Zusammenfassung
Wir1 beginnen heute die Phänomenologie des Urteils. Natürlich setze ich dabei voraus, dass Sie den Sinn des Wortes „Urteil“ in gewisser Weise schon kennen. Die Wesensanalyse, die wir anstreben, hat nicht den Zweck, demjenigen, der noch nicht weiß, was „Urteil“ heißt, den Sinn diesesWortes allererst beizubringen. Die logischen und erkenntnistheoretischen Motive, die dahin drängen, sich über das „Wesen“ des Urteils als seinen „eigentlichen Sinn“ klar zu werden, könnten in demjenigen gar nicht erwachsen, der mit dem Begriff des Urteils nicht schon in gewisser Weise vertraut wäre und mit ihm in wissenschaftlichen und wissenschaftstheoretischen Zusammenhängen nicht ausgiebig operiert hätte. Also wir wissen, was Urteil heißt, wir wissen z.B., dass jemand urteilt, der in einem Aussagesatz inWahrhaftigkeit eine Mitteilung macht oder der, solch einen Satz verstehend, die Mitteilung empfängt und sie für wahr hält.Was2 wir Urteil zu nennen haben, welche Phänomene oder sonstigen Einzelheiten in den Umfang dieses Begriffs fallen, darüber sind wir in praxi kaum je in Verlegenheit. Jedenfalls für die Praxis des Alltagslebens und selbst für die Bedürfnisse des Wissenschaftsbetriebs kennen wir das Urteil hinreichend genau, und erst die erkenntniskritischen Schwierigkeiten führen uns darauf, dass diese Kenntnis eine vage, bloß verworrene ist, die der Umwandlung in die klare und deutliche Erkenntnis bedarf, die wirWesenserkenntnis nennen.
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References
Vgl. Eduard Martinak, Psychologische Untersuchungen zur Bedeutungslehre, Leipzig 1901, § 1.
Recte Kasimir Twardowski, Zur Lehre vom Inhalt und Gegenstand der Vorstellungen, Wien 1894, § 3.
Vgl. Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, 1. Bd., 1. Buch, §9 (Arthur Schopenhauer’s sämmtlicheWerke, Bd. II, hrsg. von Julius Frauenstaedt, Leipzig 1877, S. 47).
Vgl. Franz Brentano, Psychologie vom empirischen Standpunkte, Leipzig 1874, Bd. 1, S. 103.
A.a.O., S. 104.
Vgl. Anton Marty, „Über subjektlose Sätze und das Verhältnis der Grammatik zu Logik und Psychologie. VI. Artikel“, Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie 19 (1895), S.63ff.; Franz Brentano, Vom Ursprung sittlicher Erkenntnis Leipzig 1889, S. 120, Anm..
Julius Bergmann, Die Grundprobleme der Logik. Zweite, völlig neue Bearbeitung, Berlin 1895, § 15, 4.
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Husserl, E., Schuhmann, E. (2002). Grundlegung zu einer Allgemeinen Phänomenologie des Urteils. In: Schuhmann, E. (eds) Urteilstheorie Vorlesung 1905. Husserliana, vol 5. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-010-0478-7_2
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