FormalPara Leserbrief zu

Mühlensiepen F, Thoma S, Marschke J, Heinze M, Harms D, Neugebauer E, von Peter S (2019) „Wenn die mal nicht mehr kommen würden, dann kriege ich eine Krise“. Schmerz 33:320–328. https://doi.org/10.1007/s00482-019-0384-0

Die sehr begrüßenswerte Studie gibt einen weiteren Einblick in die Welt der ambulanten palliativmedizinischen Versorgung in Deutschland, welche in den letzten 10 Jahren eine rasante Entwicklung erfahren hat. Die Studie mit ihren 27 halbstrukturierten und problemzentrierten Interviews mit Patienten und Angehörigen ist innovativ und ergibt deutlich tiefere Einblicke in die Versorgungssituation als dies Untersuchungen mittels Fragebögen im Rahmen der Versorgungsforschung leisten können. Dem als Zitat gewählten Titel der Arbeit als Resümee der geleisteten ambulanten Palliativversorgung kann ich nur beipflichten. Die Autoren schreiben: „Trotz der Heterogenität in der Umsetzung konnten in den Ausführungen der Patienten und Angehörigen Unterschiede zwischen AAPV und SAPV in Bezug auf die Rollenverteilung der involvierten Leistungserbringer im Versorgungsnetzwerk identifiziert werden.“

„Entsprechend den Befunden von Schwabe et al. ändert sich dies aus Sicht der Interviewpartner der SAPV. Der Hausarzt verliert seine Rolle als medizinischer Experte und spielt eine eher nachgelagerte Rolle im Versorgungsnetzwerk.“ Die Autoren beschreiben treffend die Problemlagen, welche sich bei institutioneller Trennung von allgemeiner ambulanter Palliativversorgung (AAPV) und spezialisierter ambulanter Palliativversorgung (SAPV) ergeben. Leider wird in der Diskussion die in Westfalen-Lippe geübte Versorgungsform, welche immerhin bei einer Bevölkerung von 7 Mio. inzwischen über 20.000 Patienten in die ambulante Palliativversorgung einschließt, von denen 80 % häuslich versterben, nicht erwähnt, obwohl zu Ergebnissen der ambulanten Palliativversorgung in Westfalen-Lippe mehrfach im deutschen Schrifttum, auch in der Zeitschrift für Palliativmedizin, publiziert wurde. Die Schlussfolgerungen der Autoren unterstreichen die Bedeutsamkeit unbürokratischer Übergänge von AAPV zu SAPV, nach unseren Erfahrungen in Westfalen-Lippe am besten dadurch organisiert, dass man von Anbeginn die institutionelle Spaltung von AAPV und SAPV überwindet und eine Versorgung nach Bedarf sowohl ärztlich wie auch pflegerisch – koordiniert durch Fachpflegepersonal – organisiert. Die Diskussion um die zukünftige Gestaltung der ambulanten Palliativversorgung ist nicht abgeschlossen – es bleibt zu hoffen, dass die zu erwartende Rahmenvereinbarung SAPV die Gräben zwischen AAPV und SAPV nicht weiter vertieft und unsere ambulant zu versorgenden Palliativpatienten flächendeckend eine ausreichende und notwendige, qualitativ aber auch hochwertige Versorgung erfahren.