1 Einleitung

Moderne Analyseverfahren haben ein großes Potential, die Sicherheit und Authentizität von Lebensmitteln zu überwachen. Standardisierung und transparente Validierung sind wichtige Voraussetzungen für den Einsatz in der akkreditierten Umgebung der amtlichen Lebensmittelüberwachung. Die Aufnahme neuer analytischer Verfahren in die „Amtliche Sammlung von Verfahren zur Probenahme und zur Untersuchung“ (ASU) ist ein geeignetes Mittel, um ein hohes Maß an Anerkennung der Methoden sicherzustellen.

Nach einem ersten Kick-off Workshop zu neuen Analysentechniken im Jahr 2016 folgte auf Initiative des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Gründung mehrerer Arbeitsgruppen nach § 64 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) mit neuen thematischen Schwerpunkten (Szabo et al. 2017). Im Zuge dessen konstituierte sich im Februar 2019 die Arbeitsgruppe „MALDI-TOF“.

Die MALDI-TOF-MS wird in amtlichen Laboren der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung Deutschlands für die Identifizierung von Mikroorganismen bereits weithin genutzt (Malorny et al. 2020). Weitere Anwendungen zur Untersuchung der Authentizität, wie die Spezies-Identifizierung bei Fleisch, Fisch, Milchprodukten oder Pilzen, werden zunehmend erschlossen (Pavlovic et al. 2020; Rau et al. 20202021; Stahl und Schröder 2017). Allerdings fehlte es bisher an spezifischen Normvorgaben für diese Analysentechnik, so dass auch im Umfeld der Akkreditierung unterschiedliche Vorgehensweisen zur Validierung oder Verifizierung diskutiert wurden. Bei den Laboren bestand daher ein großer Bedarf für ein standardisiertes Vorgehen bei der Validierung von MALDI-TOF-MS-Verfahren (Szabo et al. 2017).

Die neue Arbeitsgruppe „MALDI-TOF“ hat daher eine erste allgemein gefasste Leitlinie zur Validierung von MALDI-TOF-MS-Methoden erstellt und kürzlich veröffentlicht (BVL 2021). Die Leitlinie beschreibt minimale Leistungskriterien, die bei einer Validierung für identifizierende MALDI-Methoden im Einzellabor (unabhängig arbeitendes Labor mit einem Standort) oder in einem zusammenarbeitenden Laborverbund (mehrere Standorte, definierte Arbeitsgemeinschaft, gemeinsamer Pool an Referenzspektren und Validierungsspektren) zu berücksichtigen sind.

2 Technik

Mit dem Identifizierungsverfahren MALDI-TOF-MS werden Masse-Ladungsmuster (Massenspektren) von Biomolekülen (beispielsweise Proteinen) einer Probe erzeugt. Die erhaltenen Massenspektren werden mit in Datenbanken hinterlegten bekannten Referenzmustern verglichen. Durch ein computergestütztes Ranking der besten Übereinstimmungen mit den Referenzmustern und der Anwendung von empirischen Entscheidungsregeln erfolgt die Zuordnung der Probe und deren Identifizierung. Mit den meisten Verfahren ist eine Identifizierung der Probe nur möglich, wenn in den Datenbanken auch entsprechend passende Referenzmuster enthalten sind. Die Datenbanken sind somit eine Kernkomponente des Verfahrens. Methoden zur Identifizierung können beispielsweise für die Genus-, die Spezies-, die Subspeziesebene oder für einzelne Eigenschaften, wie den Nachweis einer Toxin-Bildung, erarbeitet werden (Pavlovic et al. 2013; Stahl und Schröder 2017; Rau et al. 2020; Rizzardi et al. 2013; Ulrich et al. 2019).

Manche Systeme am Markt sind mit einer geschlossenen Datenbank ausgestattet, die a priori seitens der Herstellerfirma validiert ist. Eine Veränderung der Datenbanken durch den Nutzer/die Nutzerin ist in diesen Fällen nicht vorgesehen. Der besondere Vorteil der MALDI-TOF-MS resultiert allerdings auch aus der Möglichkeit, durch neue Referenzspektren schnell auf aktuelle Anforderungen oder diagnostische Lücken in der Untersuchung von Lebensmitteln und Futtermitteln oder in der medizinischen Mikrobiologie zu reagieren. Daraus folgt als besondere Herausforderung, diese nun dynamischen Datenbanken auch schlüssig zu überprüfen, beziehungsweise Regeln für wiederholte Überprüfungen zu definieren. Dies gilt vor allem, wenn im Labor „in-house“ Datenbanken verwendet werden oder diese Datenbanken für neue Anwendungen erweitert werden sollen. Eine weitere große Herausforderung besteht darin, dass die Identifizierung mangels adäquater Alternativen bisher fast ausschließlich mithilfe von kommerziellen Algorithmen erfolgt, bei denen meist nicht genau bekannt ist, wie die Kennzahlen zur Identifizierung (Score-Werte, Prozentränge) ermittelt wurden.

Ein Weg der Validierung solcher „Black-Box“-Systeme aus Gerät, Datenbank und Software ist eine parameterbezogene Vorgehensweise auf Basis der Resultate für definierte Isolate oder Materialien. Neben selbst erzeugten Spektren können dazu systematisch auch Massenspektren anderer Nutzer/Nutzerinnen in die Validierung einbezogen werden. Als Voraussetzung dafür müssen diese externen Massenspektren dieselben stringenten Anforderungen hinsichtlich technischer Qualität und Transparenz der Dokumentation wie die kommerziellen Einträge oder die im eigenen Labor aufgenommenen Spektren erfüllen. Mit einem solchen nutzerübergreifenden Ansatz, bei welchem nicht die Isolate selbst, sondern lediglich deren elektronische Spektren ausgetauscht werden müssen, kann die zur robusten Validierung erforderliche Anzahl an Stichproben im Labor auch für seltenere Materialien leichter erreicht werden. Zudem ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse einfach und eröffnet damit eindrucksvolle und nahezu unbegrenzte Chancen für global kooperierende Laborverbünde. Ein transparenter Austausch von Einzelspektren zu Validierungszwecken kann einfach per E-Mail initiiert werden und wird beispielsweise über die offene MALDI-User Plattform MALDI-UP gefördert (https://maldi-up.ua-bw.de; Rau et al. 2016).

3 Validierungszweck

Validierungen sollen die Gebrauchstauglichkeit der betreffenden Methoden für den vorgesehenen Zweck belegen. MALDI-TOF-MS wird insbesondere als identifizierendes qualitatives Verfahren verwendet. Anders als bei qualitativen Verfahren, die mit definierten Nachweisgrenzen die Ab- oder Anwesenheit des zu bestimmenden Parameters anzeigen, liegt bei einem identifizierenden Verfahren das Probenmaterial in ausreichender Menge vor. Als methodische Aufgabe steht die Benennung des vorliegenden Materials oder des mikrobiellen Isolates auf einer taxonomischen Ebene (beispielsweise Subspezies, Spezies, Genus, Familie) oder die Bestimmung der Zugehörigkeit zu einer definierten Gruppe (beispielsweise Toxinbildner) im Vordergrund. Validiert wird der Ziel-Parameter für die im konkreten Laborkontext übliche Untersuchungsaufgabe (beispielsweise die Identifizierung der Spezies Staphylococcus aureus bei Isolaten aus Lebensmitteln und Proben der veterinärmedizinischen Bakteriologie; oder die Tierart Büffel bei Mozzarella). Aus der jeweiligen Aufgabe leitet sich die Vorgehensweise bei der Validierung einer MALDI-TOF-MS-Methode ab.

In den Leitlinien werden Leistungskriterien für Validierungen der MALDI-TOF-MS aus drei unterschiedlichen Anwendungen beschrieben: (1) die nicht gerichtete Identifizierung (Screening), (2) die Identifizierung konkreter Parameter sowie (3) die Bestätigungsprüfung für konkrete Parameter. Angepasst an die jeweilige Anwendung werden, neben spezifischen Stichprobengrößen, Kriterien für die Richtig-positiv-Rate (Inklusivität), die Falsch-negativ-Rate, die Richtig-negativ-Rate (Exklusivität), die Falsch-positiv-Rate, oder—bei Verwendung im Screening—die Korrektklassifikationsrate sowie die Robustheit vorgeschlagen. In den Anhängen der Leitlinie werden Beispiele für alle Anwendungen gegeben (BVL 2021).

4 Anwendungen

4.1 Nicht gerichtete Identifizierung (Screening)

Die Validierung einer nicht gerichteten Identifizierung (Screening) überprüft, ob der beabsichtigte Ziel-Parameter für ein Arbeitsgebiet in der üblichen (meist taxonomischen) Bandbreite generell richtig erfasst wird.

Den Empfehlungen nach werden beim Screening für die Berechnung nur gelungene Identifizierungsentscheidungen des MALDI-TOF-MS-Systems als Stichprobe berücksichtigt. Somit zeigt sich in der experimentellen Überprüfung der Anteil der mit dem Verfahren richtig identifizierten Materialien oder Isolate bezogen auf alle identifizierten Proben. Als umfassende Kennzahl wird die Korrektklassifikationsrate errechnet (Trevetan 2017). Üblicherweise ist die Anzahl der zur Validierung eingesetzte Stichproben für das Screening hoch (> 500). Die beabsichtigten Parameter(-gruppen) müssen in der experimentellen Überprüfung in sinnvoller Gewichtung vertreten sein. Somit wird die Abdeckung des MALDI-TOF-MS-Systems für das vorgesehene Arbeitsgebiet demonstriert.

4.2 Zielgerichtete Identifizierung konkreter Parameter

Die Validierung einer (ziel-)gerichteten identifizierenden MALDI-TOF-MS-Methode fokussiert eine einzelne konkrete Identifizierungsentscheidung, den Ziel-Parameter. Dies kann beispielsweise eine Mikroorganismenspezies, eine Tierart oder einer Pilzgattung sein.

Bei der zielgerichteten Identifizierung konkreter Parameter werden, wie beim Screening, für die Berechnung ebenfalls nur gelungene Identifizierungsentscheidungen als Stichprobe berücksichtigt.

4.3 Bestätigungsprüfung

Auch die Validierung einer bestätigenden MALDI-TOF-MS-Methode zielt auf eine einzelne Identifizierungsentscheidung (einen Ziel-Parameter) ab. Bei einer Bestätigungsprüfung soll für den Parameter aber auch im negativen Fall eine eindeutige Aussage möglich sein.

Für die Bestätigungsprüfung wird daher empfohlen, für die Berechnung die Identifizierungsentscheidungen aller Proben als Stichprobe zu berücksichtigen. Nicht identifizierte Proben des Ziel-Parameters werden grundsätzlich als falsch-negativ gewertet. In der experimentellen Überprüfung zeigt sich der Anteil der mit dem Verfahren richtig identifizierten Materialien/Isolate des Ziel-Parameters, bezogen auf alle Proben.

Für die experimentelle Überprüfung der zielgerichteten Identifizierung konkreter Parameter und der Bestätigungsprüfung werden minimale Stichprobengrößen unabhängiger Spektren für den Ziel-Parameter und für die Nicht-Ziel-Parameter, angelehnt an die Normenreihe DIN EN ISO 16140 (2016) angegeben. Bei Nichterreichen der jeweiligen Vorgaben zur Richtig-positiv-Rate, der Richtig-negativ-Rate, der Falsch-negativ- oder der Falsch-positiv-Rate können Einschränkungen in der Interpretierbarkeit der Identifizierung die Folge sein. In diesen Fällen ist eine Absicherung durch eine unabhängige geeignete (beispielsweise molekularbiologische) Methode anzuraten.

5 Ausblick

Die in den Leitlinien dargestellte Vorgehensweisen für die drei verschiedenen Anwendungen der MALDI-TOF-MS stellen Empfehlungen dar, die sich unter anderem in der Praxis der Untersuchung von Lebensmitteln und Futtermitteln bewährt haben. Die Darstellung der an verschiedene Anwendungszwecke angepassten flexiblen Validierungskonzepte soll es Personen, die MALDI-TOF-MS nutzen, ermöglichen, ergänzte Datenbanken und neue Verfahren, beispielsweise zur Artbestimmung von Tieren standardisiert und gleichartig zu überprüfen. Durch laborinterne oder zwischen Laboratorien durchgeführte Studien zur Validierung unter Anwendung dieser Leitlinie steht die entsprechende Methode im amtlichen Labor im Einklang mit Art. 34 der VO (EU) 2017/625 (2017)

Die durch Anwendung der Leitlinie ermittelten Validierungsdaten sollen zudem bei der Entscheidung helfen, ob und wie die betreffenden Methoden in einem Ringversuch validiert werden können. Dies ist Voraussetzung für eine mögliche Aufnahme in die Amtliche Methodensammlung des BVL. Für Ringversuche wurde daher ein allgemeines Schema in die Leitlinie integriert, das bisherige Erfahrungen im Laborvergleich berücksichtigt (Huber et al. 2018). Die Planung und Durchführung von laborübergreifenden Validierungsstudien im mikrobiologischen Bereich gehört zu den nächsten Schritten der § 64 LFGB-Arbeitsgruppe.

Zur Etablierung eines einheitlichen Vorgehens bei der Validierung von MALDI-TOF-MS-Methoden sollen die Ansätze der Leitlinie weiterhin in andere relevante Gremien eingebracht werden, um Normen in diesem Bereich aktiv mitzugestalten. Die Vorgehensweise der Validierung anhand einer umfangreichen, gut dokumentierten und durch mehrere Nutzer und Nutzerinnen gemeinschaftlich erarbeiteten Sammlung an Spektren lässt sich möglicherweise auch auf andere musterbasierte Identifizierungsmethoden übertragen.