Liebe Kolleg★innen!

Fällt Ihnen auf, dass ich diesmal meine persönliche Anrede an Sie geändert habe? „Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen“ ist nicht mehr zeitgemäß. Es gibt auch ein Dazwischen. Sosehr ich froh bin, nicht dem amerikanischen Sprachgebrauch folgen zu müssen, wo Menschen in „mentruators“ und „non-menstruators“ oder „ejaculators“ und „non-ejaculators“ unterteilt werden, finde ich das kleine ★ als Respektsymbol und Anerkennungszeichen gut.

Die neue Generation versucht zumindest, Bewusstsein zu schaffen, dass es mehr gibt als eindeutig zuordenbar. Sie kümmert sich um den Menschen als Individuum. So wie wir es in unseren Praxen mit unseren Patient★innen auch machen. Ein wahrhaft lobenswertes Bestreben. Und das in einer Zeit, in der wir immer noch eine monetäre Gender-Gap haben, eine Orgasm-Gap bezüglich unseres Sexuallebens klafft und auch die konventionelle Medizin noch weit weg von geschlechtsspezifisch ist. Sind diese Bestrebungen der neuen Generation verfrüht oder haben nur wir umso mehr Probleme mit deren Voranpreschen, nachdem wir noch immer an Alice Schwarzer knabbern und die Gleichstellung von lediglich zwei Geschlechtern in unserer Gesellschaft schon als schwierig genug empfinden?

Die Jugend scheint hiermit wenig Probleme zu haben, LGBTQ+ ist in aller Munde und wird respektiert. Wir als TCM-Ärzt★innen, haben statt der Regenbogenflagge

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unser Taiji-Zeichen

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, die Monade (oder laienhaft: Yin-Yang-Symbol). Wir sind diejenigen, die tagtäglich mit fließenden Übergängen von Yin ins Yang und zurück arbeiten. Wir wissen, dass in jedem Yang auch Yin steckt und umgekehrt und dass das eine nicht ohne das andere existieren kann.

Unsere Medizin, die wir tagtäglich praktizieren, ist so gesehen der Innbegriff von Gender-fluid (dem fließenden Übergang der Geschlechter) und schon seit Jahrtausenden auf alle Menschen gelichermaßen abzielend. Spannend, wie so eine lange Tradition perfekt ein System erklärt, dass uns so neu erscheint. Seien wir stolz darauf und versuchen wir stets, weiterhin etwas über den Tellerrand zu schauen!

Mit herzlichen Grüßen in allen Farben des Regenbogens,

O. Pojer