Epilepsiechirurgie ist ein elementarer Bestandteil erfolgreicher und moderner Epilepsiebehandlung. Seit den Anfängen der Epilepsiechirurgie mit Victor Horsley und ihrer Fortführung durch Foerster und später Penfield bot die Epilepsiechirurgie immer die faszinierende Aussicht, eine mit erheblichen Morbiditäts- und Mortalitätsrisiken assoziierte traumatisierende Erkrankung mit einem Schlag dauerhaft besiegen zu können. Die Verbesserung der präoperativen Epilepsiediagnostik, v. a. mit den Errungenschaften des Video-Elektroenzephalogramms, natürlich aber auch der bildgebenden diagnostischen Techniken und der Neuropsychologie, haben weltweit, v. a. aber auch in den deutschsprachigen Ländern in den 80er- und 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts zu einer wahren Euphorie geführt, als es schließlich Befürwortern der Epilepsiechirurgie, die sich lange den konservativen Epileptologen gegenüber hatten rechtfertigen müssen, gelang, Epilepsiechirurgie als das zu etablieren, was die Methode ist, nämlich in manchen Fällen keine Therapiealternative, sondern die Therapie der Wahl bei schwer behandelbaren Epilepsien.

Ganz besondere Anerkennung für die Verbesserung der Epilepsiechirurgie sowohl auf diagnostischem wie auf letztlich therapeutischem Gebiet gebührt manchen Pionieren, denen auch wir als Repräsentanten der Epileptologengeneration, die für den Durchbruch der Epilepsiechirurgie mitverantwortlich war, immer dankbar sein werden. Kliniken in Bonn, Zürich, Erlangen, München, Bethel oder auch Kork wagten den Schritt in die Richtung der Epilepsiechirurgie. Ganz sicher nicht vollständig ist die Liste der Pioniere, die die damalige Zeit prägten, wenn wir stellvertretend Penin, Wieser, Elger, Stefan, Lüders, Ebner, Noachtar, Holthausen, Baumgartner und auf operativer Seite natürlich Yasargil, Schramm, Zentner, Oppel, Pannek oder Gilsbach nennen.

Die präoperative Epilepsiediagnostik und Epilepsiechirurgie haben viele Moden und Wendungen erlebt; letzten Endes ist und bleiben sie eine faszinierende Sparte der Neurologie und Epileptologie, die es erlaubt, chronisch Kranke dauerhaft gesund zu machen. Dass es dabei Regeln gibt, ist klar. Und es ist kein Wunder, dass die präoperative Epilepsiediagnostik und die Epilepsiechirurgie vor wenigen Jahren aufgrund des standardisierten Vorgehens als ein mögliches Modell für die Bildung eines europäischen Referenznetzwerks innerhalb der europäischen Union auserkoren wurden. Standardisierung kann aber auch Probleme liefern. Viele unserer Standards in der präoperativen Epilepsiediagnostik und Epilepsiechirurgie stammen aus einer Zeit, in der wir es v. a. mit erwachsenen Patienten und v. a. mit mesialen Temporallappenepilepsien aufgrund von Hippocampussklerosen zu tun hatten. Das Spektrum der geeigneten Chirurgiekandidaten und der in Betracht kommenden Epilepsiesyndrome hat sich in den letzten Jahren aber dramatisch geändert. Auch kommen immer mehr Kinder für epilepsiechirurgische Optionen infrage. Dies alles bedingt sicherlich auch ein Umdenken in der Art der präoperativen Diagnostik hin zu einem besseren Netzwerkverständnis der zugrundeliegenden Epileptogenese, hin aber auch zu sehr individuellen Fragestellungen und Entscheidungen, die sich nicht immer auf große Serien operierter Patienten zurückführen lassen.

Es war deshalb die Idee für dieses Heft, von kompetenten Kollegen 2 Grundsatzartikel zum State of the Art der präoperativen Epilepsiediagnostik und der Epilepsiechirurgie anfertigen zu lassen, ansonsten aber lehrreiche und instruktive Falldarstellungen zu befürworten, die wissenschaftlich gesehen definitiv den Nachteil haben, nicht notwendigerweise für viele Patienten repräsentativ zu sein, andererseits aber aufgrund der speziellen hierbei zutage getretenen Fragestellungen illustrativ und lehrreich sein dürften. Da leider in der wissenschaftlichen Literatur Falldarstellungen immer mehr in den Hintergrund geraten, dafür aber grundsätzlich durchaus hinterfragbare Methoden wie Metaanalysen en vogue sind, wollten wir mithilfe der Autoren in diesem Heft diesen Trend einmal umkehren und der Kasuistik Platz bieten. Dass dies gerade bei den besonders speziellen Fragestellungen in der Epilepsiechirurgie sinnvoll sein mag, hoffen wir durch dieses Heft belegen zu können.

Bernhard J. Steinhoff (Kehl-Kork)

Andreas Schulze-Bonhage (Freiburg)