1 Einleitung

Die höhere Berufsbildung ermöglicht in Deutschland einen Weg in gehobene Fach- und Führungspositionen. Während die Verwertungschancen akademischer Abschlüsse vielfach untersucht wurden, waren höherqualifizierende berufliche Abschlüsse, wie beispielsweise MeisterFootnote 1, Techniker, Betriebs- oder Fachwirt, weitaus seltener im Fokus der Forschung. Dies hat sich mit der Hochschulreform und der Debatte um die Akademisierung der Arbeitswelt geändert. Denn mit Einführung der gestuften Abschlüsse Bachelor und Master im Zuge des Bologna-Prozesses ist eine neue Konkurrenzsituation entstanden, die durch eine Marginalisierung der höheren Berufsbildung zu verändernden Verwertungschancen dieser Abschlüsse führen könnte (Rauner 2012; Severing und Teichler 2013). Als Ursachen werden sowohl die Zunahme der Hochschulabsolventenquote an sichFootnote 2 als auch die veränderte Struktur der Hochschullandschaft aufgrund der zunehmenden Konvergenz von beruflichen und akademischen Bildungsgängen gesehen. Denn die im Vergleich zu traditionellen Fachhochschulabschlüssen kürzeren und auf Beschäftigungsfähigkeit hin abzielenden Bachelorabschlüsse sind den höheren Berufsbildungsabschlüssen im Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) formal gleichgestellt (DQR-Stufe 6). Vor dem Hintergrund der quantitativen und qualitativen Veränderungen im Hochschulsystem wurde in der Berufsbildungsforschung daher die These formuliert, dass Personen mit akademischer Qualifizierung in Konkurrenz zu Personen mit beruflicher Höherqualifizierung treten und diese von den für sie adäquaten Positionen verdrängen könnten (Drexel 2012; Krone 2013; Kuda et al. 2012). Damit stellt sich auch die Frage, ob sich die individuellen Erträge höherer Berufsbildungsabschlüsse verändert haben, seitdem die Absolventen mit Bachelorabschluss in den Arbeitsmarkt eingetreten sind.

Die Mehrzahl der Studien, die die Verdrängungsthese bisher untersucht haben, basiert auf der Analyse der Rekrutierungspraktiken von Betrieben. Im Ergebnis zeigte sich, dass die beiden Abschlüsse eher als komplementäre Qualifikationen zu sehen sind (Bott und Wünsche 2014; Dietzen et al. 2013) und die Betriebe keine signifikante Präferenz für Bewerber mit Bachelorabschluss haben, auch wenn die Abschlüsse im betrieblichen Aufstieg in Konkurrenz zueinanderstehen (Maier et al. 2020; Maier und Steeg 2019). Jedoch werden die Konkurrenzsituationen zwischen den Absolventen einer Aufstiegsfortbildung und akademisch Qualifizierten je nach Branche oder Beruf sehr unterschiedlich beschrieben, zum Teil auch mit widersprüchlichen Ergebnissen (Euler und Severing 2017; Flake et al. 2016a; Krone und Mill 2014; Mottweiler 2018; Werner et al. 2008).

Bisherige Studien, die die individuellen Arbeitsmarkterträge höherer beruflicher und akademischer Abschlüsse im Vergleich untersucht haben, beschränkten sich auf die neuen Bachelorabschlüsse (Christoph et al. 2017; Neugebauer und Weiss 2018; Spangenberg und Quast 2016) oder bezogen sich auf die Gesamtgruppe der Akademiker (Backes-Gellner und Geel 2014; Flake et al. 2016a; Friedrich und Horn 2018). Die Frage, ob sich die Erträge einer höheren Berufsbildung im Vergleich zu einer Berufsausbildung nach Bologna verschlechtert haben, wurde bisher nur in der Analyse von Hall (2016) untersucht. Diese Studie, die für die Abschlusskohorte 2006–2011 keine sinkenden Bildungserträge aufzeigen konnte, deckt allerdings nicht die Zeit bis Ende der 2010er-Jahre ab und betrachtet lediglich die Gesamtgruppe der beruflich Höherqualifizierten, ohne nach dem Berufsfeld der Fortbildung zu differenzieren. Konkurrenzsituationen zwischen Personen mit höherer beruflicher und akademischer Bildung sollten jedoch in erster Linie in jenen Bereichen entstehen, wo die beiden unterschiedlichen Abschlussarten in vergleichbare Tätigkeiten führen, wie im technischen und kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Bereich (z. B. Betriebswirte) und weniger im Bereich des Handwerks oder im Bereich der Meisterfortbildungen.

Ergebnisse aus der berufsbezogenen Forschung deuten an, dass eine beruflich differenzierte Analyse der Verwertungschancen der höheren Berufsbildung neue Erkenntnisse bringen könnte. Studien zu den Einkommensunterschieden zwischen beruflichen und akademischen Abschlüssen verweisen nämlich nicht nur auf Unterschiede zwischen technischen und kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Berufen (Flake et al. 2016a; Neugebauer und Weiss 2018; Pfister et al. 2017; Werner et al. 2008), sondern insbesondere auch auf unterschiedliche Folgen der Bildungsexpansion für die beruflichen Erträge in spezifischen, technischen und allgemeinen Berufsfeldern (Alda et al. 2020; Ortiz und Rodriguez-Menés 2016). Bisher ist jedoch noch nicht untersucht worden, ob es im Zuge der Bologna-Reform zu veränderten beruflichen Verwertungschancen in bestimmten Berufsfeldern der höheren Berufsbildung gekommen ist. Der vorliegende Beitrag zielt nun darauf, diese Forschungslücke zu schließen und untersucht getrennt für technische und kaufmännisch-wirtschaftswissenschaftliche Fortbildungsabschlüsse, ob sich die monetären und nichtmonetären Erträge seit Bologna verändert haben, und zwar (1) im Vergleich zu dual Ausgebildeten ohne berufliche Höherqualifizierung und (2) gegenüber akademischen Abschlüssen (Bachelor- oder Diplom-FH-Abschlüsse). Beide Vergleiche sind von bildungspolitischer Relevanz. Sinken die Chancen für einen Aufstieg durch eine berufliche Höherqualifizierung, z. B. wenn gehobene Fach- oder Führungspositionen zunehmend von Akademikern besetzt werden, dann ginge dies mit einem hohen Attraktivitätsverlust für das duale System einher. Ebenso kann ein zunehmender Abstand in den Bildungserträgen im Vergleich zu formal gleichwertigen akademischen Abschlüssen die Attraktivität der Berufsbildung beeinflussen. Die Frage nach den Verwertungschancen einer höheren Berufsbildung umfassend zu klären, leistet somit auch einen Beitrag zur Debatte um die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung.

Die Analysen basieren auf den BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragungen 2018 und 2006 (kurz ETB), die aufgrund der Klassifizierung der erlernten Berufe nach der KldB 2010 eine berufliche Differenzierung der Abschlüsse erlauben.Footnote 3 Der „Bologna-Effekt“ (im Sinne einer quantitativen und qualitativen Veränderung akademischer Abschlüsse) wird im Rahmen eines Difference-in-Difference-Ansatzes modelliert und auf Basis von Regressionsanalysen mit Interaktionstermen geschätzt. Verglichen werden die Kohorten 2006–2017 (ETB 2018) und 1994–2005 (ETB 2006) jeweils (maximal) 12 Jahre nach Abschluss. Um berufliche Verwertungschancen abzubilden, werden Veränderungen in den Lohnprämien und in den Wahrscheinlichkeiten für eine hoch qualifizierte und damit ausbildungsadäquate Tätigkeit untersucht.

Der Beitrag ist wie folgt aufgebaut: In Abschn. 2 werden zunächst institutionelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten höherer beruflicher und akademischer Abschlüsse aufgezeigt. Abschnitt 3 stellt empirische Befunde und theoretische Ansätze vor, aus denen prüfbare Hypothesen abgeleitet werden. In Abschn. 4 werden die Datenbasis, die Variablen und die Methoden als Grundlage für die empirischen Analysen in Abschn. 5 beschrieben. Abschnitt 6 schließt mit einer Zusammenfassung und einem Fazit.

2 Zur Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung

Die zum tertiären Bildungsbereich zählende höher qualifizierende oder höhere BerufsbildungFootnote 4 (die sogenannte Aufstiegsfortbildung) wird in der Regel nach einer dualen Berufsausbildung und/oder mehrjähriger Berufstätigkeit abgelegt. Das Verfahren zur Entwicklung einer Fortbildungsordnung wird dabei von Arbeitgebern und Gewerkschaften initiiert und orientiert sich am Bedarf der Wirtschaft (BIBB 2017). Fortbildungen nach Berufsbildungsgesetz/Handwerksordnung (BBiG/HwO) (hierzu zählen auch Meisterprüfungen) sind bundeseinheitlich (§ 53 BBiG bzw. § 42 HwO) oder durch die Kammern (§ 54 BBiG bzw. § 42a HwO) geregelt. Rund jeder zweite BBiG/HwO-Abschluss qualifizierte 2018 für einen kaufmännischen Fortbildungsberuf und rund 40 % waren Meisterprüfungen (darunter rund die Hälfte Handwerksmeister). Daneben gibt es auch landesrechtlich geregelte Fortbildungen (z. B. staatlich geprüfter Techniker), die in Fachschulen angeboten werden (Friedrich 2019). Die Mehrzahl der Absolventen einer Aufstiegsfortbildung qualifizieren sich somit für einen kaufmännischen oder technischen Beruf.

Auf der akademischen Ebene waren vor Bologna eher anwendungsbezogene Ausbildungen an Fachhochschulen von eher wissenschaftsbezogenen Ausbildungen an Universitäten zu unterscheiden, wobei Fachhochschulen geringere Zulassungsvoraussetzungen (Fachhochschulreife) aufwiesen als Universitäten. Im Zuge des Bologna-Prozesses (1999) wurden gestufte Bachelor- und Masterstudiengänge eingeführt, die jeweils an Fachhochschulen und Universitäten angeboten werden. Der Bachelorabschluss als berufsqualifizierender Regelabschluss kann bereits nach einer Regelstudienzeit von drei Jahren erworben werden und zielt stärker auf Beschäftigungsfähigkeit am Arbeitsmarkt hin ab. Der darauf aufbauende Master (Regelstudienzeit 1–2 Jahre) soll der wissenschaftlichen Weiterqualifikation dienen.Footnote 5 Hinsichtlich der Wertigkeit der neuen Bachelor- und Masterabschlüsse und der traditionellen Abschlüsse Diplom/Magister gilt nach Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK 2010, S. 8): (1) „Bachelorabschlüsse verleihen grundsätzlich dieselben Berechtigungen wie Diplomabschlüsse an Fachhochschulen“ und (2) „Masterabschlüsse verleihen dieselben Berechtigungen wie Diplom- und Magisterabschlüsse an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen“.

In der internationalen Bildungsklassifikation ISCED 2011 sind die Abschlüsse der höheren Berufsbildung mehrheitlich auf ISCED-Niveau 6 eingeordnet (ISCED 65), vergleichbar zu den Bachelor- und traditionellen Diplomfachhochschulabschlüssen, die gleichwertig auf der ISCED-Stufe 64 eingeordnet werden.Footnote 6 Auch im Ansehen der Abschlüsse zeigen sich zwischen Fortbildungsabschlüssen, Bachelorabschlüssen und traditionellen Fachhochschulabschlüssen keine signifikanten Unterschiede (Krüger et al. 2020). Eine unterschiedliche Wertigkeit der neuen und alten akademischen Abschlüsse ist hingegen aus der Zuordnung in der Klassifikation der Berufe 2010 (KldB 2010) abzuleiten. Dort werden höhere Berufsbildungsabschlüsse zusammen mit Bachelorabschlüssen auf Stufe 3 „komplexe Spezialistentätigkeiten“ eingeordnet, mindestens 4‑jährige Hochschulabschlüsse (auch FH-Abschlüsse) hingegen auf Niveau 4 „hochkomplexe Tätigkeiten“ (vgl. Paulus et al. 2011). Abbildung 1 stellt die verschiedenen Abschlüsse des Tertiärsystems und deren Einordnung in die ISCED 2011 schematisch dar.

Abb. 1
figure 1

Vereinfachte Darstellung des tertiären Bildungssystems vor und nach Bologna. * und vergleichbare Abschlüsse, grau hinterlegt Abschlüsse auf ISCED-Niveau 6 (zur vollständigen Zuordnung nationaler Bildungsabschlüsse zur ISCED 2011 siehe Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2019, S. 122 f.)

3 Theoretische Mechanismen und empirische Befunde

3.1 Erträge höherer Berufsbildung vor und nach Bologna

Nach der Humankapitaltheorie (Becker 1975) steigt mit der Höhe des Humankapitals die Produktivität von Arbeitskräften und damit das Einkommen. In den meisten Studien werden Bildungsrenditen im Bereich zwischen 7 und 10 % pro Bildungsjahr ermittelt (Anger et al. 2010; Anger und Geis 2017, S. 47). Ob das Einkommen mit zunehmender Bildung steigt, weil damit die Produktivität einer Person steigt, oder ob Bildung nur ein Signal für das Fähigkeitsniveau einer Person ist, wurde von Dill und Hammen (2011) untersucht. Sie zeigten, dass in Bezug auf tertiäre Bildungsabschlüsse eher Signaleffekte dominieren. Dem Signaling-Ansatz (Spence 1973) zufolge sind Arbeitgeber bei der Rekrutierung von Arbeitskräften mit Unsicherheit über deren wahre Produktivität und Leistungsbereitschaft konfrontiert. Sie verwenden daher bei der Rekrutierung leicht beobachtbare und zuverlässige Indikatoren wie den Bildungsabschluss (Spence 1973, S. 356). Berufliche und akademische Abschlüsse könnten der Theorie zufolge auch bei gleicher Bildungsdauer mit einem unterschiedlichen Signalwert verbunden sein. Auch im Job-Competition-Modell (Thurow 1975) spielt Bildung eine wichtige Rolle, insofern Arbeitgeber Bewerber nach ihren zu erwartenden Einarbeitungskosten und der zukünftigen Produktivität in eine Rangfolge einsortieren. Je besser qualifiziert eine Person ist, desto geringer sind ihre Einarbeitungskosten und desto weiter vorn in der Arbeitskräfteschlange ist ihre Position (Spence 1973, S. 75 f.). Bildung hat der Theorie zufolge auf dem Arbeitsmarkt keinen absoluten, sondern als positionales Gut einen relativen Wert (Hirsch 1977). Die Position in der Arbeitskräfteschlange hängt daher davon ab, welche Abschlüsse die Mitbewerber aufweisen.

Die auf der Humankapitaltheorie, der Signaling-Theorie und dem Job-Competition-Modell basierende Verdrängungsthese (Solga 2005, S. 102 ff.; Schiener 2006, S. 27 ff.; Blossfeld 1983) besagt nun, dass durch ein die Nachfrage übersteigendes Angebot an hoch qualifizierten Arbeitskräften ein Verdrängungswettbewerb von oben nach unten in Gang gesetzt wird, bei dem es auch zu einer verstärkten Selektion seitens der Betriebe kommen kann. Zum einen könnten Bachelorabsolventen die typischerweise von Fortbildungsabsolventinnen ausgeübten Positionen einnehmen und diese von ihren angestammten Arbeitsplätzen auf niedrigere und geringer bezahlte Positionen verdrängen. Zum anderen könnten sich durch das höhere Akademikerangebot auch vormals mögliche Karrierewege von beruflich Qualifizierten nach oben verringern (vgl. Solga 2005, S. 103). Drexel (2012) beschreibt das Szenario, dass Betriebe ihre Rekrutierungspolitik an das erhöhte Akademikerangebot anpassen, indem sie höherwertige, wissensbasierte Aufgaben zu Positionen für Akademiker neu bündeln und quasi auf sie zuschneiden. Die verbleibenden Aufgaben würden dann zu einfacheren mittleren Positionen neu zusammengefasst werden oder auf der Facharbeiterebene angesiedelt sein, mit der Folge, dass Positionen für Personen mit Aufstiegsfortbildung verloren gehen (Drexel 2012, S. 38). Eine Entwertung höherer beruflicher Bildungsabschlüsse könnte die Folge sein. Hypothese 1a lautet daher:

H1a

Für Erwerbstätige mit höherer Berufsbildung hat sich die Lohnprämie und die Wahrscheinlichkeit für eine hoch qualifizierte Tätigkeit nach der Bologna-Reform verringert (Verdrängungshypothese).

Ob ein solcher Verdrängungswettbewerb zuungunsten beruflich Qualifizierter tatsächlich in Gang gesetzt wird, hängt entscheidend davon ab, in welchem Maße höhere Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt werden oder inwieweit der Arbeitsmarkt das höhere Angebot an Hochqualifizierten aufnimmt. Eine zunehmende Nachfrage nach hoch qualifizierten Arbeitskräften aufgrund technologisch bedingter Veränderungen kann aus dem Skill-biased-technological-change(SBTC)-Ansatz (Acemoglu 2002; Antonczyk et al. 2011) und dem „Task-Based-Approach“ (Autor et al. 2003; Acemoglu und Autor 2011) abgeleitet werden. Ein erhöhtes Angebot an Hochqualifizierten kann zudem eine erhöhte Nachfrage induzieren, sodass sich die Beschäftigungsstruktur am Arbeitsmarkt nachträglich anpasst (Stock 2017; Gangl 2002; Thomä 2019). Empirisch zeigt sich im Zeitverlauf eine klare Aufwertung der Berufsstruktur in Deutschland. Tätigkeiten, für die in der Regel ein Hochschulabschluss erforderlich ist, sowie anspruchsvolle kognitive Nichtroutinetätigkeiten haben im Zeitverlauf stark an Bedeutung gewonnen (Brenke 2019; Rohrbach-Schmidt und Tiemann 2016; Oesch 2015).Footnote 7 In der Entwicklung bis 2010 zeigten sich für Akademiker in Deutschland auch keine sinkenden Lohnprämien (Alda et al. 2020; Gebel und Pfeiffer 2010; Klös und Plünnecke 2013), für junge Erwerbstätige waren sie sogar steigend (Reinhold und Thomsen 2017). Eine Entwertung höherer beruflicher Bildungsabschlüsse ist aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach hoch qualifizierten Arbeitskräften daher nicht zu erwarten. Somit lautet Hypothese 1b:

H1b

Für Erwerbstätige mit höherer Berufsbildung haben sich die Lohnprämie und die Wahrscheinlichkeit für eine hoch qualifizierte Tätigkeit nach der Bologna-Reform nicht verringert (Absorptionshypothese).

3.2 Berufsfeldspezifische Effekte

Bisherige Studien zeigen, dass das Prinzip der Arbeitskräfteschlange nicht in allen Ländern und Arbeitsmarktsegmenten gleichermaßen anwendbar ist (Haupt 2012; van de Werfhorst 2011). Bildung wirkt als positionales Gut eher in schwach entwickelten beruflichen Bildungssystemen. In Deutschland hingegen sind das Bildungs- und Beschäftigungssystem eng miteinander verknüpft (Blossfeld und Mayer 1988; Konietzka 1999) und Arbeitgeber orientieren sich an spezifischen Fähigkeiten oder formalen Bildungsabschlüssen (Di Stasio et al. 2016). Auf solchen berufsfachlichen Arbeitsmärkten werden bestimmte Qualifikationsnachweise vorausgesetzt, die gleichzeitig als Mechanismus der Schließung gegenüber Arbeitskräften ohne entsprechend zertifizierte Qualifikationen dienen (Sengenberger 1987; Bol und Weeden 2015). Die Frage der Einarbeitungsfähigkeit und der damit verbundenen Kosten stellt sich nach Haupt (2012, S. 732 f.) auf berufsfachlichen Arbeitsmärkten erst gar nicht, da für den Arbeitgeber mit dem standardisierten beruflichen Qualifikationsprofil alle notwendigen Informationen sichtbar sind. Die Bedeutung von Bildungsabschlüssen als Schließungsmechanismus steigt aber auch innerhalb von Ländern mit der Stärke der Verknüpfung von beruflichen Abschlüssen und beruflichen Positionen (Alda et al. 2020; DiPrete et al. 2017; Forster und Bol 2018; Haupt 2012). Die institutionelle Schließung auf berufsfachlichen Arbeitsmärkten ist nach Sengenberger (1987, S. 141) umso umfassender, je stärker der fachliche Markt von Konkurrenz abgeschirmt ist. Substitutionsmöglichkeiten im Arbeitskräfteeinsatz – eine Voraussetzung für Konkurrenz – führen zu offenen berufsfachlichen Märkten (Sengenberger 1987, S. 127). Berufsfachliche Märkte sind hingegen geschlossen, wenn bei der Rekrutierung der Arbeitnehmer Erwerbssuchende aufgrund ihrer Berufszugehörigkeit favorisiert werden, beispielsweise Handwerksberufe, Ärzte und Lehrer (Haupt 2012, S. 733). Mit der Geschlossenheit von Berufen korrespondiert auf der Angebotsseite ein unterschiedlicher Signalwert von Bildung. Es wird entsprechend argumentiert, dass spezifische Ausbildungen geringere betriebliche Einarbeitungskosten signalisieren und daher einen höheren Signalwert am Arbeitsmarkt haben (Klein 2011; Bol und van de Werfhorst 2011).

Der Argumentation folgend könnte sich ein erhöhtes Angebot an Akademikern je nach Fachrichtung und der damit verbundenen Spezifität der beruflichen Abschlüsse unterschiedlich auf die Verwertungschancen einer höheren Berufsbildung auswirken. Ortiz und Rodriguez-Menés (2016) untersuchten die Effekte der Bildungsexpansion für den spanischen Arbeitsmarkt und zeigten deutliche Unterschiede zwischen unterschiedlichen Fachrichtungen auf. In allgemeinen Berufsfeldern (z. B. Geistes‑, Sozialwissenschaften, Dienstleistungskaufleute, Organisations‑, Verwaltungs‑, Büroberufe) hatten Veränderungen im relativen Wert von Bildung durch die Bildungsexpansion einen größeren Effekt als in spezifischen (z. B. technische, naturwissenschaftliche Berufe, Informatik) Berufsfeldern (Ortiz und Rodriguez-Menés 2016, S. 227). Die Autoren sahen dies als Beleg für die These, dass „… technical fields of education transmit a clearer signal of workers’ skills to employers“ (Ortiz und Rodriguez-Menés 2016, S. 216). Die These berufsfeldspezifischer Effekte der Bildungsexpansion wurde auch anhand eines deutschen Samples auf ausgeübte Berufe bezogen untersucht (Alda et al. 2020). Die Autoren belegten sinkende Bildungserträge bis 2010 für Personen mit mittlerem beruflichem Bildungsabschluss in allgemeinen Berufstätigkeiten, nicht aber für technische Erwerbsberufe. Technische Qualifizierungen scheinen durch die höhere Spezifität und Geschlossenheit stärker vor einer Entwertung durch die Bildungsexpansion zu schützen als kaufmännisch-wirtschaftswissenschaftliche Abschlüsse.

Berufsfeldspezifische Vergleiche zwischen Fortbildungs- und Hochschulabsolventen weisen ebenfalls auf ein höheres Konkurrenz- und Substitutionspotenzial in kaufmännischen Berufen im Vergleich zu technischen Berufen hin. In der Literatur finden sich Hinweise auf ein höheres Angebot an mehr fachlich affinen und damit konkurrierenden Studienangeboten im kaufmännischen Bereich (Euler und Severing 2017, S. 37 ff.), eine offenere Konkurrenzsituation (Krone und Mill 2014, S. 57), eine höhere Ähnlichkeit der ausgeübten Tätigkeiten (Flake et al. 2016b) sowie geringere Einkommensdifferenzen (Flake et al. 2016a; Neugebauer und Weiss 2018; Pfister et al. 2017; Werner et al. 2008).Footnote 8 Darüber hinaus unterscheiden sich die Berufsfelder auch in der Nachfrage nach bestimmten beruflichen Fähigkeiten. Ein die Nachfrage übersteigendes Angebot an hoch qualifizierten Fachkräften ist für Berufe in Unternehmensführung und -organisation zu beobachten, wohingegen für Mechatronik‑, Energie- und Elektroberufe und Berufe der technischen Forschung und Entwicklung die Bilanzierung von Angebot und Nachfrage eher ausgeglichen ist (Maier et al. 2018). Aufgrund der unterschiedlichen Spezifität und Geschlossenheit der Berufe sowie der unterschiedlichen Nachfrage am Arbeitsmarkt sind daher unterschiedliche Entwicklungen in den Berufsfeldern zu erwarten:

H2a

Für Erwerbstätige mit technischer Fortbildung sollten sich die Lohnprämie und die Wahrscheinlichkeit für eine hoch qualifizierte Tätigkeit nach der Bologna-Reform nicht verändert haben.

H2b

Für Erwerbstätige mit kaufmännischer Fortbildung sollten die Bildungserträge geringer geworden sein.

3.3 Höhere Berufsbildung vs. akademische Bildung vor und nach Bologna

Für die Frage der Wertigkeit höherer beruflicher Abschlüsse ist auch relevant, wie sich deren Erträge zu den Erträgen einer formal gleichwertigen Hochschulbildung (ISCED 6) verhalten. Dieses Verhältnis hängt entscheidend davon ab, wie sich Akademiker mit Bachelorabschluss am Arbeitsmarkt platzieren konnten. Bisherige Studien zeigten auf Basis von Absolventenstudien, dass Bachelorabsolventen im Vergleich zu Personen mit Masterabschluss oder Diplom- oder Magisterabschluss häufiger unterwertig beschäftigt waren und geringere Einkommen erzielten (Briedis et al. 2016; Fabian et al. 2016; Grotheer 2019). Im Vergleich zu den traditionellen Diplomfachhochschulstudiengängen ist die Regelstudienzeit bei den neuen Bachelorstudiengängen mit meist 6 Semestern geringer (HRK 2018, S. 17; am Beispiel der Ingenieurwissenschaften vgl. Ludwig 2000).Footnote 9 Zudem könnte auch der Signalwert eines Bachelorabschlusses aufgrund der vielen neuen Abschlüsse geringer sein als bei den traditionellen FH-Diplomabschlüssen. Mit den neuen Bachelor- und Masterstudiengängen wurde zudem eine zusätzliche Selektionsschwelle eingeführt; insbesondere Bachelorabsolventen aus weniger privilegierten Elternhäusern verzichteten auf ein Masterstudium, wobei ein nennenswerter Anteil der Herkunftsdifferenz über Leistungsunterschiede zu erklären ist (Lörz et al. 2015). Möglich wäre daher, dass sich die Bildungserträge für akademisch Qualifizierte auf ISCED-Niveau 6 nach Bologna verringert haben.

H3a

Unter Annahme der Gültigkeit der Absorptionshypothese wird daher vermutet, dass sich die Einkommen und Positionen von Erwerbstätigen mit höherer Berufsbildung nach der Bologna-Reform in geringerem Maße von formal gleichwertigen akademischen Abschlüssen unterscheiden als vor Bologna.

Annahmen darüber, ob sich die Bildungserträge höherer beruflicher und formal gleichwertiger akademischer Abschlüsse nach Bologna noch statistisch signifikant unterscheiden, sind allerdings nicht eindeutig ableitbar (vgl. Backes-Gellner und Geel 2014; Neugebauer und Weiss 2018). Beruflich Qualifizierte bringen zwar mehr Berufserfahrung mit bei gleichzeitiger Senkung der Einarbeitungskosten für einen potenziellen Arbeitgeber durch die hohe Standardisierung der Fortbildungsabschlüsse. Eine akademische Qualifizierung signalisiert hingegen höhere kognitive Kompetenzen, um Neues zu lernen. Dies könnte von Arbeitgebern höher bewertet werden, da dem typischerweise an Hochschulen vermittelten theoretisch-systematischen Wissen zukünftig eine zunehmend größere Bedeutung zugeschrieben wird, wohingegen das (handlungsorientierte) Erfahrungswissen eher an Bedeutung zu verlieren scheint (Baethge et al. 2007). Akademische Bildung kann auch zum Vorteil werden, unabhängig von der damit verbundenen Produktivität, wenn Arbeitgeber akademische Bildungszertifikate generell höher bewerten (Neugebauer und Weiss 2018, S. 7). In den Analysen von Neugebauer und Weiss (2018) bestätigt sich deren Annahme von höheren Löhnen mit Bachelorabschluss im Vergleich zu höheren Berufsbildungsabschlüssen.Footnote 10

H3b

Es ist auch bei einer geringer werdenden Differenz in den Bildungserträgen zu erwarten, dass beruflich Höherqualifizierte nach Bologna geringere Einkommen erzielen als akademisch Qualifizierte.

4 Daten und Methodik

4.1 Daten und Operationalisierungen

Der Artikel nutzt die Daten der zum Thema Verwertung beruflicher Qualifikationen konzipierten BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragungen (ETB) 2006 und 2018 (Rohrbach-Schmidt und Hall 2013, 2020).Footnote 11 Zu deren Grundgesamtheit zählen Erwerbstätige ab 15 Jahren (ohne Auszubildende), die einer bezahlten Tätigkeit von regelmäßig mindestens 10 h pro Woche nachgehen. Die Daten über jeweils rund 20.000 Erwerbstätige wurden über computergestützte telefonische Interviews (CATI) zum Jahreswechsel 2005/2006 (ETB 2006) bzw. 2017/2018 (ETB 2018) erhoben. Die Auswahl der Telefonnummern basierte jeweils auf einem mathematisch-statistischen Zufallsverfahren (Gabler-Häder-Verfahren). Der Datensatz eignet sich für die Analyse besonders gut, da sich höhere Berufsbildungsabschlüsse valide abgrenzen lassen und die erlernten Berufe von beruflich und akademisch Qualifizierten gleichermaßen nach der Klassifizierung der Berufe (KldB 2010) vercodet wurden. Aufgrund der relativ hohen Fallzahl konnten die Analysen für junge Abschlusskohorten durchgeführt werden. In die Analysen einbezogen wurden 6143 Erwerbstätige, die zwischen 1994 und 2005 (ETB 2006) und 2006 und 2017 (ETB 2018) eine duale oder tertiäre Ausbildung abgeschlossen haben.Footnote 12 Nach Ausschluss aller Fälle mit fehlenden Angaben auf mindestens einer der verwendeten Variablen (n = 272) oder unplausiblen Ausbildungsangaben (n = 42) verbleiben noch 5829 Fälle in der Stichprobe.

Monetäre Bildungserträge sind am Bruttoeinkommen gemessen, das robust ist gegenüber steuerlichen Regelungen wie dem Ehegattensplitting. Fehlende Einkommensangaben und Extremwerte wurden auf Basis eines MNAR-Ausfallmechanismus imputiert (zum Verfahren siehe Alda und Rohrbach-Schmidt 2011) und die Einkommenswerte wurden dann anhand des Verbraucherpreisindexes deflationiert.Footnote 13 Nichtmonetäre Bildungserträge werden an einer hoch qualifizierten Tätigkeit abgebildet, die als adäquat für Personen mit Tertiärabschluss anzusehen ist. Diese liegt vor, wenn zur Ausübung der Tätigkeit in der Regel ein Hochschul- oder Fortbildungsabschluss erforderlich ist.Footnote 14

Die zentrale unabhängige Variable unterscheidet drei Bildungsgruppen: Abschlüsse der höheren Berufsbildung (n = 1084) und akademische Abschlüsse auf ISCED-Niveau 6 (n = 1527) sowie Abschlüsse der dualen Berufsausbildung ohne berufliche Höherqualifizierung (n = 3218). Die höhere Berufsbildung (ISCED 65) umfasst die Fortbildungsabschlüsse Meister, Techniker, Betriebs‑, Fachwirt, Fachkaufmann und vergleichbare Fachschulabschlüsse. Akademische Abschlüsse (ISCED 64) umfassen traditionelle Diplom-FH-Studiengänge sowie Bachelorabschlüsse (an Universitäten und Fachhochschulen). Master- und vergleichbare Abschlüsse (ISCED-Niveau 7) wurden nicht einbezogen, da diese einem höheren Bildungsniveau zugeordnet sind. Im Falle von Mehrfachausbildungen auf der gleichen Ebene wurde der letzte Abschluss herangezogen. Die erlernten Berufe oder Fachrichtungen wurden basierend auf der KldB 2010 in technische Berufe, kaufmännisch/wirtschaftswissenschaftliche (Wiwi) Berufe und sonstige Berufe unterschieden (zu den zugeordneten Berufs(haupt)gruppen und dem Vorgehen siehe Tab. A1.1 im Online-Anhang).Footnote 15

Eine Dummyvariable bildet die Zeit vor und nach der Bologna-Reform ab. Sie nimmt den Wert 1 an, wenn der Ausbildungsabschluss zwischen den Jahren 2006 und 2017 (ETB 2018) lag und den Wert 0, wenn der Abschluss zwischen den Jahren 1994 und 2005 erfolgte (ETB 2006). Diese Grenze ist vertretbar, da es einige Zeit gedauert hat, bis die Bachelorabsolventen auf dem Arbeitsmarkt angekommen sind. Kontrollvariablen sind die Hochschulreife (Abitur) und das Geschlecht, da der Männeranteil unter Fortbildungsabsolventen höher und der Abiturientenanteil geringer ist als unter Bachelor- oder FH-Absolventen. Zudem werden das Alter, die Berufserfahrung und die Betriebszugehörigkeit (in Jahren)Footnote 16, eine selbstständige Tätigkeit, MehrfachausbildungFootnote 17 und als regionales Merkmal die Region des Arbeitsortes (Ost (einschl. Berlin)/West) berücksichtigt. In den Einkommensanalysen werden zudem sieben Arbeitszeitdummies kontrolliert. Die Operationalisierungen der Kontrollvariablen sind Tab. A1.2 im Online-Anhang zu entnehmen, Tab. A2 enthält die deskriptiven Verteilungen der Variablen im Sample.

4.2 Methoden und Analysestrategie

Um den Einfluss des Bologna-Prozesses auf die Verwertungschancen höherer beruflicher Abschlüsse zu analysieren, wurden Difference-in-Difference(DiD)-Modelle geschätzt (Wooldrige 2002, S. 128 ff.). Diese finden in der Literatur Anwendung, um für bestimmte Gruppen die Effekte (bildungs-)politischer Maßnahmen (sogenanntes Treatment) zu analysieren (z. B. Haupt 2012; Pfeifer 2016). Da Veränderungen auf einer interessierenden Variablen nach dem Treatment (hier Bologna-Reform) auch durch andere Faktoren verursacht sein können, ist eine Vergleichsgruppe (hier Berufsausbildung) heranzuziehen, die von der Maßnahme nicht betroffen ist.Footnote 18 Denn bei einer alleinigen Betrachtung der Gruppe der beruflich Höherqualifizierten beeinflussen auch generelle Trends wie beispielsweise die realen Einkommenssteigerungen seit Mitte der 2000er-Jahre (vgl. Statistisches Bundesamt 2019) die Entwicklung der Bildungserträge. Der DiD-Schätzer beschreibt somit die Differenz im Unterschied zwischen Treatment- und Kontrollgruppe (Beruflich Höherqualifizierte vs. Berufsausbildung oder in einer Erweiterung: Bachelor/Dipl.-FH vs. Berufsausbildung) vor und nach Einführung des Treatments (hier der Bologna-Reform). Der DiD-Schätzer für die höhere Berufsbildung kann vereinfacht formal wie folgt dargestellt werden (vgl. Tab. 1).

Tab. 1 Vereinfachte formale Darstellung des DiD-Schätzers

Der DiD-Ansatz beruht auf der Parallelitätsannahme, dass sich die beruflichen Verwertungschancen der Treatment- und Kontrollgruppe (hier höhere Berufsbildung und Berufsausbildung) ähnlich weiterentwickelt hätten, wenn die Bologna-Reform nicht stattgefunden hätte. Diese kontrafaktische Situation kann zwar empirisch nicht überprüft werden, die Entwicklung beispielsweise der Lohnprämien vor Bologna stützen jedoch diese Annahme.Footnote 19

Die DiD-Schätzung erfolgte mittels Regressionsschätzungen, die eine Kontrolle konfundierender Variablen erlauben („common-cause confounding bias“, Elwert und Winship 2014, S. 32). Zur Berechnung des Einkommens wurden OLS-Regressionen mit dem logarithmierten, inflationsbereinigten Bruttomonatslohn als abhängiger Variable unter Kontrolle von sieben Arbeitszeitdummies geschätzt.Footnote 20 Den Einkommensanalysen liegen erweiterte Mincer-Gleichungen (Bildung, Berufserfahrung (BE), BE2) zugrunde, allerdings mit einer Variablen für die Qualifikation anstatt der Bildungsjahre; in der Literatur wird dann meist von einer Lohnprämie gesprochen (Anger et al. 2010, S. 7). Zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit, eine hoch qualifizierte Tätigkeit auszuüben, wurden logistische Regressionsmodelle geschätzt.Footnote 21 Die Referenzgruppe sind jeweils Personen mit dualer Berufsausbildung ohne berufliche Höherqualifizierung. In den Modellen kann der Interaktionseffekt zwischen dem Bildungsabschluss und der Abschlusskohorte als Treatment-Effekt der Bologna-Reform auf die Verwertungschancen beruflich Höherqualifizierter interpretiert werden. Der Effekt beschreibt somit die Differenz in den Bildungserträgen vor und nach der Bologna-Reform und zeigt an, inwiefern die Entwicklung der Verwertungschancen bei Personen mit höherer Berufsbildung von der Entwicklung bei Personen mit Berufsausbildung abweicht. Der Haupteffekt für die Variable Abschlusskohorte beschreibt die zeitliche Veränderung für alle Bildungsgruppen. Um die Abhängigkeit der Beobachtungen innerhalb von Berufen zu berücksichtigen, wurden alle Modelle mit geclusterten Standardfehlern für die Berufsgruppen der Ausbildung (KldB2010-3steller) geschätzt.

Zur Prüfung der berufsbezogenen Hypothesen wurden die Analysen auch berufsbezogen für technische und kaufmännisch/wirtschaftswissenschaftliche Fachrichtungen durchgeführt. Beispielhafte Bildungsabschlüsse in den beiden Berufsfeldern sind Tab. 2 zu entnehmen.

Tab. 2 Beispielhafte Aus‑/Fortbildungen bzw. Studiengänge in den Berufsfeldern

5 Empirische Analysen

Tabelle 3 zeigt die Ergebnisse der logistischen Regressionen auf eine hohe berufliche Positionierung. Zur Prüfung der Hypothesen interessieren hier nicht in erster Linie die Niveauunterschiede zwischen den Bildungsgruppen, sondern die Veränderungen dieser Relationen über die Abschlusskohorten. Gilt die Verdrängungshypothese (H1a), dann sollte der entsprechende Interaktionseffekt (DiD-Schätzer) für Absolventen einer höheren Berufsbildung negativ sein, was gleichbedeutend wäre mit schlechter werdenden Chancen. Für Erwerbstätige mit höherer Berufsbildung (M1) ist jedoch keine statistisch signifikante Verschlechterung in der beruflichen Positionierung zu erkennen, weshalb die Absorptionshypothese (H1b) für die Gesamtgruppe der beruflich Höherqualifizierten vorläufige Bestätigung findet. Dies bestätigt sich auch in den nach Berufsfeldern differenzierten Analysen (M2 und M3). Hypothese 2a, nach der für technische Berufe keine Veränderung erwartet wurde, bestätigt sich somit ebenfalls vorläufig. Hypothese 2b, nach der sich die beruflichen Positionierungschancen einer höheren Berufsbildung in kaufmännisch-wirtschaftswissenschaftlichen Berufen verschlechtert haben sollten, muss hingegen abgelehnt werden.

Tab. 3 Logistische Regressionen zu einer hoch qualifizierten Tätigkeit nach Bildungsabschluss und Abschlusskohorte. (Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006 (vgl. Hall und Tiemann 2020), 2018 (vgl. Hall et al. 2020) (gepoolte Daten))

Im Vergleich zu dual Ausgebildeten haben akademisch Qualifizierte der Abschlusskohorte 2006–2017 (mehrheitlich Bachelor) eine geringere Chance auf eine hoch qualifizierte Tätigkeit als jene der Kohorte 1994–2005 (FH-Dipl. u. a.). Die entsprechenden Interaktionseffekte sind durchweg negativ und statistisch signifikant (M1–M3). Die anschaulich zu interpretierenden Marginaleffekte sind im Falle von Interaktionen in logistischen Regressionsmodellen nicht direkt abzulesen (vgl. Mitchell 2012), daher werden nachfolgend die vorhergesagten Wahrscheinlichkeiten visualisiert dargestellt (vgl. Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Vorhergesagte Wahrscheinlichkeiten einer hoch qualifizierten Tätigkeit nach Bildungsabschluss und Abschlusskohorte. a M1: Gesamt, b M2: Technische Berufe, c M3: Kaufmännische Berufe (Wiwi). Anm.: Vorhergesagte Wahrscheinlichkeiten einer hoch qualifizierten Tätigkeit auf Basis von Tab. 3. (Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006 (vgl. Hall und Tiemann 2020), 2018 (vgl. Hall et al. 2020) (gepoolte Daten))

Die Wahrscheinlichkeit, eine hoch qualifizierte Tätigkeit auszuüben und damit positionsadäquat beschäftigt zu sein, liegt für beruflich Höherqualifizierte in der Abschlusskohorte 2006–2017 mit einem Anteil von 43 % (M1) vergleichbar hoch zur Kohorte 1994–2005 (43 %). Nach dem Berufsfeld des Abschlusses differenziert zeigen sich in Abb. 2 ebenfalls keine statistisch signifikanten Verringerungen über die Abschlusskohorten, weder für technische (M2) noch für kaufmännisch-wirtschaftswissenschaftliche Fortbildungsberufe (M3). Akademiker der Kohorte 2006–2017 (M1) üben allerdings signifikant seltener eine hoch qualifizierte Tätigkeit aus als Akademiker der Kohorte 1994–2005 (∆ = −0,075; p < 0,05). Für die Absolventen technischer Berufe (M2) zeigt sich nach der Bologna-Reform dabei ebenso ein Rückgang (minus 10 Prozentpunkte; ∆ = −0,099; p < 0,05) wie für Akademiker mit kaufmännisch-betriebswirtschaftlichem Abschluss (M3, minus 11 Prozentpunkte; ∆ = −0,110; p < 0,01). Hypothese 3a, nach der sich die Positionen von Erwerbstätigen mit höherer Berufsbildung nach der Bologna-Reform in geringerem Maße von formal gleichwertigen akademischen Abschlüssen unterscheiden sollten als vor Bologna, bestätigt sich, wenngleich nur für technische Abschlüsse ein statistisch signifikanter Rückgang zu verzeichnen ist.

Die bisherigen Analysen zu den nichtmonetären Bildungserträgen deuten nicht auf sinkende Erträge eines höheren Berufsbildungsabschlusses nach Bologna hin. Die berufliche Positionierung anhand des Anforderungsniveaus ist jedoch ein relativ grobes Maß zur Messung beruflicher Verwertungschancen. Verlorengegangene Aufstiegschancen, wenn beispielsweise beruflich Höherqualifizierte seltener auf Positionen arbeiten, die anspruchsvoller sind als jene Tätigkeiten, die üblicherweise einen Fortbildungsabschluss voraussetzen, können damit nicht angemessen abgebildet werden. Dies könnte aber in den monetären Bildungserträgen zum Ausdruck kommen. Die Ergebnisse der Regressionsmodelle auf das logarithmierte Bruttoeinkommen sind in Tab. 4 dargestellt.Footnote 22 Der interessierende Interaktionseffekt „Höhere Berufsbildung *2006–2017“ (M1) ist zwar negativ (−0,037), jedoch statistisch nichtsignifikant, das heißt die Lohnprämie, der relative Einkommensvorteil gegenüber dual Ausgebildeten, ist im Vergleich zur Kohorte vor Bologna als unverändert hoch anzusehen. Im Hinblick auf das Einkommen kann die Verdrängungshypothese (H1a) für das Gesamtmodell somit ebenfalls abgelehnt werden, was die Absorptionshypothese (H1b) wiederum vorläufig bestätigt.

Tab. 4 Lineare Regressionen des logarithmierten Bruttomonatseinkommens auf den Bildungsabschluss. (Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006 (vgl. Hall und Tiemann 2020), 2018 (vgl. Hall et al. 2020) (gepoolte Daten))

Differenziert nach dem Berufsfeld des erlernten Berufs zeigen sich jedoch Unterschiede. Für technisch Qualifizierte (z. B. Techniker, Industriemeister etc.) hat sich der relative Einkommensvorsprung gegenüber technisch Qualifizierten mit dualer Ausbildung nicht nennenswert verändert (M2), was Hypothese 2a vorläufig bestätigt. Erwerbstätige, die sich in einem kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Fortbildungsberuf qualifiziert haben, erzielen nach Bologna hingegen geringere Lohnprämien (relativ zu dual Ausgebildeten) als vor Bologna (M3). Das Einkommen der Abschlusskohorte 2006–2017 ist um 11,6 % niedriger als in der Kohorte 1994–2005, was Hypothese 2b vorläufig bestätigt. Beschäftigte, die sich in einem technischen Beruf qualifiziert haben, scheinen aufgrund der höheren Spezifität und der höheren Geschlossenheit der Berufe stärker vor Konkurrenz geschützt zu sein. Aber auch im kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Bereich kann aufgrund der unverändert hohen Wahrscheinlichkeit für eine hoch qualifizierte Tätigkeit (vgl. Abb. 2) nicht von einer Verdrängung von höherwertigen und damit dem Niveau einer Fortbildung adäquaten Positionen ausgegangen werden, vielmehr scheinen Aufstiege auf anspruchsvollere Positionen weniger möglich zu sein.

Eine andere Entwicklung der Bildungserträge ist wiederum für Akademiker auf ISCED 6-Niveau zu erkennen. Die Lohnprämie akademisch Qualifizierter (im Vergleich zu dual Ausgebildeten) der Abschlusskohorte 2006–2017 (mehrheitlich Bachelor) ist um 10,1 % geringer als jene der Kohorte 1994–2005 (M1). In den nach dem Berufsfeld differenzierenden Modellen zeigt sich ein Rückgang in der Lohnprämie, insbesondere für technisch qualifizierte Akademiker. So liegt in der Abschlusskohorte 2006–2017 die Lohnprämie eines akademischen Abschlusses um 15,8 % niedriger als in der Kohorte 1994–2005. Eine mögliche Erklärung für den starken Rückgang könnte sein, dass mit den spezifischen technischen Diplom-FH-Abschlüssen (beispielsweise Ingenieurwissenschaften) ein hoher Signalwert verbunden war, der mit den neuen Bachelorabschlüssen (noch) nicht erreicht werden kann. Im kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Bereich ist für Akademiker ebenfalls eine verringerte Lohnprämie zu verzeichnen. Betrachtet man die Veränderung des Abstands zwischen höheren beruflichen und akademischen Abschlüssen, so bestätigt sich Hypothese 3a vorläufig für die Gesamtgruppe (∆ 0,064; p < 0,1) und technisch Qualifizierte (∆ 0,127; p < 0,05), nicht aber für kaufmännische Abschlüsse (∆ −0,025; p > 0,05).

Mit der vorläufigen Bestätigung der Absorptionshypothese (H1b) und den geringeren Verwertungschancen akademischer Abschlüsse (ISCED-6) haben sich die Bildungserträge beruflich und akademisch Qualifizierter tendenziell angenähert. Abbildung 3 zeigt abschließend, wie sich die Einkommen beruflich Höherqualifizierter im Vergleich zu akademisch Qualifizierten (Bachelor, Dipl.-FH) über die Abschlusskohorten entwickelt haben und wie sich die beiden untersuchten Berufsfelder diesbezüglich unterscheiden. Für technisch Qualifizierte hat sich der Einkommensabstand zwischen der höheren Berufsbildung und akademischen Abschlüssen (ISCED 64) statistisch signifikant von minus 25 % auf minus 8 % verringert, wohingegen sich in der Gruppe mit kaufmännischer Qualifizierung (Wiwi) keine Veränderung zeigt. Die bereits vor Bologna vorliegenden geringen Einkommensunterschiede zwischen beruflich und akademisch Qualifizierten haben sich in diesem Berufsfeld im Zuge der Bologna-Reform nicht wesentlich verändert. Für die Gesamtgruppe der beruflich Höherqualifizierten hat sich der Einkommensunterschied zu akademisch Qualifizierten (ISCED 64) nach der Bologna-Reform von minus 15 % auf minus 7 % verringert, wobei der Rückgang ebenfalls statistisch signifikant ist. Allerdings erzielen Beschäftigte mit höherer Berufsbildung auch nach Bologna noch ein signifikant geringeres Einkommen als akademisch Qualifizierte (meist mit Bachelorabschluss). Dies bestätigt Hypothese 3b, nach der es nach wie vor signifikante Einkommensunterschiede zwischen beruflichen und formal gleichwertigen akademischen Abschlüssen geben sollte.

Abb. 3
figure 3

Einkommen von Erwerbstätigen mit höherer Berufsbildung im Vergleich zu Akademikern auf ISCED 6-Niveau. Anm.: Kontrollvariablen vgl. Tab. 4, siehe Tab. A5 im Online-Anhang für die vollen Modelle (inkl. Standardfehler). (Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006 (vgl. Hall und Tiemann 2020), 2018 (vgl. Hall et al. 2020) [gepoolte Daten])

Nachfolgend wird die Robustheit der Ergebnisse geprüft, indem alternative Operationalisierungen für die abhängigen Variablen verwendet werden. Statt der subjektiven Messung des Anforderungsniveaus der Tätigkeit wurden stärker objektive Messungen verwendet. Zum einen erfolgte die Messung anhand der 5. Stelle der KldB2010 (Tab. A6.1 im Online-Anhang), zum anderen wurden hoch qualifizierte Tätigkeiten über die ISCO-88-Berufshauptgruppe und Personalverantwortung gemessen (Tab. A6.2).Footnote 23 Die Ergebnisse führen für die Gesamtgruppe ebenso wie für die beiden Berufsfelder ebenfalls zu einer Ablehnung der Verdrängungsthese, wobei je nach Messung sogar verbesserte Positionierungschancen für beruflich Höherqualifizierte zu erkennen sind (Tab. A6.2). Statt dem Bruttomonatslohn unter Kontrolle der Arbeitszeit wurde zudem der BruttostundenlohnFootnote 24 herangezogen (Tab. A7). Auch diese Ergebnisse unterscheiden sich nicht substanziell von den in Tab. 4 gezeigten und führen somit zu den gleichen Schlussfolgerungen.

6 Fazit und Ausblick

Mit Einführung der gestuften Hochschulabschlüsse im Zuge des Bologna-Prozesses ist eine neue Konkurrenzsituation zwischen der höheren Berufsbildung und der akademischen Bildung entstanden. In der Berufsbildungsforschung führte dies zu der Frage, ob beruflich Höherqualifizierte am Arbeitsmarkt durch Akademiker verdrängt werden, was einer Entwertung höherer beruflicher Abschlüsse gleichkäme. Um diese Frage zu beantworten, wurde untersucht, wie sich die monetären und nichtmonetären Erträge für beruflich Höherqualifizierte insgesamt und für technisch und kaufmännisch-wirtschaftswissenschaftliche Abschlüsse entwickelt haben. Der „Bologna-Effekt“ wurde auf Basis der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragungen (ETB) 2006 und 2018 und eines Difference-in-Difference-Ansatzes modelliert. Dabei wurden die Kohorten 2006–2017 (ETB 2018) und 1994–2005 (ETB 2006) jeweils (maximal) 12 Jahre nach Abschluss verglichen. Bildungserträge wurden über das Bruttoeinkommen und die berufliche Positionierung abgebildet, und zwar sowohl im Vergleich zu dual Ausgebildeten ohne berufliche Höherqualifizierung als auch gegenüber gleichwertigen akademischen Abschlüssen (Bachelor- oder Diplom-FH-Abschlüsse).

Die Analysen zeigten, dass die These einer Verdrängung von beruflich Höherqualifizierten nicht bestätigt werden kann. Die Wahrscheinlichkeit, eine hoch qualifizierte Tätigkeit auszuüben, lag für die Abschlusskohorte 2006–2017 vergleichbar zur Kohorte 1994–2005 und sie hat sich weder für beruflich Höherqualifizierte mit einem technischen Beruf noch für jene mit einer kaufmännischen Fortbildung verringert. Für Beschäftigte mit kaufmännisch-wirtschaftswissenschaftlichem Fortbildungsberuf zeigten sich allerdings nach Bologna geringere Lohnprämien. Auch für Akademiker mit einem Abschluss auf ISCED 6-Niveau (Diplom-FH-Abschlüsse, Bachelorabschlüsse) verwiesen die Analysen auf sinkende Bildungserträge. Die Abschlusskohorte nach Bologna (meist Bachelorabschlüsse) erreichte seltener als die Abschlusskohorte vor Bologna (Diplom-FH-Abschlüsse) hoch qualifizierte Tätigkeiten und die Lohnprämien gegenüber dual Ausgebildeten waren nach Bologna geringer. Demzufolge ist auch der Abstand zu den formal gleichwertigen akademischen Abschlüssen auf ISCED 6-Niveau für beruflich Höherqualifizierte heute tendenziell geringer als vor der Bologna-Reform.

Die Analysen lieferten insgesamt keine empirischen Belege für eine Entwertung höherer beruflicher Abschlüsse am Arbeitsmarkt nach Bologna. Bildungspolitisch ist dies insofern relevant, da sinkende Verwertungschancen einer beruflichen Höherqualifizierung mit einem hohen Attraktivitätsverlust für das duale System verbunden wären. Die Ergebnisse stützen damit die Vermutung von Hirsch-Kreinsen (2013, S. 27), dass „… die Anforderungen einer modernen Wissensgesellschaft sowohl ein Mehr an akademisch-wissenschaftlich qualifizierten Beschäftigten als auch weiter entwickelte beruflich-praktische Qualifikationen“ verlangen. Mit einer veränderten Nachfrage am Arbeitsmarkt könnte sich die Situation zukünftig jedoch ändern, insbesondere in den allgemeineren kaufmännisch-wirtschaftswissenschaftlichen Berufen.

Einschränkend ist zu sagen, dass der Difference-in-Difference-Ansatz mit Querschnittsdaten und Interaktionseffekten auf Basis regressionsanalytischer Verfahren umgesetzt wurde. Es kann dabei nicht ausgeschlossen werden, dass andere Einflussfaktoren als der Bologna-Prozess, die die Bildungsgruppen unterschiedlich betreffen, für die aufgezeigten Muster verantwortlich sind. Weitere Beschränkungen der verwendeten Daten resultieren aus der konzeptionsbedingten Bildung von Pseudokohorten, für die maximal bis 12 Jahre nach Abschluss Informationen vorliegen. Für den Vergleich zwischen den Bildungsgruppen könnte es aber einen Unterschied machen, zu welchem Zeitpunkt in der Karriere die Erträge verglichen werden (vgl. Backes-Gellner und Geel 2014; Christoph et al. 2017, S. 4). Ob sich der Zeitpunkt im Lebensverlauf, zu dem die Erträge erfasst werden, auch auf die relative Veränderung der Erträge auswirkt, ist allerdings eine offene Frage. Nicht auszuschließen ist, dass Bachelorabsolventen im Vergleich zu früheren Diplom-FH-Absolventen einen flacheren Anstieg im Einkommensverlauf haben und sich der Einkommensabstand von beruflich und akademisch Qualifizierten erst zu einem späteren Zeitpunkt in der Karriere vergrößert. Absolventenstudien, die akademisch und beruflich Höherqualifizierte (auch jene ohne Hochschulzugangsberechtigung) im Werdegang vergleichen, stehen in Deutschland zurzeit allerdings nicht zur Verfügung.

Die Analysen im Beitrag deuten bisher nicht darauf hin, dass die höhere Berufsbildung im Zuge der Bologna-Reform des Hochschulsystems insgesamt an Wert verloren hat. Die Positionierung von Absolventen der höheren Berufsbildung auch langfristig zu beobachten, bleibt für die Berufsbildungsforschung eine wichtige Aufgabe, gerade mit dem Ziel, auch leistungsstarke Jugendliche für die berufliche Bildung zu gewinnen.