Auch wenn es zu Zeiten von Corona nicht möglich ist - die nächste Fernreise kommt bestimmt. Doch für Weltenbummler gehören Diarrhöen zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden. Das Krankheitsbild verläuft zwar meist harmlos und selbstlimitierend, kann den Urlaub aber durchaus vermiesen. Zukünftige Reisende sollten daher die Prinzipien der Prävention und Therapie kennen.

Je näher das Reiseland am Äquator liegt, desto höher ist das Risiko einer akuten Reisediarrhö. In tropischen Regionen Afrikas oder Südamerikas etwa ist durchschnittlich jeder zweite bis vierte Reisende von Durchfallepisoden betroffen, wie der Mikrobiologe Sebastian Wendt von der Universität Leipzig und seine Kollegen erläutern. Nochmal mehr sind es in Hochrisikoländern wie Ägypten, Indien, Pakistan oder Myanmar.

Als wichtige Faktoren nennt Wendt neben dem Hygienestandard der Unterkunft den Ernährungs- und Reisestil. Allerdings biete weder ein 5-Sterne-Hotel einen zuverlässigen Schutz, noch sei bewiesen, dass Rucksacktouristen gefährdeter seien.

Wichtige Durchfallerreger

Reisedurchfälle sind meist Folge bakterieller Infektionen mit pathogenen E.-coli-Varianten. Je nach Reiseland können aber auch Campylobacter spp., Salmonellen, Noro- und Rotaviren sowie das Protozoon Giardia lamblia verantwortlich sein. Für Erwachsene sind die Reisediarrhöen nur selten bedrohlich und verlaufen überwiegend selbstlimitierend, weshalb eine Stuhluntersuchung in den wenigsten Fällen erforderlich ist, so Wendt. Bei 10% bis 20% der Patienten treten allerdings Fieber, Exsikkose, Kreislaufstörungen, Blutbeimengungen oder massive anhaltende Durchfälle und Erbrechen auf.

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Und ist das Reiseziel auch noch so schön: Mindestens jeder Zweite bis Vierte ist in der Ferne von Durchfallepisoden betroffen.

Wer von einem Reisedurchfall geplagt ist, d.h. mindestens drei ungeformte Stühle pro Tag absetzt und zudem unter Übelkeit und Erbrechen, Bauchschmerzen, Tenesmen oder Fieber leidet, sollte − so Wendts Empfehlung − vor allem darauf achten, den Flüssigkeits- und Elektrolytverlust auszugleichen. Neben den in Apotheken erhältlichen oralen Rehydrationslösungen seien dazu auch Tee, Fruchtsaftschorlen oder Limonaden in Kombination mit Salzstangen bzw. Salzgebäck sowie Suppen geeignet.

Zur Vorsicht mahnt Wendt bei der Einnahme von Peristaltikhemmern, da sie die Verweildauer pathogener Keime im Darm verlängern können. Diese Präparate seien nur in Ausnahmefällen und ausschließlich bei unkomplizierter Diarrhö ohne Fieber und ohne Blutbeimengung im Stuhl indiziert, so Wendt.

Antibiotika bei schwerem Verlauf

Eine empirische Antibiotikatherapie sollte ausschließlich bei schwerem Verlauf mit Fieber, blutigen Durchfällen und schwerer Dehydration bzw. bei Patienten mit Risikofaktoren in Betracht gezogen werden, wie Wendt und seine Kollegen ausführen. Nicht zuletzt, da die Antibiotikabehandlung der Reisediarrhö die Selektion multiresistenter Bakterien, insbesondere von Betalaktamase produzierenden Enterobakterien, begünstigt, wie eine finnische Erhebung bereits im Jahr 2015 gezeigt hat. Wendt weist zudem auf die in Indien sowie Süd- und Südostasien zunehmenden Resistenzen hin, weshalb anstatt Ciprofloxacin besser Azithromycin (1 x 500 mg über drei Tage oder 1.000 mg als Einzeldosis) zum Einsatz kommen sollte. Im Falle nicht invasiver Erreger seien Rifaximin und Ciprofloxacin gleichwertig.

Was gilt für abgelegene Gebiete?

Führt die Reise in sehr abgelegene Gebiete kann es ratsam sein, in der Reiseapotheke Antibiotika zur eventuellen Selbstbehandlung mitzuführen. Eine aktuelle finnische Studie mit knapp 300 Reisenden legt jedoch nahe, dass diese sogenannten Stand-by-Antibiotika (SBA) zu einem nicht indikationsbezogenen Gebrauch verleiten. Während von den 53 Reisenden mit SBA 34% das Antibiotikum nutzten, hatten von den 213 Reisenden ohne SBA nur 11% ein Antibiotikum eingenommen. Die Einnahmewahrscheinlichkeit war mehr als siebenmal höher, wenn ein SBA mitgeführt worden war. Dabei war in der SBA-Gruppe deutlich öfter das Medikament aufgrund milder (38% vs. 4%) und nicht reiseunfähig machender (29% vs. 5%) Durchfälle eingesetzt worden als in der Gruppe ohne SBA.

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