Zusammenfassung
Das Arbeitsmittel in Wärmepumpen unterliegt einer Vielzahl von Anforderungen, welche für einen effizienten und sicheren Betrieb eingehalten werden müssen. Weiterhin steigt die Anzahl markterhältlicher Arbeitsmittel durch die Entwicklung neuer Gemische kontinuierlich an, wodurch deren Auswahl erschwert wird. Aus diesem Grund wird im Rahmen dieses Beitrags eine Marktanalyse alternativer Arbeitsmittel durchgeführt und die selektierten Arbeitsmittel hinsichtlich ihres Potentials für Wärmepumpen bewertet. Die Marktanalyse beinhaltet eine Einordnung der Arbeitsmittel durch politische Vorgaben (kein Ozonabbaupotential, geringes Treibhauspotential), sicherheitstechnischer Aspekte (Toxizität, Brennbarkeit) sowie technischer Anforderungen (unterkritischer Betrieb, maximale Prozesstemperaturen). Hierbei werden 32 Fluide identifiziert, welche die gestellten Anforderungen einhalten. Diese sind alle brennbar und größtenteils entweder Kohlenwasserstoffe (KW) oder Hydrofluorolefine (HFO). Anschließend wird die Effizienz im einfachen Kältekreislauf nach DIN EN 14825 bestimmt. Um die Fluidabhhängigkeit detailliert und realitätsnah abschätzen zu können, wird ein semi-physikalisches Verdichtermodell eingesetzt, welches fluid- und betriebspunktabhängige Verdichterwirkungsgrade liefert. Innerhalb der Kreislaufberechnung zeigen die Fluide RC270 und R161 die höchsten Effizienzen und führen zu einer Verbesserung der saisonalen Arbeitszahl im Vergleich zu R410A von bis zu 15 %. Diese führen aber zu hohen Temperaturen am Verdichteraustritt und sind daher ungeeignet. Weiterhin zeigen KW höhere Effizienzen als HFO. Bei der Wahl des Arbeitsmittels müssen allerdings weitere Aspekte, wie der Umwelteinfluss sowie Füllmengenbeschränkungen aufgrund der Brennbarkeit des Fluids betrachtet werden. Insgesamt weisen die Arbeitsmittel Propan und Propen das höchste Anwendungspotential auf. Für Anwendungen, in denen füllmengenbeschränkte Wärmepumpen erforderlich sind, bieten die HFO R454C, R457A und R516A effiziente Alternativen, deren Potenzial durch die Integration eines internen Wärmeübertragers in den Kältekreislauf gesteigert werden kann.
Abstract
The working fluid in heat pumps is subject to a variety of requirements that must be met for efficient and safe operation. Furthermore, the number of market-available working fluids is continuously increasing due to the development of new mixtures. Therefore, this paper screens the market for alternative working fluids. Additionally, the performance of the selected working fluids in heat pump cycles is evaluated. The market analysis includes a classification of the fluids by political requirements (no ozone depletion potential, low global warming potential), safety aspects (toxicity, flammability) as well as technical requirements (subcritical operation, maximum process temperatures). We identify 32 fluids that meet the requirements. These are flammable and are mostly either hydrocarbons (HC) or hydrofluoroolefins (HFO). Subsequently, the efficiency in a simple refrigeration cycle is determined according to DIN EN 14825. The cycle model includes a semi-physical compressor model in order to take into account the influence of fluids on the compressor and thus to represent a realistic operation. Within the cycle calculation, the fluids RC270 and R161 show the highest efficiencies and lead to an improvement in the seasonal coefficient of performance of up to 15% compared to R410A. However, these lead to high compressor output temperatures also and thus, are unsuitable. Furthermore, the HC show significantly higher efficiencies than the HFO. When selecting the working fluid, however, other aspects must be taken into account. HFO form trifluoroacetic acid in the atmosphere, which contaminates groundwater. HC, on the other hand, are highly flammable and are therefore subject to further filling quantity restrictions. Overall, the working fluids propane, propene and their mixtures show the best performance. For applications where indoor heat pumps are required, the HFO R454C, R457A and R516A offer efficient alternatives whose efficiency can be increased by integrating an internal heat exchanger into the refrigeration cycle.
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1 Einleitung
In Deutschland fallen etwa 30 % der Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor an [1]. Die Hauptursache ist die Bereitstellung von Wärme für den Heiz- sowie Trinkwarmwasserbedarf. Zusätzlich zeigt eine Studie des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW), dass das Durchschnittalter der Wärmeerzeugersysteme in Deutschland im Jahre 2018 bei etwa 17 Jahren lag [2]. Konventionelle Wärmeerzeuger nutzen größtenteils fossile Energieträger (Öl oder Gas) und haben eine niedrige Effizienz, sodass diese bei langen Technologiezyklen wesentlich zu Treibhausgasemissionen beitragen. Eine vielversprechende Technologie, die Treibhausgasemissionen in Folge der Wärmebereitstellung zu reduzieren, ist die elektrisch angetriebene Wärmepumpe. Diese nimmt Umgebungsenergie auf einem niedrigen Temperaturniveau auf, wertet diese mit Hilfe elektrischer Energie exergetisch auf und gibt anschließend Wärme auf einem höheren Temperaturniveau wieder ab. Durch den Bezug von Umgebungsenergie und potenziell emissionsfreiem Strom, besteht deswegen die Möglichkeit der emissionsfreien Wärmeversorgung von Gebäuden.
Aktuell teilen sich die Emissionen einer Wärmepumpe noch in indirekte und direkte Emissionen auf. Die indirekten Emissionen entstehen durch den Strombedarf, welcher für den Betrieb der Wärmepumpe notwendig ist. Diese hängen somit unmittelbar von den spezifischen Emissionen des verwendeten Stroms sowie der Effizienz der Wärmepumpe ab. Direkte Emissionen entstehen durch Anlagenleckagen des Arbeitsmittels vor Ort [3]. Über den Lebenszyklus einer Wärmepumpe überwiegen derzeit aufgrund der hohen spezifischen Emissionen des Strommixes in Deutschland die indirekten Emissionen. Folglich müssen Wärmepumpen möglichst effizient betrieben, wobei gleichzeitig Leckagen am Aufstellungsort vermieden werden müssen [4, 5].
Innerhalb einer Wärmepumpe zirkuliert ein Arbeitsmittel, welches maßgeblichen Einfluss auf beide Emissionsarten hat. Zum einen hängen die direkten Emissionen vom Treibhauspotential (GWP) des Arbeitsmittels sowie der Leckage vor Ort ab. Werden umweltfreundliche Arbeitsmittel (kein GWP) verwendet, sind im Falle einer Leckage die direkten Emissionen null. Zum anderen beeinflusst das Arbeitsmittel mit seinen thermodynamischen Eigenschaften maßgeblich die Systemeffizienz und somit die indirekten Emissionen. Folglich ist die Wahl des Arbeitsmittels von entscheidender Bedeutung für Wärmepumpen [6].
Hinsichtlich der Auswahl und Verwendung der Arbeitsmittel existieren zunehmend striktere Regularien. Diese umfassen insbesondere Umwelteinflüsse und Sicherheitsaspekte. So werden beispielsweise durch das Montrealer Protokoll ein Ozonabbaupotential (ODP) von null und durch die europäische F‑Gas Verordnung das maximal erlaubte GWP von 150 für definierte Anwendungen vorgeschrieben [7, 8]. Aufgrund dieser Regularien ist der Fokus derzeit auf zwei Arbeitsmittelgruppen gerichtet: Die natürlichen Arbeitsmittel und die Hydrofluorolefine (HFO) [9]. Weiterhin werden neben Reinstoffen, welche in der Vergangenheit hauptsächlich eingesetzt wurden, vermehrt Arbeitsmittelgemische betrachtet [10,11,12,13].
Das Mischen zweier oder mehrerer Reinstoffe führt zu zwei Aspekten, welche das Systemverhalten positiv beeinflussen können: Zum einen können die thermodynamischen Eigenschaften der Reinstoffe so angepasst werden, dass diese für eine definierte Anwendung optimal ausgelegt sind. Hierunter fällt beispielweise die kritische Temperatur, welche die Lage des Nassdampfgebietes bestimmt. Zum anderen haben zeotrope Gemische im Vergleich zu Reinstoffen die zusätzliche Eigenschaft des Temperaturgleits während der isobaren Verdampfung. Diese Eigenschaft umschreibt die Abhängigkeit der Verdampfungstemperatur von der Zusammensetzung des Gemischs. Dadurch nimmt die Temperatur bei einer isobaren Verdampfung eines Gemisches zu, wohingegen ein Reinstoff isotherm verdampft. Aufgrund der nicht isothermen Verdampfung kann die treibende Temperaturdifferenz während des Phasenwechsels zwischen Kältemittel und Wärmequelle bzw. Wärmesenke verkleinert werden, wodurch die Entropieproduktion und damit die Verluste der Wärmeübertragung reduziert werden. Dies führt zu erhöhten Effizienzen des Systems [14].
Das Potenzial von Gemischen in Wärmepumpen wird von theoretischen Arbeiten innerhalb der Literatur aufgezeigt [15,16,17,18,19,20]. Hierbei wird ein Verbesserungspotential hinsichtlich der Leistungszahl von bis zu 35 % aufzeigt. Die Steigerung hängt allerdings maßgeblich von den äußeren Randbedingungen und der Temperaturspreizung der sekundären Fluide ab. Den beschriebenen Arbeiten ist gemein, dass der Fokus stets auf den Wärmeübertragern und damit einer Verbesserung der Wärmeübertragung durch die Anpassung des Temperaturgleits auf die Quelle und Senke liegt. Der Verdichterwirkungsgrad wird dabei meist konstant angenommen. Allerdings beeinflusst das Fluid den Betrieb des Verdichters und somit die resultierende Effizienz [21, 22]. Roskosch et al. [23] zeigen hier für ein Wärmepumpensystem mit Hubkolben-Verdichter, dass durch die Vernachlässigung der Verdichtereinflusses die Systemeffizienz trotz optimaler Wärmeübertragung reduziert wird, da die negativen Auswirkungen im Verdichter die Vorteile der Wärmeübertragung überwiegen.
Durch die Betrachtung von Gemischen steigt insgesamt die Anzahl markterhältlicher Fluide drastisch an. Gleichzeitig nehmen die politischen Regularien zu, wodurch die Auswahl eines geeigneten Arbeitsmittels zunehmend erschwert wird. In dieser Arbeit wird daher zunächst eine Selektion markterhältlicher Arbeitsmittel durchgeführt. Diese werden sowohl nach politischen (GWP, ODP), als auch den technischen Anforderungen (Betriebsgrenzen, Temperaturen) reduziert. Hierdurch entsteht eine Auflistung potenziell geeigneter Arbeitsmittel für Wärmepumpen. Anschließend wird das Systemverhalten der Fluide in Form der saisonalen Arbeitszahl (SCOP) nach DIN EN 14825 [24] bewertet. Dabei werden die Fluide innerhalb des einfachen Kreislaufes bestehend aus Verdichter, Verdampfer, Kondensator und Expansionsventil berechnet. Bei der Berechnung wird ein semi-physikalisches Verdichtermodell, welches die Effizienzen sowohl fluid- als auch betriebspunktabhängig berechnet, verwendet. Dadurch wird ein realitätsnahes Verhalten simuliert, sodass mögliche Vorteile der Wärmeübertragung durch Verschlechterungen der Kompression aufgewogen werden können. Abschließend wird die Eignung der berechneten Arbeitsmittel bewertet und für die unterschiedlichen Anwendungen von Wärmepumpen diskutiert.
2 Vorauswahl potenzieller Arbeitsmittel
2.1 Methodik der Arbeitsmittel-Vorauswahl
Das Arbeitsmittel in Wärmepumpen unterliegt einer Vielzahl an Anforderungen. Diese lassen sich in drei Bereiche: Politisch, (sicherheits-)technisch, und ökonomisch-ökologisch unterteilen. Innerhalb der ersten Kategorie befinden sich gesetzliche Vorgaben. Hierunter fallen unter anderem die europäische F‑Gas Verordnung [7] sowie das Montrealer Protokoll [8]. Diese begrenzen das maximale Ozonabbaupotential (ODP) zu null und das maximal erlaubte Treibhauspotential (GWP) zu 150 für zukünftige Arbeitsmittel in Wärmepumpen. Weiterhin sind weitere Beschränkungen von Arbeitsmitteln im Rahmen der europäischen REACH Regulierung für 2022 geplant [25]. Hierunter fallen vor allem die Fluide der HFO-Gruppe wie R1234yf, R1234ze(E) und R1243zf. Da die genauen Vorgaben noch nicht beschlossen sind, werden im Rahmen dieser Arbeit Fluide, welche nach aktuellem Stand von der Regulierung betroffen sind, gekennzeichnet. Eine weiterführende Diskussion wird allerdings nicht vorgenommen.
Neben den politischen Beschränkungen müssen technische Rahmenbedingungen erfüllt sein. Hierunter fallen minimale und maximale Betriebstemperaturen und –drücke. Die minimale Temperatur des Kältemittels hängt bei einer Wärmepumpe vor allem von der Wärmequelle und damit der Quellentemperatur ab. So müssen bei Luft-Wasser Wärmepumpen in Deutschland niedrigere Temperaturen berücksichtigt werden als bei bspw. Sole-Wasser Wärmepumpen. Gleichzeitig muss ein Betrieb im Überdruck (oberhalb des Umgebungsdruck von 1 atm) sichergestellt werden, da ansonsten Luft in den Kältekreis eindringen und dadurch den Betrieb stören kann. Zusätzlich dürfen Maximalwerte nicht überschritten werden. Hierbei limitieren die Materialeigenschaften der eingebauten Komponenten den maximalen Druck. Weiterhin darf die Temperatur am Verdichteraustritt, welche die höchste Temperatur im Prozess darstellt, definierte Grenzwerte nicht überschreiten. Das Öl, mit welchem das Arbeitsmittel innerhalb des Verdichters zur Verschleißreduktion im Kontakt steht, kann außerhalb der Betriebsgrenzen seine Schmierfähigkeit verlieren und seine Molekülstruktur beginnt bei hohen Temperaturen aufzubrechen. Zusätzlich zu den technischen Bedingungen, müssen sicherheitstechnische Vorgaben erfüllt werden. Diese korrelieren unmittelbar mit der Brennbarkeit und der eingesetzten Füllmenge des ausgewählten Arbeitsmittels.
Als dritte Kategorie sind die ökologisch-ökonomischen Voraussetzungen zu nennen. Beide Aspekte werden durch die resultierende Kreislaufeffizienz beeinflusst. Diese ist maßgeblich für die Betriebskosten (ökonomisch) und gleichzeitig für die indirekten Emissionen (ökologisch) einer Wärmepumpe verantwortlich. Die indirekten Emissionen, welche bei der Erzeugung des benötigten Stroms entstehen, sind aufgrund der relativ hohen spezifischen Emissionen des deutschen Strommixes der Großteil der mit Wärmepumpen einhergehenden Emissionen [26, 27].
Tab. 1 fasst die genannten Anforderungen zusammen. Für die Sicherheitsklasse werden alle nicht-toxischen Fluide zugelassen. Somit sind auch entflammbare (A2L, A2, A3) Arbeitsmittel erlaubt. Weiterhin werden zwei minimale Verdampfungstemperaturen zugelassen. Diese stellen Grenzwerte für den Betrieb einer Luft-Wasser bzw. Sole-Wasser Wärmepumpe dar.
2.2 Ergebnisse der Vorauswahl
Die in Abschn. 2.1 vorgestellte Selektionsmethodik für Arbeitsmittel in Wärmepumpe wird nachfolgend angewandt. Die Basis der Fluide bildet die REFPROP Stoffdatenbank des amerikanischen NIST [28]. Diese umfasst in der aktuellen Version 268 Fluide, darunter sowohl Reinstoffe als auch Gemische. Weiterhin werden neuere Gemische, für welche noch kein Stoffmodell in REFPROP vorhanden sind, händisch hinzugefügt. Das Ergebnis der Vorselektion liefert Tab. 2.
Die Vorauswahl liefert 32 Fluide, welche bei −15 °C noch im Überdrück betrieben werden können. Von diesen ist nur R516A nicht in REFPROP vorhanden und wir über Mischungsregeln in REFPROP angenähert. Weiterhin sind die drei konventionell eingesetzten Arbeitsmittel R410A, R134a und R32 als Referenz aufgelistet. Bei einer Verdampfungstemperatur von −30 °C hingegen werden nur noch 14 Fluide im Überdruck betrieben. Abgesehen von R152a und R161 gehören die Fluide entweder der Gruppe der Kohlenwasserstoffe (KW) oder der Hydrofluorolefine (HFO) an. Weiterhin sind alle der selektieren Fluide mindestens A2L klassifiziert und somit brennbar.
3 Bewertung der Arbeitsmittel
3.1 Modellierung des Kreisprozesses
Im Anschluss an die Vorauswahl der potenziellen Arbeitsmittel wird eine Kreislaufberechnung durchführt, um das Potenzial des Arbeitsmittels innerhalb der Wärmepumpe zu bestimmen. Dafür wird ein einfacher Kältekreislauf bestehend aus den vier Komponenten Verdichter, Kondensator, Expansionsventil und Verdampfer betrachtet. Abb. 1 illustriert das Kreislaufschema und die Verschaltung der Komponenten. Weiterhin werden für die Berechnung Annahmen benötigt. Diese sind:
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Vernachlässigung der Druck- sowie Wärmeverluste
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Konstante Überhitzung am Eintritt des Verdichters von \(\Updelta T_{\text{\"UH}}=5\,\mathrm{K}\)
-
Am Kondensator muss mindestens eine Unterkühlung \(\Updelta T_{\mathrm{UK},\min }=0,2\,\mathrm{K}\) vorliegen
-
Minimale Temperaturdifferenz in den Wärmeübertragern von \(\Updelta T_{\text{Pinch}}=2\,\mathrm{K}\)
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Wärmeübertrager in Gegenstromauslegung
Abb. 2 zeigt für ein Fluid exemplarisch das Temperatur-Enthalpie Diagramm. Dort sind die Zustandsänderungen des Arbeitsmittels in schwarz dargestellt. Weiterhin sind in Rot das sekundäre Fluid im Kondensator (Wasser) und in Blau das sekundäre Fluid im Verdampfer (Luft/Sole) eingetragen.
Das obere und untere Druckniveau stellen sich dabei in Abhängigkeit der Sekundärfluide ein. Dazu wird ein Pinch-Modell für beide Wärmeübertrager verwendet. Als minimale Temperaturdifferenz ΔTPinch wird in der Berechnung 2 K gewählt. Dabei werden die Druckniveaus so optimiert, dass zum einen ein physikalisches Verhalten gegeben ist und zum anderen die Kreislaufeffizienz (COP) für jedes Fluid maximiert wird. Selbiges geschieht für die Unterkühlung am Kondensatoraustritt. Die Bestimmung einer fluidabhängigen Unterkühlung ist bei der Betrachtung von Gemischen entscheidend, da diese einen unmittelbaren Einfluss auf das obere Druckniveau hat. Das obere Druckniveau beeinflusst wiederum die zugeführte Arbeit im Verdichter und somit die Effizienz.
Die Berechnung der Zustandsänderung im Verdichter erfolgt mit Hilfe des isentropen Wirkungsgrades ηis. Dieser stellt das Verhältnis aus der minimalen und der real benötigten Arbeit dar. Dieses Verhältnis zeigen Gln. 1 und 2.
Dabei ist h die spezifische Enthalpie, s die spezifische Entropie und p der Druck des jeweiligen Zustandes. Der Zustand 2 s entsteht in Folge einer isentropen Kompression.
Innerhalb der Kreislaufberechnung wird der isentrope Wirkungsgrad mit Hilfe eines semi-physikalischen Verdichtermodells für einen Hubkolbenverdichter berechnet [30]. Das Modell bestimmt den isentropen Wirkungsgrad in Abhängigkeit des Eintrittsdrucks p1, der Eintrittstemperatur T1 und des Austrittsdrucks p2 für jedes Fluid individuell. Dadurch kann ein realitätsnahes Fluidverhalten im Verdichter abgebildet werden. Ein realitätsnahes Verdichterverhalten ist bei der Fluidbewertung essentiell, da dort die größten Verluste anfallen und somit maßgeblichen Einfluss auf die Kreislaufeffizienz hat [12]. Der Hubkolbenverdichter erreicht tendenziell niedrigere Effizienzen als Scroll- und Rollkolbenverdichter, welche in den meisten Wärmepumpen eingesetzt werden. Allerdings liegt der Fokus dieser Arbeit auf der resultierenden Fluidreihenfolge und nicht auf den absoluten Größen. Die relativen Änderungen durch die Anpassung des Fluids sind bei Verdichtern ähnlich, weshalb ein realitätsnahes Ranking der Fluide mit dem Hubkolbenverdichtermodell bestimmt werden kann. Zusätzlich ist die Verwendung eines Verdichtermodells entscheidend, da unterschiedliche Betriebspunkte in die Berechnung der der saisonalen Arbeitszahl eingehen. Hierfür ist die Abhängigkeit der Effizienz vom Betriebspunkt ausschlaggebend, da diese Abhängigkeit für jedes Fluid unterschiedlich ausfällt.
Basierend auf der Kreislaufberechnung werden Kennzahlen zur Einordnung der Arbeitsmittel bestimmt. Eine wesentliche thermodynamische Kennzahl ist die Effizienz (COP). Der COP beschreibt das Verhältnis aus thermischem Nutzen zu energetischem Aufwand. Innerhalb einer Wärmepumpe ist dies der im Kondensator abgeführte Wärmestrom bezogen auf die im Verdichter zugeführte elektrische Leistung. Dieses Verhältnis zeigt Gl. 3. Für einen konstanten Massenstrom gilt spezifisch:
Auf Basis des COP, welcher die Effizienz in einem definierten Betriebspunkt darstellt, wird die saisonale Arbeitszahl SCOP ausgewertet, da Wärmepumpen im Allgemeinen nicht statisch betrieben werden. Die Berechnung erfolgt im Rahmen dieser Arbeit auf Basis der DIN EN 14825 [24] für eine Luft-Wasser Wärmepumpe in einem mittleren Klima (ähnlich zu Straßburg) für niedrige Senkentemperaturen (35 °C).
Eine weitere Kennzahl zur Einordnung der notwendigen Anlagengröße ist die volumetrische Heizenergie VHC. Diese stellt den abgeführten Wärmestrom im Kondensator in das Verhältnis zum Volumenstrom am Eintritt des Verdichters und ist in Gl. 4 dargestellt.
Die volumetrische Heizenergie ist ein Maß für die benötigte Anlagengröße. Fällt diese vergleichsweise klein aus, müssen die Durchmesser der Rohrleitungen und der Verdichter größer gewählt werden, sodass eine ähnliche Wärmeleistung zu Arbeitsmitteln mit hoher VHC erzielt werden kann. Die Berechnung des Kreislaufes erfolgt innerhalb der Programmiersprache Python. Für die Berechnung der Fluideigenschaften wird die Stoffdatenbank REFPROP des NIST [28] verwendet.
3.2 Kreislaufverhalten der identifizierten Arbeitsmittel
Das Betriebsverhalten der zuvor reduzierten potenziellen Arbeitsmittel wird nachfolgend analysiert. Hierfür wird auf die DIN EN 14825 zur Berechnung des SCOP zurückgegriffen, welche die aktuelle Richtlinie für Wärmepumpenhersteller darstellt. In dieser Richtlinie wird die saisonale Arbeitszahl auf Basis einzelner Betriebspunkte bestimmt. Für die Berechnung wird eine niedrige Temperatur der Senke (35 °C) unter mittleren Klimabedingungen (charakteristisch für die Stadt Straßburg) angesetzt.
Abb. 3 zeigt das Betriebsverhalten nach DIN EN 14825 für die in Abschn. 3.1 vorausgewählten Arbeitsmittel (siehe Tab. 2). Dabei ist die Effizienz der Wärmepumpe über der volumetrischen Heizenergie aufgetragen. Alle Werte sind auf das Arbeitsmittel R410A normiert. Die Farbskala innerhalb der Abbildung zeigt die Sicherheitsklassen der jeweiligen Fluide.
Im detaillierten Arbeitsmittelvergleich sind mehrere Aspekte auffällig. Zum einen weisen alle alternativen Arbeitsmittel kleinere volumetrische Heizenergien als die Referenzfluide R410A und R32 auf, wobei Propen (R1270) mit etwa 70 % von R410A den höchsten Wert aufweist. Hauptursache sind die unterschiedlichen Betriebsdrücke. Bei R410A und R32 handelt es sich um Hochdruckfluide. Für den Betriebspunkt A2/W35 (hierbei steht das A für die Wärmequelle „Air“ und das W für die Wärmesenke „Water“) beispielsweise liegt das untere Druckniveau für R410A bei 6,8 bar und für R32 bei 6,9 bar. Demgegenüber stehen exemplarisch Propen (R1270) mit 5 bar und R1234ze(E) mit nur noch 1,8 bar, welches insgesamt die niedrigste volumetrische Heizenergie aufweist. Aufgrund des deutlich höheren Eintrittsdrucks ist die Dichte am Eintritt des Verdichters ebenfalls höher, wodurch nach Gl. 4 die volumetrische Heizenergie zunimmt. Als Konsequenz müssen zukünftige Wärmepumpen höhere Volumenströme fördern, wodurch zum einen das Hubvolumen des Verdichters und zum anderen die Rohrdurchmesser vergrößert werden müssen, um die gleiche Heizleistung wie z. B. R410A zu erreichen.
Im Gegensatz zur volumetrischen Heizenergie zeigen einige der selektierten Arbeitsmittel hinsichtlich der Effizienz ein deutliches Verbesserungspotential bezogen auf die Referenzfluide. Hierbei zeigen die Reinstoffe R161 und RC270 die höchsten Effizienzen mit einer Verbesserung von etwa 15 % im Vergleich zu R410A. Demgegenüber stehen die Gemische R445A und R441A, welche die niedrigsten Effizienzen zeigen. Dies kann vor allem auf den jeweiligen Temperaturgleit zurückgeführt werden, welcher für beide Gemische um 20 K liegt. Durch den hohen Temperaturgleit innerhalb des Zweiphasengebietes liegt der Pinch-Punkt innerhalb der beiden Wärmeübertrager jeweils am Austritt des Arbeitsmittels. Dadurch stellt sich eine insgesamt deutlich höhere mittlere Temperaturdifferenz zwischen Arbeitsmittel und sekundärem Fluid ein, wodurch nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zusätzliche Verluste (Zunahme der Irreversibilität) während der Wärmeübertragung entstehen. Weiterhin muss der Prozess dadurch zu niedrigen, unteren Druckniveaus ausweichen. Die Folge ist, dass das Druckverhältnis und somit auch die notwendige Verdichtungsarbeit zunehmen. Insgesamt hat dies einen negativen Einfluss auf die Kreislaufeffizienz.
Wird weiterhin als dritte Größe zusätzlich die Sicherheitsklasse der Arbeitsmittel berücksichtigt, zeigt sich, dass die A3 Arbeitsmittel (die nicht-toxischen aber hochentzündlichen Fluide) das höchste Potenzial sowohl hinsichtlich der Effizienz als auch der volumetrischen Heizenergie besitzen. Innerhalb dieser Studie handelt es sich dabei abgesehen von R161 um KW. Dabei beinhaltet die Gruppe sowohl Reinstoffe als auch Gemische, wobei entweder Propan (R290) oder Propen (R1270) den Hauptbestandteil der jeweiligen Gemische darstellen. Weiterhin erreichen die A2 klassifizierten Arbeitsmittel ebenfalls hohe Effizienzen, allerdings ist deren volumetrische Heizenergie verhältnismäßig gering (vgl. R152a etwa 40 % von R410A) und liegen damit in einem ähnlichen Bereich wie das Referenzfluid R134a. Diese Beobachtungen können auch experimentellen Arbeiten entnommen werden [21, 31].
Als dritte Gruppe sind die A2L Arbeitsmittel dargestellt. Diese weisen die niedrigsten Effizienzen der alternativen Fluide auf. Im Vergleich zu R410A erreicht der Reinstoff R1243zf einen um 6 % höheren SCOP, wobei das Gemisch R455A mit ca. 60 % von R410A die höchste volumetrischen Heizenergie aufweist. Innerhalb der Gruppe der A2L Arbeitsmittel befinden sich ausschließlich HFOs. Die meisten Fluide dieser Gruppe sind wiederum Gemische, welche größtenteils auf R1234yf und R32 basieren. Innerhalb dieser Studie zeigen die Gemische im Vergleich zum Reinstoff R1234yf ein verbessertes Kreislaufverhalten – sowohl hinsichtlich der Effizienz als auch der volumetrischen Heizenergie, liegen allerdings dennoch unterhalb der KW. Die Gemische R454C, R455A, R457A und R459B besitzen alle einen Temperaturgleit von mindestens 6 K. Hierbei kann das Potenzial des Temperaturgleits im einfachen Kreislauf nicht vollständig genutzt werden. Das Potenzial kann allerdings in einem veränderten Kreislaufschema durch den Einbau eines internen Wärmeübertragers ausgeschöpft werden. Hierbei wird die Überhitzung aus dem Verdampfer in den internen Wärmeübertrager ausgelagert, wodurch das untere Druckniveau angehoben werden kann. Dieser Effekt ist besonders stark bei Gemischen mit Temperaturgleit. Eine detaillierte Untersuchung wird im Rahmen dieser Arbeit allerdings nicht durchgeführt. Gleichzeitig hat der Temperaturgleit von Gemischen nicht nur positive Einflüsse. Aufgrund der Temperaturänderung sowie der unterschiedlichen Zusammensetzungen der Flüssig- und Gasphase innerhalb des Nassdampfgebietes führen Gemische meist zu einem reduzierten Wärmeübergangskoeffizienten während des Phasenwechsels [32]. Dies führt insgesamt zu einer reduzierten Wärmeübertragung. Dieser Einfluss muss insbesondere bei der Dimensionierung der Wärmeübertrager beachtet werden. Zusätzlich entweicht im Falle einer Leckage vermehrt die leicht-flüchtige Komponente aus dem Gemisch. Dadurch stellt sich mit der Zeit eine veränderte Gesamtgemischzusammensetzung ein, welche den Prozess negativ beeinflussen kann.
Eine Begründung dafür, dass die HFO niedrigere Kreislaufeffizienzen aufweisen als die KW, ist der isentrope Wirkungsgrad im Verdichter. Dieser wird innerhalb dieser Arbeit fluid- und betriebspunktabhängig bestimmt. Für die Betriebspunkte A2/W35 (blau) und A7/W35 (orange) sind die Wirkungsgrade für ausgewählte Fluide in Abb. 4 dargestellt. Die Wirkungsgrade schwanken stark in Abhängigkeit sowohl des Fluides als auch des Betriebspunktes. Hierbei zeigen die KW R432A, R1270 und R290 deutlich höhere Wirkungsgrade als die HFO-Reinstoffe R1234yf und R1243zf mit Unterschieden von bis zu 8 Prozentpunkten. Die Wirkungsgrade der HFO-Gemische liegen vornehmlich zwischen den KW und den HFO-Reinstoffen. Durch die niedrigeren Wirkungsgrade steigen die Verluste innerhalb des Verdichters für die HFO an, wodurch die Kreislaufeffizienz absinkt. Bei den Gemischen kommt darüber hinaus der bereits diskutierte Temperaturgleit, dessen Potenzial im einfachen Kreislauf nicht vollständig genutzt werden kann. Dies führt insgesamt zu den niedrigeren saisonalen Arbeitszahlen. Weiterhin wird ersichtlich, dass die Annahme eines konstanten isentropen Wirkungsgrades, wie dies in der Literatur üblich ist, eine starke Vereinfachung darstellt und die Fluidauswahl beeinflusst. Daher sollten bei Fluidvergleichen betriebspunkt- und fluidabhängige Wirkungsgrade im Verdichter berücksichtigt werden.
Neben der Effizienz und der volumetrischen Heizenergie ist die resultierende Austrittstemperatur am Verdichter, welche die höchste Prozesstemperatur darstellt, eine wichtige Kennzahl für die Eignung eines Arbeitsmittels. Innerhalb des Verdichters interagiert das Arbeitsmittel mit dem Schmieröl. Um eine ausreichende Schmierung des Verdichters sicherzustellen, sollte die Öltemperatur einen Schwellwert nicht überschreiten. Dieser liegt meist im Bereich von 100 bis 120 °C [33]. Diese Beschränkung ist insbesondere für hohe Temperaturhübe limitierend. Folglich sollte die Verdichteraustrittstemperatur gerade bei hohen Temperaturhüben möglichst niedrig ausfallen.
Abb. 5 zeigt exemplarisch die Austrittstemperaturen für ausgewählte Arbeitsmittel für den Betriebspunkt A‑7/W65. Weiterhin fasst Tab. 2 die resultierenden Temperaturen aller betrachteten Fluiden zusammen. Von den dargestellten Arbeitsmitteln liegen nur Propan und R1234yf unterhalb von 100 °C und halten die Vorgabe hinsichtlich der maximalen Schmieröltemperatur ein. Dies unterliegt allerdings der Annahme, dass Schmieröl und Arbeitsmittel dieselbe Temperatur aufweisen.
Besonders hervorzuheben ist hier R161, welches die höchste Kreislaufeffizienz in dieser Studie aufzeigt. Während des Betriebs können mit R161 Temperaturen oberhalb von 120 °C auftreten, weshalb hinreichende Schmiereigenschaften gängiger Schmierstoffe und damit eine ausreichende Schmierung des Verdichters nicht sichergestellt ist. Dementsprechend scheidet R161 als potenzielle Alternative für Wärmepumpen mit hohen Temperaturhüben (bspw. Luft-Wasser Wärmepumpen) im Rahmen dieser Studie aus. Für Anwendungen, welche im Allgemeinen höhere Quellentemperaturen und damit niedrigere Temperaturhübe bedingen (bspw. Sole-Wasser Wärmepumpen) könnte das Fluid allerdings eine hocheffiziente Alternative darstellen. Andere Fluide wie bspw. RC270 zeigen ein ähnliches Verhalten.
Zusammenfassend zeigt sich, dass bei der Auswahl eines geeigneten Arbeitsmittels für Wärmepumpen viele Faktoren gleichzeitig berücksichtigt werden müssen, welche bisher noch separat (z. B. anhand von einfachen Fluidheurisiken oder Erfahrungen) bestimmt werden. Aus diesem Grund liefert das nachfolgende Abschnitt eine Diskussion über die Potenziale und Limitationen einzelner Arbeitsfluide. Gleichzeitig werden die Arbeitsmittel, welche unter Berücksichtigung diverser Faktoren das höchste Potenzial besitzen, vorgeschlagen und zusätzlicher Forschungsbedarf aufgezeigt.
3.3 Diskussion
Die Untersuchung potenziell geeigneter Arbeitsmittel in Wärmepumpen aus Abschn. 3.2 zeigt, dass unter gegeben politisches Vorgaben brennbare Fluide unausweichlich sind. Die identifizierten Arbeitsmittel teilen sich (mit Ausnahme von R152a und R161) in die zwei Hauptgruppen der natürlichen Arbeitsmittel und der Hydrofluorolefine (HFO) auf. Die durchgeführte Analyse zeigt dabei deutliche Differenzen hinsichtlich der Kreislaufeffizienz zwischen den zwei Kältemittelgruppen. Dabei liefern die natürlichen Arbeitsmittel im Schnitt 5 bis 10 % höhere Effizienzen. Somit sind die natürlichen Kältemittel bezüglich der thermodynamischen Eigenschaften der Gruppe der HFO zu bevorzugen. Allerdings ist ein direkter Vergleich oft nicht möglich. Dies liegt insbesondere an den zusätzlichen Vorgaben hinsichtlich der maximal erlaubten Füllmenge des jeweiligen Arbeitsmittels. Eine Vorschrift ist hier die EN 378 [34]. Innerhalb der Vorschrift wird die erlaubte Füllmenge eines Fluides unter anderem in Abhängigkeit der Größe des Raumes, in welchem die Anlage aufgestellt wird und der unteren Explosionsgrenze des Fluides bestimmt. Die untere Explosionsgrenzen von natürlichen Kältemitteln und HFOs unterscheiden sich deutlich, was unter anderem auch innerhalb der höheren Sicherheitsklasse (A3 und A2L) zusammengefasst ist. Im Vergleich zu R1234yf hat bspw. Propan eine um den Faktor acht niedrigere untere Explosionsgrenze. Insgesamt führt dies dazu, dass für A3 klassifizierte Arbeitsmittel Füllmengen im Bereich von 150 g und für A2L klassifizierte Arbeitsmittel, wozu die HFOs gehören, von ca. 1,8 kg erlaubt sind, welche innen aufgestellt werden können. Die Konsequenz daraus ist, dass Wärmepumpen, welche A3 Kältemittel verwenden, außen aufgestellt werden müssen, da andernfalls vergleichsweise geringe Wärmeleistungen (aufgrund der Füllmenge von 150 g) realisiert werden können [35]. Hiermit gehen zum einen zusätzliche Kosten aber auch sekundäre Effekte wie die zusätzlichen Schallemissionen einher.
Bei Luft-Wasser Wärmepumpen, welche mit fast 80 % den Großteil der Wärmepumpen in Deutschland ausmachen [36], ist die Außenaufstellung technisch gut realisierbar, da diese im Allgemeinen aus zwei Einheiten bestehen: Einer Innen- und einer Außeneinheit. Hierfür existieren zwei Möglichkeiten der Anordnungen für den Kältekreis: Die Anordnung als Monoblock und als Split-Einheit. Bei der Monoblock-Anordnung befindet sich der vollständige Kältekreis innerhalb der Außeneinheit. Innerhalb des Kondensators zirkuliert als sekundären Fluid meist ein Glykol-Wasser-Gemisch, welches über einen zweiten Wärmeübertrager in der Inneneinheit die Wärme an den Heizkreislauf abgibt. Demgegenüber steht die Split-Ausführung, bei welcher sich der Kondensator innerhalb der Inneneinheit befindet – der Kältekreis ist somit aufgeteilt. Der Vorteil an dieser Ausführung ist die Einsparung des zusätzlichen Wärmeübertragers. Dadurch wird der Zwischenkreislauf des Glykol-Wasser-Gemischs weggelassen und insgesamt die Temperaturdifferenz zwischen Heiz- und Kältekreislauf reduziert. Die Reduktion der Temperaturdifferenz liegt dabei im Bereich von 2 bis 5 K. Dadurch kann der Temperaturhub innerhalb des Kältekreises reduziert und insgesamt die Effizienz gesteigert werden. Diese Ausführung ist aufgrund der Vorgabe zur erlaubten Füllmenge für A3 Kältemittel allerdings nicht zulässig, weshalb diese in der ineffizienteren Monoblock-Ausführung hergestellt werden. Für A2L Kältemittel kann die Split-Ausführung aufgrund der höheren erlaubten Füllmenge hingegen realisiert werden. Durch die veränderte Ausführung kann der allgemeine Effizienzvorteil, welcher mit natürlichen Kältemitteln einhergeht und in Abschn. 3.2 aufgezeigt wurde, teilweise aufgewogen werden, da diese aufgrund der höheren Temperaturdifferenz bei leicht höheren Kondensatortemperaturen betrieben werden müssen. Die exakten Auswirkungen sind innerhalb der verfügbaren Literatur allerdings noch nicht quantifiziert worden.
Neben der Gesamtanlageneffizienz sollten bei der Arbeitsmittelwahl auch Umwelteinflüsse berücksichtigt werden. HFOs bilden innerhalb der Atmosphäre während des Abbauprozesses unter anderem Trifluoressigsäure (TFA) [37]. TFA hat eine sehr hohe Wasserlöslichkeit und ist gleichzeitig schwer abbaubar. Über Niederschläge kann das in der Atmosphäre gebildete TFA ins Grundwasser gelangen, wo dieses über herkömmliche Reinigungsmethoden nicht aus dem Wasser entfernt werden kann. Dadurch wird das Grundwasser kontaminiert, weshalb das Umweltbundes im Jahr 2019 die Empfehlung ausgegeben hat, den Einsatz von TFAs zu minimieren [38]. Die mittel- bis langfristigen Auswirkungen von TFA sind noch nicht vollständig bekannt, weshalb der endgültige Einfluss durch einen vermehrten Einsatz von HFOs aktuell nicht bestimmt werden kann. Nichtsdestotrotz sind zukünftig politische Vorgaben bezüglich des Ausstoßes von TFA bildenden Stoffen möglich und werden im Rahmen der Anpassung der europäischen REACH Verordnung (Registration, Evaluation, Authorisation and Restrication of Chemicals) bereits diskutiert [25]. Daher muss bei der Verwendung von HFOs bereits jetzt eingeplant werden, dass zusätzliche Regularien den Einsatz limitieren oder verbieten können.
Die aktuellen Vorgaben des Gesetzgebers beziehen sich insbesondere auf die ökonomischen Aspekte des ODP und GWP des Arbeitsmittels der Wärmepumpe. Hierdurch soll eine weiterer Abbau der Ozonschicht verhindert sowie das Fortschreiten des Klimawandels verlangsamt werden. Innerhalb der Literatur haben allerdings mehrere Autoren aufgezeigt, dass hiermit nur ein kleiner Teil der Gesamtemissionen, welche mit der Herstellung, dem Betrieb sowie der Entsorgung von Wärmepumpen verbunden sind, berücksichtigt werden [26, 27]. In den meisten Ländern überwiegen die indirekten Emissionen, welche mit der Stromerzeugung verbunden sind, die durch die Leckage des Arbeitsmittels und dessen GWP entstehenden direkten Emissionen. Der Anteil der indirekten Emissionen wird zwar durch eine erhöhte Einbindung regenerativer Energiequellen in die Strombereitstellung in Zukunft sinken, eine vollständige Angleichung beider Emissionsarten weltweit wird allerdings noch Jahrzehnte dauern. Folglich ist eine umfangreichere, gleichzeitige Betrachtung für eine Regulierung umweltfreundlicher Arbeitsmittel zielführend. Eine vergleichsweise einfache Methode kann hier eine Abschätzung über den Total Equivalent Warming Impact (TEWI) sein, welche sowohl die indirekten als auch die direkten Emissionen des Betriebs berücksichtigt. Eine weitere Möglichkeit ist die Betrachtung des vollständigen Lebenszyklus der Wärmepumpe (LCA). Hierdurch können weitere Effekte wie die TFA-Bildung innerhalb der ökologischen Bewertung berücksichtigt werden, um den gesamten Umwelteinfluss des Wärmepumpensystems zu berücksichtigen.
Unter aktuellen Rahmenbedingungen für Wärmepumpen werden natürliche Kältemittel und HFOs zukünftig unausweichlich sein. Hierbei haben beide Gruppen von Arbeitsmitteln Vor- und Nachteile. Im Rahmen dieser Studie kristallisieren sich die A3 Arbeitsmittel Propan, Propen sowie deren Gemische (R433A, R433B und R433C) als die effizientesten Fluide heraus. Diese sind allerdings durch ihre Füllmenge limitiert und müssen daher als Monoblock gebaut werden, um die geforderten Leistungen erzielen zu können. Der Einfluss der veränderten Ausführung sollte zukünftig genauer quantifiziert werden. Falls eine innen aufgestellte Wärmepumpe erforderlich ist, zeigen die A2L Arbeitsmittel R454C, R457A und R516A insgesamt das größte Potenzial. Das Potenzial kann hierbei weiter erhöht werden, wenn das Kreislaufschema durch einen internen Wärmeübertrager erweitert und damit der Temperaturgleit genutzt werden kann. Diese Arbeitsmittel werden allerdings zukünftig von weiteren Regularien betroffen sein, welche bei der Auswahl und der langfristigen Entscheidung für ein Arbeitsmittel berücksichtigt werden müssen.
4 Zusammenfassung
Im Rahmen dieses Beitrags wird eine Marktanalyse potenzieller alternativer Arbeitsmittel durchgeführt. Hierfür werden die Fluide hinsichtlich der ökologischen Vorgaben (kein Ozonabbaupotential, Treibhauspotential unter 150) sowie technischen Anforderungen für Wärmepumpen zur Bereitstellung von Raumwärme und Trinkwarmwasser selektiert. Hierbei werden insgesamt 32 Fluide identifiziert, welche potenziell als alternatives Arbeitsmittel in zukünftigen Wärmepumpen geeignet sind. Die meisten Fluide sind dabei Kohlenwasserstoffe (KW) oder Hydrofluorolefine (HFO). Anschließend wird das Betriebsverhalten mit Hilfe der saisonalen Arbeitszahl nach DIN EN 14825 bestimmt. Für die Kreislaufberechnung wird der einfache Kreislauf mit einem semi-physikalischen Verdichtermodell verwendet, um einen realitätsnahen Betrieb abzubilden. Hierbei zeigen die KW ein Verbesserungspotential der Arbeitszahl im Vergleich zu R410A von bis zu 15 % (RC270). Die HFO zeigen ein geringes Verbesserungspotential von 6 % (R1243zf). Bei der Wahl des Arbeitsmittels müssen allerdings weitere Aspekte betrachtet werden. HFO bilden innerhalb der Atmosphäre die Trifluoressigsäure (TFA), deren langfristige Auswirkungen noch nicht vollständig bestimmt sind. Demgegenüber stehen Füllmengenbeschränkung für die hochentzündlichen KW. Insgesamt zeigen die Arbeitsmittel Propan, Propen sowie deren Gemische das höchste Potenzial. Für Anwendungen, in denen innenaufgestellte Wärmepumpen erforderlich sind, bieten die HFO R454C, R457A und R516A effiziente Alternativen, deren Effizienz durch die Integration eines internen Wärmeübertragers in den Kältekreislauf weiter gesteigert werden kann.
5 Nomenklatur
Die Nomenklatur ist in Tab. 3 dargestellt.
Literatur
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Förderung
Die Arbeiten wurden im Rahmen des Vorhabens LOGIN (Förderkennzeichen: 03EN4011) durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert.
Funding
Open Access funding enabled and organized by Projekt DEAL.
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Höges, C., Venzik, V., Vering, C. et al. Bewertung alternativer Arbeitsmittel für Wärmepumpen im Gebäudesektor. Forsch Ingenieurwes 86, 213–224 (2022). https://doi.org/10.1007/s10010-022-00584-0
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