Zusammenfassung
Die Wirkung der Poesie hat etwas Wunderbares an sich. Eine Reihe von Wörtern, von Begriffen — den unsre Sprache seßt sich aus Begriffen zusammen — läßt Bilder schauen, und zwar ganz individueller Art, weckt eingenartige Gefühle und führt zu neuen Erlebnissen. Schon Hebbel hat auf diese geheimnisvolle Wirkung der Begriffesprache hingewiesen. Der Begriff lost „in unendlicher Ausweitung“ alles Besondere ins Allgemeine auf; die dichterische Anschauung jedoch sucht das Allgemeine „in ebenso unendlicher Dertiefung“ im Besondern. Wie ist dies durch den sprzchlichen Ausdruck zu erzielen? Ist das Medium, dessen sich die Dichtung besient, ist das Wort, ist der Begriff nicht direct poesiefeindlich? Der Begriff ist kein Individuum; er ist Art- und Gattungsname. Die Dichtung jedoch will individuelles Leben gestalten. Daß zweischen Wort und Sache keine „materielle Ähnilichkeit“, keine Jdentität besteht, macht nach Hebbels Meiung wenig aus; den zwischen dme Material der Statue und dem dargestellten Menschen besteht auch keine Jdentität. Aber auch due bloße „formale Ähnichkeit,“ die Nachahmung der Sache durch das Wort, stößt auf Schwierigkeiten. Mit wenig Ausnahmen sind die sprzchlichen Bezeichnungen einer Sache durch Zufall gebildet worden. Auch dieser Umstand würde nach Hebbels Anschauung nicht schwer ins Gewicht fallen, wenn es nur Wörter oder Wortsäße, die uns „den individuellsten Charakter“ der Sachen, „ihre individuellsten Derhältnisse“, kurzum das lebendige Individuum, nicht die Cattung, bezeichnen könnten.
„Poesie zu genießen, ist so gut ein Talent als Poesie zu bringen.“
Friedrich Hebbel.
„Die wahre Poesie kündet sich dadurch an, daß sie, als ein weltliches Eoangelium, durch innere Heiterkeit, durch äußeres Behagen uns von den irdischen Lasten zu befreien weiß, die auf uns drücken. Wie ein Luftballon hebt sie uns mit dem Ballast, de runs anhängt, in höhere Regionen und läßt die verwirrten Jrrgänge der Erde in haben den gleichen Zweck, durch eine glückliche, gerstreiche Darstellung so Lust als Schmerz zu mäßigen.“
„Die Jugend will lieber angeregt als unterrichtet sein.“
Wolfgang v. Coethe.
“Wer ein Kunstwerk in sich aufinmmt, macht denselben Prozeß durch wie der Künstler, der es hervorbrachte, nur umgekehrt und unendlich viel rascher.“
Hebbel in seinen Tagebüchern, 19. X. 1859.
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Weber, E. (1921). Über das künstlerische Erfassen der epischen Dichtung. In: Die epische Dichtung. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-16115-8_7
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-16115-8_7
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-663-15543-0
Online ISBN: 978-3-663-16115-8
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