Zusammenfassung
Die Siedlungsentwicklung in Stadtregionen ist das Resultat unzähliger Einzelentscheidungen einer Vielzahl von Akteuren. Gezielte planerische Interventionen – im Sinne eines Flächenmanagements – in diesen überwiegend marktgesteuerten Prozess können nur erfolgreich sein, wenn sie die Entscheidungslogiken der handelnden Akteure berücksichtigen. Der Beitrag widmet sich den Wanderungsentscheidungen privater Haushalte als Nachfrager nach Wohnraum und damit Flächen und arbeitet insbesondere heraus, welchen Einfluss finanzielle Aspekte auf Wohnstandortentscheidungen in Stadtregionen haben.
Schlüsselwörter
- Wanderungsentscheidungen
- Stadt-Umland-Wanderung
- Suburbanisierung
- Finanzielle Motive
- Wohnungsmarkt
- Wohnungsfrage
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Notes
- 1.
Das Forschungsprojekt wird gemeinsam vom Thünen-Institut für Ländliche Räume und dem ILS – Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung bearbeitet. Es wird von August 2018 bis Oktober 2022 durch das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung (BULE) des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert (Förderkennzeichen: 2818LE005).
- 2.
Die Stichprobe ist disproportional gezogen, d. h. die Anteile der Wanderungstypen in den Befragungsdaten entsprechen nicht den Anteilen in der Grundgesamtheit. Diese Stichprobenziehung wurde im Projekt gewählt, um mit ausreichend großen Fallzahlen Auswertungen für jeden Wanderungstyp zu ermöglichen. Die im Nachgang vorgenommene Gewichtung gleicht die Anteile in der Befragung der Grundgesamtheit an.
- 3.
In der Thünen-Typologie wird zwischen ländlichen und nicht-ländlichen Raumkategorien unterschieden. Zur Erhöhung der Lesbarkeit wurden die Wanderungstypen mit den kürzeren Begriffen Stadt für nicht-ländlich und Land für ländlich gekennzeichnet.
- 4.
Bisher stehen erst die Daten der geschlossenen Fragen der Befragung zur Verfügung. Zur Erfassung der ausschlaggebenden Gründe für die Wanderung differenziert nach Weg- und Zuzug kamen zudem offene Fragen zum Einsatz. Die Ergebnisse hierzu liegen noch nicht vor, da die Antworten derzeit noch codiert werden. Perspektivisch lassen sich hieraus Rückschlüsse ableiten, ob finanzielle Gründe eher den Wegzug auslösen oder die Wahl des Zuzugsortes bestimmen. Zudem ermöglichen die offenen Antworten detaillierte Analysen dazu, innerhalb welcher Motivbündel finanzielle Motive mitentscheidend sind.
- 5.
Der Durchschnitt der Angebotspreise über den Zehnjahreszeitraum 2009 bis 2019 wurde herangezogen, um eine analytisch belastbare Fallzahl je Gemeindeverband berücksichtigen zu können.
- 6.
Die Frage lautete „Bei der Entscheidung für eine Wohnung und deren Standort spielen oft weitere Gründe eine Rolle. Ich nenne nun einige Punkte und möchte wissen, wie wichtig diese Punkte für Sie bei der Wahl Ihres Wohnstandortes gewesen sind. Nennen Sie bei folgenden Punkten eine 1 für „überhaupt nicht wichtig“, 7 für „sehr wichtig“. Mit Werten dazwischen können Sie abstufen. Wie wichtig war Ihnen …“.
- 7.
Dafür wird vom Angebotspreis (in Euro je qm Wohnfläche) am Zuzugsort der Angebotspreis am Wegzugsort subtrahiert. Bei einer positiven Preisdifferenz handelt es sich um eine Wanderung in einen teureren und bei einer negativen Preisdifferenz um eine Wanderung in einen günstigeren Wohnungs- und Immobilienmarkt (jeweils relativ zum Wegzugsort).
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Münter, A., Tippel, C., Albrecht, J. (2022). Vom „Abrutschen am Bodenpreisgebirge“ – Der Einfluss finanzieller Aspekte auf Wohnstandortentscheidungen in Stadtregionen. In: Henn, S., Zimmermann, T., Braunschweig, B. (eds) Stadtregionales Flächenmanagement. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-63295-6_28-2
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Vom „Abrutschen am Bodenpreisgebirge“ – Der Einfluss finanzieller Aspekte auf Wohnstandortentscheidungen in Stadtregionen- Published:
- 11 January 2022
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-63295-6_28-2
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Original
Vom „Abrutschen am Bodenpreisgebirge“- Published:
- 02 December 2021
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-63295-6_28-1