Seit 2014 existiert die Arbeitsgruppe „Internationaler Wissensaustausch und karitative Hilfe“ bei der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO KHC). Jährlich wurde darüber hinaus die Möglichkeit wahrgenommen, zusätzlich zu den Mitgliederversammlungen einen Vortragsblock bei unserem Jahreskongress mit verschiedenen, diesem Themenblock zugehörigen Topics im Rahmen eines Round Table zu gestalten. Dabei kamen auch eine Reihe nicht dem HNO-Gebiet zugehörige Referenten zu Wort, die über ihre Sicht medizinisch-ärztlicher Arbeit in Schwellen- und Entwicklungsländern berichteten. Es hat sich in diesem Zusammenhang eine intensivere Zusammenarbeit mit Vertretern der Deutschen Gesellschaft für Tropenchirurgie (DTC) aufgebaut, die für uns als operierende HNO-Ärzte ein wertvoller Ansprechpartner auf diesem Gebiet geworden sind.

In vielfältiger Weise wird ehrenamtliche Auslandsarbeit geleistet

Es ist erfreulich, dass der Springer Medizin Verlag sich nun entschlossen hat, diesem Aspekt HNO-ärztlicher Arbeit ein Themenheft zu widmen. Wenn ich mich ein wenig unter den in leitenden Positionen tätigen Vertretern unseres Fachgebietes umhöre, erfahre ich immer wieder, dass in vielfältiger Weise ehrenamtliche Auslandsarbeit geleistet wird. Leider konnte bislang kein umfassender Überblick über all diese Hilfen zusammengestellt werden. Vielleicht hilft dieses Heft, dass sich in Zukunft diese verschiedenartigen Tätigkeiten bündeln lassen und man insgesamt möglicherweise zu einem besser koordinierten Vorgehen kommt.

Naturgemäß handelt sich bei der Zusammentragung der Aktivitäten in den vorliegenden Einzelpublikationen nicht um streng wissenschaftliche Beiträge, sie stellen vielmehr weltweite Erfahrungsberichte dar. Es ging dem Herausgeber der Publikationen auch nicht so sehr darum, eine Vollständigkeit der von allen Kollegen aus Deutschland erbrachten Leistungen darzustellen, sondern es wurde der Versuch unternommen, sehr unterschiedliche Aspekte möglicher Tätigkeiten aus den einzelnen Kontinenten dieser Welt zu erfassen. Dabei steht auf der einen Seite die rein praktisch-klinische Tätigkeit an Patienten mit ihren verschiedenartigen Facetten im Vordergrund, andere Autoren legen hingegen den Fokus auf die Aus- und Weiterbildung der ausländischen Kollegen und ihrer Mitarbeiter und berichten darüber.

Erfahrungsgemäß sind eine Reihe HNO-Ärzte fortgeschrittenen Alters, die sich momentan im Ausland engagieren. Es könnte jedoch ein Nebeneffekt dieser Artikelserie sein, auch jüngere Kollegen aus unseren Reihen anzusprechen, die in dieser Art der Tätigkeit ein für sich lohnendes, herausforderndes und anzustrebendes Ziel zukünftigen eigenen Mitwirkens sehen. Gerade aus der Gruppe der erfahrenen Oberärzte könnte und muss sich sogar ein Pool rekrutieren, aus dem heraus die vielerorts begonnene und häufig bereits wohl strukturierte Arbeit in der Zukunft fortgesetzt werden kann. Aber auch die ganz jungen Ärzte sollten sich angesprochen fühlen und wir sollten sie unterstützen, ihren idealistischen Ambitionen Raum zur Entfaltung zu bieten. Soweit ich weiß, sind alle Arbeitsgruppen, aus denen hier berichtet wird, gerne bereit, personelle Zuwächse bei sich aufzunehmen.

Die im Ausland chirurgisch arbeitenden Kollegen teilen sich hinsichtlich der Frage, mit welchem Aus- und Weiterbildungsstand man im Ausland tätig werden soll, in zwei Gruppen. Gerade seitens der DTC gibt es Vertreter, die behaupten, dass der junge, noch nicht durch seine hier gewohnte und damit an ein hohes Maß an Technik ausgerichtete Kollege, der in ihren Augen sogar schon ein wenig „verbildet“ ist, am besten in das Umfeld einer an der Basisversorgung orientierten Patientenversorgung passt. Andere halten es für notwendig, dass man bereits ein versierter Operateur sein sollte, um gerade mit den oft unzulänglichen Umgebungsbedingungen und den aktuell immer wieder auftretenden Problemen, die ein hohes Maß an Flexibilität erfordern, ausreichend zurechtkommen zu können. Für beide Einstellungen lassen sich Argumente des Für und Wider ins Feld führen. Hier muss jedes Team, das eine Auslandstätigkeit aufnimmt, festlegen, für welchen Weg es sich entscheidet.

Ohne Zweifel bringt eine Auslandstätigkeit einen hohen Erfahrungsgewinn mit sich

Ohne Zweifel bringt eine Auslandstätigkeit einen hohen Erfahrungsgewinn mit sich. Darüber hinaus erfährt man in der Regel Dankbarkeit seitens der Patienten und auch der vor Ort tätigen Mediziner. Allein dieser emotionale Gewinn entschädigt für die Mühen und auch Unannehmlichkeiten, die gelegentlich mit dieser Art des Wirkens verbunden sind.

Es nützt in der Regel wenig, wenn man, nur durch Idealismus gesteuert, sein Werk beginnt. Es ist erforderlich, dass die Einsätze akribisch geplant werden und dass sie von vornherein auch immer das Ziel einer nachhaltigen Hilfe anstreben. Unsere ausländischen Partner – Patienten und medizinische Mitarbeiter – erwarten zu Recht Verlässlichkeit und Kontinuität in unseren Einsätzen. Vielfach kann man sich auch erst durch mehrere Besuche die Umgebungsbedingungen in den Einrichtungen allmählich so gestalten, dass sie ein immer höheres Maß an Perfektion erreichen. Für mich galt stets das Gebot, dass ich mich hinsichtlich meiner abgegebenen Arbeitsqualität immer an den hiesigen westeuropäischen Standards messen lassen wollte. Für vollkommen fehl am Platz halte ich die Einstellung, dass man das Ausland als „Versuchsfeld“ in der Erlangung eigener Expertise sieht.

In diesem Sinne wünsche ich den Lesern bei der Lektüre der Artikel viel Freude, hoffe auf reiche Zustimmung und würde mir wünschen, dass es in dem ein oder anderen die Lust auf ein eigenes Engagement entfacht. Wir helfen Ihnen gerne bei der Verwirklichung.

Ihr

Thomas Eichhorn, Cottbus