Die Einführung der Computertomographie (CT) Ende der 1970er Jahre ermöglichte erstmals eine sichere Differenzierung zwischen zerebralen Ischämien und Blutungen, was für die Entwicklung kausal orientierter Therapieansätze von entscheidender Bedeutung war. Auch heute noch ist die Nativ-CT als der bildgebende Standard vor einer thrombolytischen Behandlung anzusehen. Allerdings erlaubt die moderne multimodale Bildgebung eine weit über die Information der Nativ-CT hinausgehende Beschreibung pathophysiologischer Prozesse, was in der Akutphase des Schlaganfalls für Therapieentscheidungen genutzt werden kann.

In dem Ihnen heute vorliegenden Leitthema möchten wir Sie über die aktuellen Entwicklungen, die derzeitige Studienlage sowie das Potenzial der multimodalen Schlaganfallbildgebung informieren, sei es mittels MRT oder CT. Hierbei kommt es uns weniger auf die Beschreibung der zahlreichen technischen Fortschritte der letzten Jahre an, die u.a. zu einer erheblichen Beschleunigung der Untersuchungszeiten geführt haben. Vielmehr ist es das Ziel der hier zusammengestellten Artikel, Ihnen die klinisch-neurologische Sicht der Dinge zu präsentieren. Die Autoren beleuchten hierbei in ihren Übersichten, welche Evidenz aktuell für den Einsatz multimodaler Bildgebung im klinischen Alltag vorliegt. Insbesondere für den Bereich der MRT sind in den letzten Jahren eine Reihe an ersten kontrollierten Studien (u.a. DIAS I, DEDAS, DEFUSE, EPITHET) publiziert worden, die eine – durchaus auch kritische – Standortbestimmung sinnvoll erscheinen lassen.

Die Schlaganfallbildgebung wird aus klinisch-neurologischer Sicht dargestellt

Im ersten Artikel geben Thomalla et al. einen Überblick über die Möglichkeiten der Patientenselektion für die thrombolytische Therapie mittels magnetresonanztomographischer Perfusions- und Diffusionsbildgebung. Neben der Erläuterung der überwiegend positiven Datenlage zur „Mismatch-basierten“ Thrombolyse im erweiterten Zeitfenster (3–9 h) machen die Autoren jedoch auch deutlich, dass qualitativ hochwertige, kontrollierte Studien dringend notwendig sind, um den Stellenwert der multimodalen Magnetresonanztomographie zur Patientenauswahl eindeutig bestimmen zu können.

Im zweiten Artikel des Schwerpunktheftes gehen Singer et al. auf magnetresonanztomographische Befundkonstellationen ein, die mit einem erhöhten Blutungsrisiko unter thrombolytischer Therapie verbunden sind. Hierbei wird auf mittlerweile gesicherte Risikoindikatoren wie die zerebrale Mikroangiopathie, auf die Bedeutung größerer Diffusionsstörungen und auf letztlich noch nicht abschließend einzuordnende Faktoren wie die zerebralen Mikroblutungen eingegangen. Neben den „positiven“ Selektionskriterien (z. B. dem Vorliegen eines „Mismatchs“) ist die Berücksichtigung dieser bildgebenden Risikofaktoren von Bedeutung, um die Sicherheit der thrombolytischen Therapie in problematischen klinischen Situationen (erweitertes Behandlungszeitfenster, Vorliegen von relativen Kontraindikationen etc.) gewährleisten zu können.

Die aktuellen Entwicklungen im Bereich der multimodalen Computertomographie legen Dzialowski et al. dar. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf den Vergleich zur Schlaganfall-MRT gelegt, und es wird deutlich, dass die multimodale CT und das Schlaganfall-MRT jeweils spezifische Vor- und Nachteile haben.

Im Rahmen eines CME-Fortbildungsartikels erläutern Fiebach et al. das diagnostische Vorgehen bei Patienten mit intrazerebralen Blutungen. Auch hier wird auf die spezifischen Vorteile der CT- sowie MR-Diagnostik eingegangen. Unter anderem wird hier auch das im Vergleich zur CT recht komplexe Signalverhalten intrazerebraler Blutungen in der MRT ausführlich erläutert.

Auch wenn zahlreiche Fragen in Zukunft noch zu klären sind, bildet die multimodale Schlaganfallbildgebung bereits heute die Grundlage für zunehmend individualisierte und pathophysiologisch orientierte Therapieansätze, indem sie Informationen über potenzielle Behandlungsaussichten, aber auch über Therapierisiken liefert.

Dr. Oliver C. Singer

Prof. Dr. Tobias Neumann-Haefelin

Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Hacke