figure a
figure b

In der 1984 vom Schweizer Bundesamt für Umweltschutz erstellten Packstoffstudie wurde der Begriff Ökobilanz zum ersten Mal verwendet. Im deutschsprachigen Raum etablierte sich dieser Begriff, obwohl die englische Bezeichnung Life Cycle Assessment (LCA) die Methode treffender beschreibt. Die deutsche Übersetzung Lebenszyklusanalyse wird zwar teilweise verwendet, in den offiziellen Normen hat sich diese Bezeichnung aber nicht durchgesetzt. Gemäß Definition liegt der zentrale Gedanke in der Betrachtung des gesamten Lebensweges. Den Lebensweg bilden dabei die aufeinander folgenden und zusammenhängenden Stufen eines Produktsystems, welche sich von der Rohstoffgewinnung und -erzeugung, der Energiebereitstellung, über die Produktion bis zur Anwendung, Abfallbehandlung und endgültigen Beseitigung erstrecken (EN ISO 14040, 2006).

Nach einer ersten Phase der Anerkennung des Gedankens, Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes zu betrachten und so einem „Shift of Burdens“ entgegenzuwirken, musste sich die Ökobilanz aufgrund unterschiedlicher Ergebnisse und Interpretationen zu spezifischen Themen (bekannt ist das Beispiel der Altpapierverwertung, wo seriöse Studien in Abhängigkeit von den Rahmenbedingungen sowohl Vorteile für die Verbrennung als auch für die stoffliche Verwertung zeigen) einige Zeit den Vorwurf der Intransparenz und Beliebigkeit gefallen lassen. In den vergangenen Jahrzehnten wurde jedoch in diesem Themenbereich viel standardisiert und neben den diversen ISO-Richtlinien stellt mittlerweile ein vom Europäischen Zentrum zur Lebenszyklusanalyse entwickeltes Handbuch (bekannt als ILCD Guideline) den Stand der Technik dar.

Nicht zuletzt die in der Abfallrahmenrichtlinie vorgestellte Idee ein Konzept einzuführen, das den gesamten Lebenszyklus von Produkten und Stoffen und nicht nur die Abfallphase berücksichtigt, sowie den Schwerpunkt auf die Reduzierung der Umweltauswirkungen von Abfallerzeugung und -bewirtschaftung zu setzen, und damit einhergehend der Hinweis auch gegebenenfalls von der Abfallhierarchie abzuweichen, wenn dies durch Lebenszyklusdenken hinsichtlich der gesamten Auswirkungen der Erzeugung und Bewirtschaftung dieser Abfälle gerechtfertigt ist, führten auch in der Abfallwirtschaft zu einer immer intensiveren Beschäftigung mit dem Thema.

Im vorliegenden Heft werden verschiedene Forschungen zum Themenkomplex Ökobilanzierung in der Abfallwirtschaft dargestellt und somit auch deren große Spannweite aufgezeigt. Drei Beiträge im Heft befassen sich mit Bewertungen im Bereich der biologischen Abfallbehandlung bzw. biogener Stoffe. In dem Artikel von KNAPPE wird die stoffliche Nutzung von Vergärungsrückständen und Komposten näher beleuchtet. Hauptthema des Artikels ist es, die potenziellen Nutzen, die mit Ausbringung von Komposten verbunden sind, zu identifizieren, und so über Umweltwirkungskategorien zu beschreiben, dass sie für Ökobilanzen handhabbar wurden.

Im Artikel von ORTNER et al. geht es um die optimierte Entsorgung von Altspeisefetten aus Haushalten, die bei unsachgemäßer Entsorgung über das Kanalsystem zu ökonomischen und ökologischen Schäden bzw. Ressourcenverlust führen. Betrachtet werden im Rahmen einer Treibhausgasbilanz drei verschiedene Verwertungswege, die alle drei ein ökologisch positives Endergebnis aufweisen.

OBERSTEINER et al. beleuchten wiederum die Umweltauswirkungen bei pyrolytischer Verwertung von biogenen Abfällen. Anhand einer österreichischen Produktionsanlage zur Herstellung von Pflanzenkohle werden relevante Prozesse detailliert betrachtet und die Ergebnisse für unterschiedliche Wirkungskategorien dargestellt.

Einem ganz anderen – aber umso relevanteren – Bereich der Abfallwirtschaft widmen sich BEIGL et al. in ihrer Studie. Sammelsysteme für Verpackungen sind derzeit aufgrund sich verändernder gesetzlicher Rahmenbedingungen von besonderer Bedeutung für die abfallwirtschaftliche Planung. In der vorliegenden Arbeit werden die Umweltauswirkungen ausgewählter Varianten zur Sammlung und Verwertung von Leicht- und Metallverpackungen untersucht.

Einem für alle Bereiche wesentlichen Thema widmen sich SCHWARZ et al. Die Autor/innen haben im Rahmen des universitätsübergreifenden Projektes (BOKU, TU Wien, Leoben und Innsbruck) „Benchmarking der österreichischen Abfallwirtschaft“ einen Teilaspekt der Lebenszyklusanalyse herausgegriffen und eine Begutachtung der österreichischen Transportwege unternommen. Ziel war es, eine Abschätzung über die Umweltwirkungen des Abfalltransportes für Österreich zu geben und darzustellen, welche durchschnittlichen Strecken für Sammlung und Behandlung zurückgelegt werden müssen.