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Soeben ist die S3-Leitlinie zur akuten und chronischen Pankreatitis erschienen. Sie kann von der Website der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) heruntergeladen werden. Die meisten der Autorinnen und Autoren des vorliegenden Schwerpunktheftes waren an der Erstellung der Leitlinie beteiligt. Die Beiträge in dieser Ausgabe sind keine Kurzfassung der Leitlinie, sondern heben einige Themen zur Pankreatitis hervor. Die Inhalte der Beiträge decken sich natürlich mit den Aussagen der Leitlinie.

Die Pathogenese vieler Erkrankungen in der Inneren Medizin erklärt sich durch das Zusammenspiel zwischen Umweltfaktoren und genetischer Prädisposition. Dies ist besonders eindrucksvoll in der Pathogenese der chronischen Pankreatitis zu sehen. Die Kenntnis genetischer Assoziationen mit der Erkrankung hilft auch, den Pathomechanismus besser zu verstehen; das ist etwa bei der Frage relevant, warum viele Personen mit schädlichem Alkoholkonsum keine Pankreatitis entwickeln (Beitrag von J. Rosendahl, Halle/Saale, und H. Witt, München).

In der Diagnostik der chronischen Pankreatitis spielt die Messung der exokrinen Funktion eine untergeordnete Rolle, da der indirekte Pankreasfunktionstest, die Messung der Elastase im Stuhl, erst bei fortgeschrittener Pankreatitis pathologisch wird. Mit den verfügbaren bildgebenden Verfahren ist die Diagnose der Erkrankung und ihrer Komplikationen kein wirkliches Problem. Eine Herausforderung bleibt die Frühdiagnose eines Pankreaskarzinoms als Komplikation einer langjährigen chronischen Pankreatitis.

Die Frühdiagnose eines Pankreaskarzinoms bei chronischer Pankreatitis bleibt eine Herausforderung

Im Beitrag „Bildgebende Diagnostik bei chronischer Pankreatitis“ von V. Blank, H. Gößmann u. T. Karlas aus Leipzig wird ein sehr guter, auf der S3-Leitlinie basierender Algorithmus vorgestellt.

Schmerzen bei chronischer Pankreatitis können relativ oft durch eine Kombination verschiedener Medikamente beherrscht werden. Es gibt aber auch therapierefraktäre Schmerzen. In diesen Fällen wird in den USA die totale Pankreatektomie mit Autotransplantation der Inseln empfohlen. Die interventionellen endoskopischen Möglichkeiten sind vielfältig. Eine niederländische Studie zeigte aber, dass bei Pankreasgangstenose die Drainageoperation dem endoskopisch gelegten Stent überlegen war. Viele Chirurgen empfehlen bei chronischer Pankreatitis ein frühzeitiges resezierendes Verfahren. Der Gastroenterologe plädiert aber in der Regel für das Ausschöpfen der konservativen Möglichkeiten. Die Lektüre der Arbeit „Konservative oder chirurgische Therapie der chronischen Pankreatitis?“ von J.G. D’Haese, G. Beyer, J. Werner u. J. Mayerle aus München ist daher empfehlenswert.

Bei der Lektüre des Beitrags „Pathogenese der akuten Pankreatitis“ von M. Sendler, Greifswald, u. H. Algül, München, erfahren Sie, dass die Wege zur vorzeitigen Aktivierung der Proteasen, die zur Autodigestion führen, sehr komplex sind. Ein Verständnis der Regulation des Kalziumstoffwechsels ist Voraussetzung für das Verständnis der Pathogenese. So existieren auf der Membran der Azinuszellen Sensoren, die bei einer biliären Pankreatitis den erhöhten Druck im Gangsystem messen. Diese Druckerhöhung hat wiederum Auswirkungen auf den Kalziumstoffwechsel. Wie es zur intraazinären Aktivierung der Protease Trypsinogen durch das lysosomale Enzym Cathepsin kommt, ist nur teilweise verstanden. Nach dem Lesen des Beitrags wissen Sie mehr über die Rolle der Autophagie, Krinophagie und Fehlfaltung sekretorischer Proteine sowie insbesondere über die Rolle des Immunsystems in Reaktion auf die Azinuszellschädigung. Die Rolle des Transkriptionsfaktors NF-κB und von Zytokinen wie Tumor-Nekrose-Faktor α bedarf noch weiterer Erforschung, um zu verstehen, weshalb sich eine nur ödematöse oder eine nekrotisierende Pankreatitis entwickelt. Makrophagen und neutrophile Granulozyten spielen eine Rolle.

Im Beitrag „Bildgebende Diagnostik bei akuter Pankreatitis“ von A. Aghdassi, Greifswald, u. M. Seidensticker, München, wird auf dem Boden der S3-Leitlinie der differenzierte Einsatz der unterschiedlichen verfügbaren bildgebenden Verfahren vorgestellt, abhängig vom Schweregrad und den Komplikationen der Erkrankung. Ohne zynisch sein zu wollen: Bildgebung ist mehr als das „Begrüßungs-CT“ im Notfallzentrum bei einem Patienten mit akuten abdominellen Beschwerden.

Bezüglich der Therapie der nekrotisierenden Pankreatitis ist ein Paradigmenwechsel eingetreten. Die Chirurgie mit ihren verschiedenen Verfahren zur Nekrosektomie spielt nicht mehr die Rolle wie vor einigen Jahren. Dies zeigt der Beitrag „Interventionelle endoskopische Therapie bei akuter Pankreatitis“ von M. Hollenbach, J. Feisthammel u. A. Hoffmeister aus Leipzig.

Nach vielen Jahren als Mitglied des Herausgeberboards von Der Internist und drei Jahre nach der Emeritierung gibt einer der Herausgeber dieser Ausgabe letztmalig einen Schwerpunkt mit heraus. Wir freuen uns, wenn die Thematik Ihr Interesse findet.

J. Mössner

M.M. Lerch