Außerklinische Ethikberatung: Eine Evaluation des Angebots in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land mittels Dokumentenanalyse und Befragung von Hausärzten

Zusammenfassung

Während die Implementierung und Nutzung von Ethikberatung in deutschen Krankenhäusern in den letzten 20 Jahren vorangeschritten ist, entstehen erst in den letzten Jahren zunehmend Ethikberatungsangebote im außerklinischen Bereich. In den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land in Südost-Bayern wurde 2012 eine außerklinische Ethikberatung etabliert. Um im Rahmen einer ersten Evaluation wissenschaftliche Erkenntnisse über den Bedarf, die Inanspruchnahme und die Zufriedenheit mit diesem Beratungsangebot zu gewinnen, wurde eine Dokumentenanalyse und eine Fragebogenerhebung unter den Hausärzten der beiden Landkreise durchgeführt. Insgesamt nahmen 58 der 195 angeschriebenen Hausärzte an der Umfrage teil (Rücklaufquote 29,7 %).

Die Auswertung der Dokumentation der außerklinischen Ethikberatung zeigte, dass die meisten Anfragen von betreuenden Angehörigen und aus Pflegeheimen kamen. Den Ergebnissen der Fragebogenerhebung zufolge sahen sich die Hausärzte mit vielfältigen ethischen Fragestellungen konfrontiert. Das Angebot einer ethischen Fallbesprechung zur Lösung dieser Konflikte wurde bislang jedoch nur von 17 Hausärzten in Anspruch genommen. Als Hauptgründe für die fehlende Nutzung des Angebots wurde der mangelnde Bekanntheitsgrad, der fehlende Bedarf und der organisatorische bzw. zeitliche Aufwand angeführt. Gleichzeitig äußerten Hausärzte, die eine ethische Fallbesprechung in Anspruch genommen haben, zu einem Großteil Interesse an einer erneuten Beratung (N = 9) und empfanden das Ergebnis der Ethikberatung als hilfreich (N = 8). Damit verdeutlichen die Ergebnisse der Studie, dass Hausärzte zwar vielfältige ethische Fragestellungen in ihrem Arbeitsalltag wahrnehmen, aber bislang nur vergleichsweise selten ein externes Beratungsangebot zur Entscheidungsunterstützung in Betracht ziehen.

Abstract

Definition of the problem

While the implementation and use of ethics consultation services in the clinical setting have progressed in Germany during the last 20 years, ethics consultation services in the non-clinical area have only become established in the last few years. In 2012, an extra-clinical ethics consultation service was implemented in the South Bavarian districts of Traunstein and Berchtesgadener Land.

Methods

Within a preliminary evaluation, a document analysis and a questionnaire survey among family practitioners in the two districts were conducted to gain information about the need of, the use of and the satisfaction with the ethics consultation service. Altogether, 58 of 195 contacted family practitioners participated in the survey (response rate 29.7%).

Results

The document analysis revealed that most requests for an ethics consultation came from family members and from nursing homes. The survey results showed that family practitioners faced various ethical issues. However, only 17 physicians used the extra-clinical ethics consultation service to solve ethical conflicts. A lack of familiarity with the ethics consultation service, no need for ethics support and the organizational and time effort were among the main reasons for not using the ethics consultation service. However, about half of the family practitioners, who participated in an ethical case discussion, would consider using the ethics support again (n = 9) and found the result of the ethics consultation helpful (n = 8). Thus, the results of our study show that although family practitioners perceive various ethical issues in their daily work, they still rarely consider an external counseling service to help solve ethical conflicts.