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Zusammenfassung

Man vermißt gemeinhin in Mitteilungen über die Erscheinung des Fetischismus, auch in solchen theoretischer Natur, Angaben über die Struktur des zum Fetisch erhobenen Objektes. Daß zum Gegenstand libidinöser Anteilnahme Zöpfe, Nachtmützen, Schuhe, Wäschestücke, Pelze, Taschen-tücher, Klysopompen usw. gemacht werden, bereichert zwar unser Wissen um die Mannigfaltigkeit der fetischistischen Objekte, läßt aber nicht erkennen, welche Formung einen bestimmten Gegenstand zum Rang des Fetisch erhebt. Auch der Hinweis auf den konstitutiven Anteil der libidinösen Ergriffenheit für die Fetischbildung, sagen wir in der Gestalt von Schuhen, ist nur geeignet, den Sachverhalt zu verdunkeln, weil er der Annahme Vorschub leistet, es sei der Schuh für den Fetischisten genau dasselbe wie für den Nichtfetischisten, und das Besondere liege nur in einer eigentümlichen Seelenverfassung des Fetischisten, welche es ihm ermöglicht, durch einen gewöhnlichen Stiefel in sexuelle Erregung versetzt zu werden. So berechtigt weiterhin Distinktionen sind, wie die Hirschfelds, der Inhärenz-, Kohärenz-, Dehärenzund Adhärenzfetischisten unterscheidet, so wird doch durch diesen Modus der Einteilung jene Stelle des Problems nicht miterfaßt, die uns als Ausgangspunkt auch für psychobiologische Erwägungen als die wichtigste erscheint und die mit dem Begriff der „fetischistischen Wirklichkeit“ vorerst nur bezeichnet werden soll. Es erscheint uns schließlich als ein Irrtum, zu glauben, man könne durch eine Theorie des Geschlechtstriebs das Zustandekommen des Fetischismus ohne Analyse des fetischistischen Gegenstandes erklären. Unvermerkt führen solche Versuche dazu, den Fetischismus höheren Grades durch einen solchen niederen Grades zu erklären, oder den grand Fétichisme der Franzosen durch den petit Fétichisme, ein Deutungsverfahren, welches z. B. die Theorie Freuds charakterisiert, wenn er glaubt, annehmen zu müssen, es sei jeder Fetisch ein Penisersatz, insbesondere noch Ersatz für den vermuteten mütterlichen Penis. Ist doch jene Affektperspektive, welche das Genitale als herausgehobenen Gegenstand libidinösen Interesses und als Liebesziel bestimmt, bereits fetischistischer Herkunft. Ja, nach unserer Anschauung muß sich aus der Analyse des Fetisch die Theorie des Fetischismus von selber ergeben, da Objektgestalt und Triebgestalt in einem Verhältnis der Entsprechung zueinander stehen, wir aber für die dunkle, undurchsichtige Beschaffenheit der Triebe keine andere Deutungsmöglichkeit haben, als die, welche der Trieb in seiner fetischistischen Ausprägung dem Physiognomiker des Seelenlebens anbietet. Die Wirklichkeit, auf die der Trieb bezogen erscheint, ja die er vielleicht aus sich hervortreibt, ist der Trieb selber in bildhaft anschaulicher Gestalt, und es empfiehlt sich wohl um seines Verständnisses willen bei dem Stück Welt stehen zu bleiben, in dem er zugleich Erfüllung und Darstellung findet.

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© 1954 Springer-Verlag OHG. Berlin Göttingen Heidelberg

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Von Gebsattel, V.E.F. (1954). Über Fetischismus. In: Prolegomena Einer Medizinischen Anthropologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-87964-7_6

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