Zusammenfassung
Dieser Artikel der Zeitschrift für Psychodrama und Soziometrie (ZPS) zielt darauf ab einige Problemlagen von Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen waren, zu beschreiben. Dabei wird auf vorherrschende Rollen und Themen (Sicherheit, die Angst, etwas falsch zu machen und der Umgang mit Schuld und Schuldgefühlen) in diesem Kontext eingegangen. Des Weiteren wird die mangelnde Mentalisierungsfähigkeit (Trennung von „in echt“ versus „als ob“) sowie der Umgang mit Trauer behandelt. Im Anschluss daran werden einige Behandlungsansätze anhand eines Fallbeispiels vorgestellt. Der Fokus liegt hierbei auf dem Einsatz der Psychodramatechniken Spiegeln und Doppeln.
Abstract
This article in the Zeitschrift für Psychodrama und Soziometrie (ZPS) aims to outline some problems and dilemmas experienced by women who have been affected by domestic violence. Prevailing roles and themes (safety, the fear of doing something wrong and dealing with responsibility and the feeling of guilt) are elaborated on. Furthermore, deficient capacity for mentalization (the differentiation between “for real” versus “as if”) as well as the handling of grief will be illustrated. This will be followed by the presentation of several approaches to treatment as illustrated by a case example. The focus herein will be on the application of the psychodramatic techniques of mirroring and doubling.
Notes
Ich verwende in diesem Artikel in bestimmten Fällen bewusst nur die weibliche oder die männliche Form, da es um häusliche Gewalt geht, die von Männern in heterosexuellen Partnerschaften an Frauen verübt wird. Da diese auch gesellschaftspolitische Ursachen und eine eigene Psychodynamik hat, lässt sie sich auch nicht uneingeschränkt auf andere Formen von Gewalt (z. B. der Gewalt, die von Frauen an Männern verübt wird) übertragen.
Im Original „patriarchal terrorism“ (Johnson 1995, S. 184).
Moreno (2001, S. 105) definiert Rolle „als die funktionale Form, die der Mensch in dem spezifischen Moment annimmt, in dem er auf eine spezifische Form reagiert, an der Personen oder Dinge beteiligt sind. (…) Jede Rolle hat zwei Seiten, eine persönliche und eine kollektive Seite“. Das Selbst entsteht aus Rollenclustern, diese sind miteinander verbundene Rollen (Moreno und Moreno 1946, zitiert nach Petzold und Mathias 1982, S. 347). Die Autorin verwendet in diesem Beitrag von hier an nur noch den Begriff der Rolle, auch wenn es sich manchmal um miteinander verbundene Rollen, also Rollencluster handelt.
Es handelt sich hierbei um prototypische Gefühle und Rollen, die der Verdeutlichung dienen, jedoch weder immer in dieser Weise vorkommen noch eine vollständige Aufzählung darstellen.
Unter Begegnungsbühne wird die Arbeit an der Beziehung zwischen Therapeut bzw. Therapeutin und Klient bzw. Klientin verstanden (Schacht und Pruckner 2010, S. 239).
Moreno (1959, zitiert nach Hutter und Schwehm 2009, S. 194) hat den Rollentausch in folgendem Zitat verdeutlicht: „Und bist du bei mir, so will ich dir die Augen aus den Höhlen reißen, und an Stelle der meinen setzen, und du wirst die meinen ausbrechen und an Stelle der deinen setzen, dann will ich dich mit den deinen und du wirst mich mit meinen Augen anschauen“.
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Eisterer, A. Häusliche Gewalt – ein psychodramatischer Ansatz. Z Psychodrama Soziom 18, 109–122 (2019). https://doi.org/10.1007/s11620-019-00477-5
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