Zusammenfassung
In dieser Arbeit wird versucht, an einem BaTiO3-Eindomänenkristall, von einem einfachen Modell ausgehend, die dielektrischen Eigenschaften bei Zimmertemperatur zu verstehen. Es wird benutzt, daß Ti und das durch die Polarisation ausgezeichnete Sauerstoffion Oz aus ihren Symmetrielagen in Zellen- bzw. Flächenmitte ein Stück aufeinander zu parallel zur Polarisationsrichtung verschoben sind. Für diese Verschiebungen gibt es gute Messungen. Nimmt man an, daß in einem idealen Eindomänenkristall diese Verschiebungen in jeder Zelle dieselben sind, so folgt daraus, daß diese beiden Ionen an Orten sind, wo die inneren elektrostatischen Felder, hervorgerufen von den übrigen Ionen, nicht verschwinden. Andererseits entstehen damit auch an den Orten der übrigen Ionen solche Felder. Da alle Ionen polarisierbar sind, erhalten sie durch diese Felder Dipolmomente, die zu dem Dipolmoment hinzutreten, welches allein schon durch die unsymmetrische Lage von Ti und Oz auftritt. Durch diese sämtlichen Dipole entsteht ein weiteres inneres Feld, welches sich dem von den Ladungen hervorgerufenen überlagert. Dieses Gesamtfeld erst ruft die eigentlich vorhandenen Dipolmomente hervor. Die ganze Wechselwirkung zwischen Polen und Dipolen sowie die Entstehung der inneren Gesamtfelder werden durch ein System von vier Gleichungen mit vier Unbekannten beschrieben, die es gestatten, die Dipolmomente, inneren Felder und die Dielektrizitätskonstante bei gegebenen Ionenladungen, Polarisierbarkeiten und äußerem Feld zu berechnen. Dabei werden Funktionen benutzt und numerisch berechnet, die in einem von Punktladungen bzw. Dipolen besetzten primitiv-tetragonalen Gitter diez-Komponente der Feldstärke als analytische Funktion (Fourier- bzw. Potenzreihen) längs gewisser Gittergeraden angeben.
Eine Anwendung dieser Methode auf den reinen Ionenkristall führt zu erheblichen Abweichungen vom Experiment. Führt man dagegen effektive Ionenladungen ein und macht mit Hilfe eines einfachen Modells die Polarisierbarkeiten zu Funktionen dieser effektiven Ladungen, so kann man diejenigen Ionenladungen bestimmen, die die richtige spontane Polarisation und Dielektrizitätskonstante liefern. Dabei wird verlangt, daß die Verschiebung von Ti und Oz zu einer stabilen elektrostatischen Gleichgewichtslage führt. Die Berechnung der effektiven Ladungen erfolgt mit Hilfe eines Iterationsverfahrens und ergibt Ladungen von der Größenordnung 0,1 ·e bis 0,6 ·e, was auf einen erheblichen Anteil unpolarer Bindung hinweist. Das Modell erfährt eine Stütze durch den qualitativ richtig herauskommenden optischen Brechungsindex und die weitgehende Feldunabhängigkeit der Dielektrizitätskonstanten, sowie durch einige allgemeine Eigenschaften des BaTiO3, die auf seinen halbpolaren Bindungscharakter hinweisen.
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Den Herren Professoren R.Becker, F.Sauter, K. H.Hellwege danke ich für Anregungen und Kritik, Herrn Dozent Dr. G.Leibfried für den Hinweis auf dieMadelungsche Methode zur Berechnung der Gitterfunktionen.
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Hagedorn, R. Statisches Modell von Bariumtitanat bei Zimmertemperatur. Z. Physik 133, 394–421 (1952). https://doi.org/10.1007/BF01333389
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DOI: https://doi.org/10.1007/BF01333389