Die aktuelle Migrationswelle beschäftigt Politik, Bevölkerung und zunehmend auch Kinderärztinnen und Kinderärzte im ambulanten sowie im stationären Bereich. Die Migrationsströme machen deutlich, dass sich die Aufgaben der Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland in den kommenden Jahren erweitern werden. Deutlich wird in diesen Tagen auch, dass die Gesundheit von Kindern in bzw. aus Entwicklungsländern und Krisengebieten nicht mehr nur Herausforderung und Anliegen für einige wenige engagierte Entwicklungshilfeorganisationen und altruistische Entwicklungshelfer ist, sondern zur Aufgabe der deutschen Pädiatrie insgesamt wird.

Die seit 33 Jahren bestehende Arbeitsgemeinschaft für Tropenpädiatrie (ATP) hat sich dieser Herausforderung gestellt und sich nicht zuletzt deshalb in Gesellschaft für Tropenpädiatrie und Internationale Kindergesundheit (GTP; Infobox 1) umbenannt. Die Namensänderung bringt zum Ausdruck, dass Kindergesundheit eine Aufgabe ist, die nicht an unseren deutschen oder europäischen Landesgrenzen enden darf. Das Engagement deutscher Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe sowohl auf politischer Ebene, im akademischen Kontext als auch durch sog. Nichtregierungsorganisationen für die Kindergesundheit kann insgesamt in den vergangenen Jahren leider nur als unzureichend bewertet werden. Die Diskrepanz zwischen der globalen Bedeutung Deutschlands in politischen Entscheidungsprozessen und auch als Wirtschaftsnation und dem Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere wenn es um die Belange von Kindern geht, ist im Vergleich zu anderen Industrienationen wie Norwegen, Großbritannien oder den Vereinigten Staaten bedrückend.

Gemeinsam einen wertvollen Beitrag für die internationale Kindergesundheit leisten

Die Migration von Kindern und ihren Familien nach Deutschland verlagert das Problem vor unsere Haustür. Diese Entwicklung sollte aber nicht nur als Problem, sondern auch als große Chance wahrgenommen werden. Die deutsche Pädiatrie muss hier Verantwortung übernehmen, ihr Aufgabengebiet erweitern und Expertise gewinnen. Gemeinsam können wir einen wertvollen Beitrag für die internationale Kindergesundheit leisten. Die 6 Beiträge in der aktuellen Ausgabe der Monatsschrift Kinderheilkunde widmen sich dieser Zielsetzung. Sie stammen ausnahmslos von Autoren, die über umfangreiche Erfahrung in der pädiatrischen Entwicklungszusammenarbeit verfügen. Das breite Spektrum der Themen – von der Neonatologie bis zum Buruli-Ulkus – macht deutlich, wie vielfältig die Aufgaben sind.

Die Auseinandersetzung mit diesen Themen, die Stärkung der Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der pädiatrischen Entwicklungszusammenarbeit und die Chance, in den kommenden Jahren Kinder aus Entwicklungsländern auch hier in Deutschland zu versorgen, ist von unschätzbarem Wert für alle, die sich der Kinder- und Jugendmedizin verschrieben haben.

Prof. Dr. S. Gehring

PD Dr. M. Weber

Prof. Dr. F. Zepp