resektion war der Faktor mit dem größten Einfluss auf das Überleben nach kurativer Operation. R+-Resektionen lagen bei 12 % der nicht abdominoperinealen Exzisionen, 11 % der abdominoperinealen Exzisionen und 47 % der erweiterten Resektionen vor. Das Gesamtüberleben war bei den Patienten mit kurativer Resektion ähnlich wie bei den W&W-Patienten. Bei 23 der 96 (24 %) mit neoadjuvanter Radiochemotherapie behandelten Patienten fand sich eine anhaltende klinische oder eine komplette pathologische Remission.

FormalPara Schlussfolgerung.

Bei kurativer Resektion ist ein tumorfreier Resektionsrand der wichtigste Faktor für das Überleben. Bei 24 % der mit neoadjuvanter Radiochemotherapie behandelten Patienten hätte auf eine Operation möglicherweise verzichtet werden können. Die Behandlung lokal fortgeschrittener Rektumkarzinome lässt sich weiter verbessern.

Kommentar

Die Autoren um Prof. Cunningham beschreiben eine Kohorte von 180 Patienten mit MR-basiert definierten tiefsitzenden Rektumkarzinomen. Kriterium für die Definition war ein Rektumkarzinom, welches sich im MR unter dem Ansatz der Levator-Muskulatur am Becken in einer sagittalen Aufnahme zeigte. Von diesen Patienten erhielten 96 eine radikale Operation. Von den verbleibenden Patienten wurde u. a. bei „pathologic complete response“ (pCR) eine Watch-and-wait-Strategie gewählt. Bei letzterer Gruppe von 11 Patienten war das Überleben bemerkenswerterweise mit den radikal resezierten Patienten vergleichbar.

Bei 96 Patienten, die eine radikale Operation erhielten war die Lokalrezidivrate 14,8 % für die Gesamtheit und 8 % bei R0-resezierten Patienten.

In der Summe gibt die Arbeit einen interessanten Einblick in die Problematik des tiefsitzenden Rektumkarzinoms und dessen häufig schlechter Prognose hinsichtlich der Lokalrezidivrate. Problematisch an der Arbeit ist ihr rein beschreibender Charakter, d. h. es wurden beispielsweise auch primär metastasierte Patienten mit eingeschlossen, die natürlich eine komplett andere Prognose und einen anderen Verlauf haben. Im Vergleich zur üblichen Therapie und zum Management des Rektumkarzinoms treten keine neuen Aspekte hinzu, jedoch bestätigt sich die insgesamt höherer Lokalrezidivrate dieser Entität der tiefsitzenden Karzinome bei der radikalen Operation und die Tatsache, dass Watch-and-wait eine Option bei pCR auch für das tiefsitzende Karzinom darstellt.