Einer Studie aus Wuhan zufolge müssen Diabetiker im Fall einer COVID-19-Erkrankung eine besonders schnelle Progression und schlechte Prognose befürchten. Verantwortlich hierfür scheinen vermehrte Organschäden, umfangreiche Entzündungsprozesse sowie eine veränderte Blutgerinnung.

Um herauszufinden, ob ein Diabetes den Verlauf und die Prognose einer SARS-CoV-2-Infektion beeinflusst, haben Forscher um Weina Guo von der Huazhong University of Science and Technology, Wuhan, Daten von 174 konsekutiven Patienten mit bestätigter Infektion analysiert. Die COVID-19-Patienten im Alter von durschnittlich 59 Jahren waren zwischen dem 10. und 29. Februar in das Wuhan Union Hospital aufgenommen worden, unter ihnen waren 37 Diabetiker. Alle waren Kontaktpersonen, hatten Fieber (78,2%) oder andere Atemwegssymptome, typische Veränderungen im CT, die auf eine virale Pneumonie hinwiesen, und ein positives RT-PCR-Ergebnis auf SARS-CoV-2-RNA. Mittels CT-Score wurden die pathologischen Veränderungen in den Lungen der COVID-19-Patienten quantifiziert. Außerdem litten die Patienten vor allem unter Schüttelfrost (68%), Husten (32%), Abgeschlagenheit (27%), Engegefühl in der Brust (26%), Kurzatmigkeit (24%) und Muskelschmerz (21%). Viele Laborwerte wichen von der Norm ab, so etwa Enzyme, Entzündungsmarker wie Serumferritin, C-reaktives Protein (CRP) und Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), Gerinnungsparameter wie D-Dimere und Fibrinogen sowie Lymphozyten- und Neutrophilenzahlen.

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Diabetiker mit COVID-19 haben wahrscheinlich eine schlechtere Prognose.

Laborwerte und CT: Diabetiker versus Nichtdiabetiker

Bei Diabetikern signifikant höher als bei Nichtdiabetikern waren die absoluten Zellzahlen der Neutrophilen (4,1 vs. 2,5 x 109/l) sowie die Werte für CRP (32,8 vs. 16,3 mg/l), BSG (67 vs. 3 mm/h) und D-Dimere (1,15 vs. 0,54 µg/l). Signifikant niedriger bei den Diabetikern waren Lymphozyten (0,86 vs. 0,97 x 109/l), Erythrozyten (3,9 vs. 4,17 x 1012/l) und Hämoglobin (11,7 vs. 12,7 g/dl). Diese Unterschiede bei den Laborwerten spiegeln Guo und Kollegen zufolge das höhere Risiko von COVID-19-Patienten mit Diabetes für exzessive unkontrollierte Entzündungsreaktionen und einen hyperkoagulabilen Zustand wider. Darüber hinaus zeigten sich bei COVID-19-Patienten mit Diabetes im Lungen-CT mehr schwere pathologische Veränderungen bzw. ein höherer CT-Score als bei Nichtdiabetikern.

Ausschluss von Patienten mit weiteren Komorbiditäten

Um die alleinige Rolle von Diabetes als Risikofaktor zu untersuchen, schlossen Guo und Kollegen alle Patienten mit weiteren Komorbiditäten aus und verglichen letztlich 24 Diabetiker mit 26 Nichtdiabetikern. Nun ergaben sich folgende Unterschiede zwischen den beiden Gruppen: Signifikant erhöht bei Diabetikern gegenüber Nichtdiabetikern waren die Werte für γ-Glutamyltransferrase (γ-GT), Hydroxybutyrat-Dehydrogenase (HBDH), Laktatdehydrogenase (LDH), Alaninaminotransferrase (ALT) sowie Neutrophile, CRP, Ferritin, BSG, IL-6, D-Dimere und Fibrinogen. Signifikant niedriger als in der Nichtdiabetikergruppe waren Gesamtprotein, Präalbumin, Albumin, Albumin/Globulin-Quotient, absolute Zellzahlen von Lymphozyten und Erythrozyten sowie das Hämoglobin.

Diese Befunde könnten zu einer schlechteren Prognose für Diabetiker mit COVID-19 beitragen, so Guo und Kollegen. Während von den 26 Nichtdiabetikern keiner verstarb, lag die Mortalitätsrate unter den Diabetikern ohne weitere Komorbiditäten bei 16%.

Vermutlich weitere Organe beteiligt

Offenbar hat SARS-CoV-2 zudem direkten Einfluss auf den Glukosestoffwechsel: 29% der Patienten standen zum Zeitpunkt der Klinikaufnahme unter Insulintherapie und benötigten eine Dosiserhöhung, 38% hatten orale Antidiabetika eingenommen und begannen nach der stationären Einweisung mit einer Insulintherapie. Die Studienautoren vermuten einen Teufelskreis, der die Prognose von COVID-19 zusätzlich belastet.

Zudem ließen die besonders hohen Enzymwerte, insbesondere bei Diabetikern, die Beteiligung weiterer Organe wie Myokard, Niere und Leber vermuten. Diese Befunde könnten auch miterklären, warum manche Patienten an Multiorganversagen versterben. Die weitaus höheren Entzündungsmarker bei Diabetikern gegenüber den Nichtdiabetikern, so Guo und Kollegen, seien vermutlich Hinweise auf einen Zytokinsturm, der die Verschlechterung der COVID-19-Erkrankung rapide beschleunigen könne.

Guo W et al. Diabetes is a risk factor for the progression and prognosis of COVID-19. Diabetes Metab Res Rev. 2020;e3319