Liebe Leserinnen und Leser,

wir freuen uns, Ihnen mit diesem Heft die zehnte Ausgabe der ZEMO präsentieren zu dürfen. Unsere Zeitschrift existiert nun seit fünf Jahren und wir möchten diese Gelegenheit nutzen, um uns bei allen Autorinnen und Autoren, Gutachterinnen und Gutachtern sowie den Beiratsmitgliedern für die große Unterstützung in dieser Zeit zu bedanken.

Das vorliegende Heft bietet eine große Vielfalt an Themen, beginnend bei den Fachaufsätzen mit einem Beitrag von Hannes Gustav Melichar (Heidelberg), der das Phänomen des Vertrauens auf seine ethischen Implikationen hin untersucht. Im Unterschied zu Vertrauenskonzepten, die gerade in der aktuellen KI-Ethik diskutiert werden und meist auf Aspekte der Verlässlichkeit reduziert werden, ist Vertrauen für Melichar als affektive Haltung zu verstehen, in der das autonome Zielstreben anderer Wesen als für die eigenen Ziele relevant und zuträglich erachtet wird.

Jasper Lohmar (Hamburg) wendet sich in seinem Beitrag zu Kants Ethik dem Problem der unzureichenden Erklärung und dessen Begründung zu, wie Handlungstypen bei der Maximenbildung individuiert werden. Infolgedessen versucht Lohmar den Kantischen Ansatz zu modifizieren und schlägt vor, dass die Universalisierungsformel des Kategorischen Imperatives nicht nur über aktuale, sondern über alle möglichen Maximen quantifizieren müsse.

Christopher A. Bobier (Minnesota) setzt sich in seinem Aufsatz mit der Frage auseinander, ob es moralisch riskant ist, Tiere angesichts dessen zu essen, dass viele Personen ihnen einen moralischen Status zuschreiben. Er konfrontiert hierbei dieses von ihm so bezeichnete Vorsichtsargument kritisch mit verschiedenen Voraussetzungen, die man über eine richtige Art der Ernährung machen kann.

Rainer Ebert (Montreal) geht in seinem Aufsatz diversen Begründungsproblemen bei der Bestimmung des moralischen Status von Personen nach und plädiert dafür, dass der Kreis derjenigen, den dieser Status zugesprochen werden kann, erweitert werden müsste, wenn man die Statuszuschreibung ausschließlich an das Vorhandensein phänomenalen Bewusstseins koppelt.

Sebastian Knell (Bonn) plädiert dafür, dass ein handhabbares Verständnis des Begriffs der KI ein Instrumentalisierungsverbot bei KI-Systemen zur Folge hätte, was jedoch kontraintuitiv erscheint. Andererseits sehen sich in Erwiderung darauf verfasste Präzisierungsversuche dieser Form von Würde mit ernsthaften Einwänden konfrontiert, und auch die Vorstellung einer kollektiven, vernunftbasierten Würde der menschlichen Gattung droht dadurch ihre Grundlage zu verlieren.

Der Reigen wird geschlossen mit einer Rezension von Martin Hähnel (Bremen), die sich dem aktualisierten Metzler-Handbuch zur Technikethik widmet. Katharina Nieswandt (Montreal) rezensiert schließlich ein wissenschaftliches Sachbuch zur von zahlreichen weiblichen Persönlichkeiten (u. a. Elisabeth Anscombe, Philippa Foot, Iris Murdoch) geprägten akademischen Nachkriegsphilosophie in England.

Am Ende sei noch ein kleiner Ausblick gestattet: für die nächsten Ausgaben sind mehrere Schwerpunkte, u. a. zum Paternalismus, zur Supererogationstheorie und zur Klimaethik geplant. Natürlich bleiben wir darüber hinaus unserer Linie treu, die Vielfalt moralphilosophischer Themen und Zugänge abzubilden, die unser Fach so spannend und inspirierend macht.

Wir wünschen viel Vergnügen bei der Lektüre!

Ihr ZEMO-Team