Zusammenfassung
Für den Psychiater und Neurologen stellt die Influenzaepidemie von 1918/19 ein großes Experiment der Natur über den Einfluß von Infektionskrankheiten auf das Nervensystem dar. Da ich eine beträchtliche Zahl von Influenzapsychosen beobachten konnte, habe ich versucht, aus denselben und den mir bekannt gewordenen Erfahrungen anderer Beobachter ein Gesamtbild der Grippepsychosen zu gewinnen, und mich bemüht, mit ihrer Hilfe die Lösung der berührten allgemeinen psychiatrischen Fragen zu fördern, wobei ich an frühere Untersuchungen auf diesem Gebiete, über die Choreapsychosen1) und die postoperativen Psychosen2), anknüpfen konnte. Bonhöffers Lehre von den exogenen Prädilektionstypen und meine Unterscheidung heteronomer und homonomer Symptomenkomplexe war an dem Beispiel der Influenzapsychosen zu prüfen. Ein Vergleich der heutigen Befunde mit den Erfahrungen der vorletzten Influenzaepidemie von 1890/91 muß zeigen, ob man heute die Zustandsbilder psychischer Störung schärfer als damals voneinander zu sondern vermag und imstande ist, besser als vor 29 Jahren das Wesen einer Influenzapsychose aus Symptomengestaltung und Eigentümlichkeiten des Verlaufs zu erkennen und von anderen Erkrankungen, besonders den endogenen Krankheitsarten, zu trennen. Damit hängt eng zusammen die Frage, ob und in welcher Richtung die Influenza andersartige Erkrankungen auszulösen imstande ist. Gemessen an der allgemeinen Verbreitung der Seuche wurde nur eine geringe Zahl der Grippekranken psychotisch. Die Disposition zu symptomatischer Erkrankung, über die unser Wissen bisher äußerst dürftig ist, wird darin erneut zum Problem, und — indem ich ein Ergebnis dieser Untersuchungen vorwegnehme — möchte ich den Nachweis einer spezifischen Disposition für Infektionspsychosen als einen Gewinn derselben betrachten.
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Kleist, K. (1920). Allgemeines, Häufigkeit, Ausbreitung. In: Kleist, K. (eds) Die Influenzapsychosen und die Anlage zu Infektionspsychosen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-90806-4_1
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