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Dekarbonisierung für Anfänger: wie das europäische Zertifikatesystem zu retten wäre

Decarbonisation for Dummies: How EU-ETS Could Be Saved

  • Analysen und Berichte
  • Klimapolitik
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Wirtschaftsdienst

Zusammenfassung

Die politische Zielsetzung der Klimaneutralität im Jahr 2050 bedarf einer effizienten Umsetzung. Das europäische Zertifikatesystem (EU-ETS) ist dazu allerdings nicht in der Lage und wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die notwendige Ausdehnung auf den Transportsektor und die privaten Haushalte nicht bewältigen können. Basierend auf der Tatsache, dass CO2-Emissionen in einem festen Verhältnis zu den eingesetzten Gas-, Kohle- und Erdölmengen stehen, wird in diesem Beitrag ein Vorschlag zur effizienten Dekarbonisierung der Wirtschaft präsentiert. Mit einem Fokus auf die weniger als 1000 öl-, kohle- und gasfördernden Unternehmen und Importeure in der EU würden dabei alle CO2-Emissionen abgedeckt und die öffentlichen sowie privaten Verwaltungskosten massiv gesenkt werden. Für jeden gegebenen Dekarbonisierungspfad würde diese Vorgehensweise die Zielsetzung auf EU-Ebene zu minimalen Kosten ermöglichen und das Bürokratiemonster EU-ETS vermeiden.

Abstract

Given the political goal of climate neutrality in 2050 an efficient mechanism to implement this goal is needed. The main European approach, namely EU ETS, is ill-conceived and likely to collapse if extended to the transport and household sector. An alternative approach, benefitting from the fact that CO2 emissions are not dependent on use, but arise in fixed proportion relative to the quantities of coal, oil and gas utilized, allows focussing on less than 1000 oil, coal and gas producers and importers across Europe. Targeting these firms would ensure full coverage of all CO2 emissions in Europe and radically reduce costs in the public administration and the private sector. For any given decarbonisation goal, this system ensures the decarbonisation of the European economy at lowest cost and avoids the bureaucratic monster that has been created with EU ETS.

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References

  1. Vgl. z. B. Europäischen Kommission: Climate Strategies & Targets, https://ec.europa.eu/clima/policies/strategies_en (1.9.2019); sowie Bundesregierung: Klimaschutzprogramm 2030, 25.9.2019, https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/klimaschutzprogramm-2030-1673578 (22.9.2019).

  2. Vgl. Fridays for Future, https://www.fridaysforfuture.org/ (3.8.2019).

  3. Vgl. D. H. Meadows et al.: The Limits to Growth. A Report for the Club of Rome’s Project on the Predicament of Mankind, New York 1972, http://www.donellameadows.org/wp-content/userfiles/Limits-to-Growth-digital-scan-version.pdf (1.9.2019).

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  4. Das CO2-Problem ist ebenfalls schon lange bekannt. 1979 wurde dies erstmals im Charney report festgehalten. Vgl. M. McNutt: Time‘s up, CO2, in: Science, 365. Jg. (2019), H. 6452, S. 411. Nicht zu vergessen ist, dass der „Glashauseffekt“ bereits 1896 von Svante Arrhenius identifiziert wurde. Bereits damals erkannte er, dass die Verbrennung von fossilen Brennstoffen zum Klimawandel führt. Vgl. S. Arrhenius: Über den Einfluss des Atmosphärischen Kohlensäurengehalts auf die Temperatur der Erdoberfläche, in: Proceedings of the Royal Swedish Academy of Science, Stockholm, 22. Jg. (1896), H. 1, S. 1–101.

  5. Aufforstungsmaßnahmen wie z. B. in J.-F. Bastin et al.: The global tree restoration potential, in: Science, 365. Jg. (2019), H. 6448, S. 76-79; beschrieben, können zwar Spielräume eröffnen, sind aber langfristig bedeutungslos, da sie einen Einmaleffekt darstellen. Darüber hinaus können ihre Effekte auch temporär klimapolitisch irrelevant sein, wenn sie zu einer weniger ambitionierten CO2-Bepreisung führen, die durch Aufforstung geschaffenen Spielräume also lediglich höhere CO2-Emissionen an anderer Stelle ermöglichen.

  6. Kunststoffe verursachen von der Produktion bis zur Entsorgung eine erhebliche Menge an CO2. 2019 werden dadurch weltweit 850 Mio. t Treibhausgase entstehen, vergleichbar mit dem Ausstoß von 136 Kohlekraftwerken. Vgl. Plastic & Climate: The hidden costs of a plastic planet, Mai 2019, https://www.ciel.org/plasticandclimate/ (3.8.2019).

  7. Grundsätzlich sind dafür handelbare Emissionsrechte besser geeignet als eine Steuerlösung, da die Emissionsreduktion als Ausgangspunkt fungiert und somit auch zwingend erreicht wird. Bei einer Steuerlösung ist a priori offen, welche Reduktion von Emissionen letztlich durch die Steuer bewirkt wird. Gerade wenn man von einem Dekarbonisierungspfad ausgeht, stellt sich bei der Steuer dieses Problem permanent. Vgl. dazu G. Maier-Rigaud: Umweltpolitik mit Mengen und Märkten. Lizenzen als konstituierendes Element einer ökologischen Marktwirtschaft, Marburg 1994, insbesondere Kapitel III; sowie G. Maier-Rigaud: Schritte zur ökologischen Marktwirtschaft, Marburg 1997, Kapitel C3.

  8. Siehe hierzu G. Maier-Rigaud: Umweltpolitik mit Mengen und Märkten, a. a. O., S. 11–37, insbesondere die Kapitel I. und II.

  9. Vgl. etwa Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt): Grundlagen, Umweltbundesamt, https://www.dehst.de/DE/Emissionshandel-verstehen/Grundlagen/grundlagen-des-emissionshandels-node.html (8.10.2019).

  10. Vgl. beispielsweise Europäischen Kommission: The EU Emissions Trading System (EU ETS), Factsheet, https://ec.europa.eu/clima/sites/clima/files/factsheet_ets_en.pdf (1.9.2019).

  11. Vgl. Europäische Kommission: Verordnung Nr. 389/2013, vom 2.5.2013, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32013R0389&from=EN (1.9.2019).

  12. Vgl. Europäische Kommission Monitoring and reporting Regulation url } (MRR), ht tps: //eur-lex.europa.eu/legal-content /EN/TXT/?uri=CELEX:32012R0601 url } (8.10.2019); Accreditation and Verification Regulation (AVR), https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:32012R0600 (8.10.2019).

  13. Vgl. DEHSt: Die Deutsche Emissionshandelsstelle kennenlernen, https://www.dehst.de/DE/Die-DEHSt-kennenlernen/die-dehst-kennenlernennode.html (8.10.2019).

  14. Eine Beschreibung der unterschiedlichen Phasen und der jeweils aufgetretenen Probleme findet sich beispielsweise in Europäischen Kommission: EU ETS Handbook, 2015, https://ec.europa.eu/clima/sites/clima/files/docs/ets_handbook_en.pdf (1.9.2019).

  15. Ebenda.

  16. Vgl. die Übersicht zu Market Oversight der Europäischen Kommission: Ensuring the integrity of the European carbon market Policy, https://ec.europa.eu/clima/policies/ets/oversight_en#tab-0-1 (1.9.2019).

  17. Zur Orientierung der Umweltpolitik vgl. G. Maier-Rigaud: Umweltpolitik in der offenen Gesellschaft, Opladen 1988, http://iask.de/papers/UPOG.pdf (3.8.2019); und ders.: Umweltpolitik mit Mengen und Märkten, a. a. O., insbesondere S. 11–37.

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  18. Zur VOC-Politik vgl. G. Maier-Rigaud: Schritte zur ökologischen Marktwirtschaft, a. a. O., Kapitel D3.

  19. Vgl. beispielsweise K. Juhrich: Climate Change 27/2016, CO2-Emissionsfaktoren für fossile Brennstoffe, Umweltbundesamt, Juni 2016, https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1968/publikationen/co2-emissionsfaktoren_fur_fossile_brennstoffe_korrektur.pdf (1.9.2019).

  20. Dieser Ansatz ist seit langem bekannt. Vgl. etwa G. Maier-Rigaud: Kohlendioxid-Politik mit handelbaren Emissionsrechten, UBA-Texte 20/91, 1991, https://ssrn.com/abstract=3447348 (1.9.2019); ders.: Umweltpolitik mit Mengen und Märkten, a. a. O., insbesondere Kapitel V.

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  22. Ebenda, Ziff. 59.

  23. Ebenda, Ziff. 59. In Ziff. 120 bemerkt der SVR für Wirtschaft immerhin, dass beim Upstream-Ansatz der „administrative Aufwand vergleichsweise gering“ wäre, „da die Zahl der potenziellen Marktteilnehmer überschaubar sein dürfte“. Diese Einsicht wird allerdings direkt relativiert mit Stichworten wie Doppelbelastung, Informationsbedarf darüber, „wofür genau die Brennstoffe genutzt werden“ und dem Hinweis auf die notwendige Berücksichtigung der „Möglichkeiten der Kostenweitergabe“.

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  25. Juli 2004, Kapitel 4.1, S. 94 f., https://www.umweltrat.de/Shared-Docs/Downloads/DE/03_Materialien/2000_2004/2004_MAT37_Szenarien_der_Agrarpolitik.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (1.9.2019).

  26. Vgl. Bundeskartellamt: Sektoruntersuchung Milch, Zwischenbericht, Dezember 2009, S. 29 f., http://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Sektoruntersuchungen/Sektoruntersuchung%20Milch%20-%20Zwischenbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (1.9.2019).

  27. Auf Basis der folgenden Eurostat-Datenbanken lassen sich grob ca. 889 Akteure feststellen, die entweder Gas, Kohle oder Öl in der EU fördern oder importieren. Da Dopplungen nicht ausgeschlossen werden können, ist die Zahl tatsächlich wohl eher noch geringer. Eurostat: Statistics Explained–Natural gas market indicators, 2019, https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/pdfscache/8894.pdf (3.8.2019); Eurostat: Annual detailed enterprise statistics for industry (NACE Rev. 2, B-E) [sbs_na_ind_r2], 2019, https://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=sbs_na_ind_r2&lang=en (3.8.2019); sowie Eurostat: Trade by NACE Rev. 2 activity sector (optional table) [ext_tec09], 2019, https://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=ext_tec09&lang=en (3.8.2019).

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Ich danke Claudia Beckmann für Unterstützung bei der Datenrecherche sowie Gerhard Maier-Rigaud für Hinweise.

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Maier-Rigaud, F. Dekarbonisierung für Anfänger: wie das europäische Zertifikatesystem zu retten wäre. Wirtschaftsdienst 99, 731–735 (2019). https://doi.org/10.1007/s10273-019-2521-x

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