Zusammenfassung
Der Autor arbeitet die Bedeutung von Fairness und Gerechtigkeitsvorstellungen für den Mediationsprozess heraus. Er sammelt dazu Erklärungszusammenhänge aus verschiedenen historischen und wissenschaftlichen Quellen. Mit dem Ziel eines pragmatischen Umgangs fasst er die positiven Gestaltungsmöglichkeiten, die sich aus diesem Wissen ergeben in einem 5-Schritte-Modell zusammen, hebt die Bedeutung von entsprechenden Fairness- und Gerechtigkeitskriterien hervor und verdeutlicht sie mit Beispielen.
Notes
- 1.
Aristoteles sieht die Gerechtigkeit als eine Tugend an: „das gerechte Handeln ist die Mitte zwischen Unrechttun und Unrechtleiden“ (Aristoteles 2005, S. 110).
- 2.
Ähnlich argumentiert der deutsche Philosoph Habermas, der einen gesellschaftlichen Konsens in modernen Gesellschaften nur noch über ein faires Diskursverfahren herstellbar sieht.
- 3.
Verweis auf Achtsamkeit bzw. Haltung des Mediators in anderen Beiträgen des Praxishandbuchs!
- 4.
Ich selbst habe immer gute Erfahrungen damit gemacht, in solchen Situationen das Wertequadrat entweder selbst beim Spiegeln der Situation anzuwenden oder gemeinsam mit den Medianden zu erarbeiten. Dazu siehe unten 5.4 Mit Wertvorstellungen arbeiten
- 5.
Mähler G. & MählerH.-G. 2000, S.34
- 6.
Auch im Harvard-Konzept (Fisher et al. 2009) wird ein ähnlicher Schritt vorgeschlagen, um neutrale Beurteilungskriterien für die Lösungsphase zu erarbeiten.
- 7.
Die Mediationsverbände verpflichten in diesem Sinne ihre Mitglieder bei der Zertifizierung auf ethische Standards. In den Richtlinien der BAFM wird explizit die Herstellung einer Machtbalance gefordert: „Falls dauerhaft keine Machtbalance zwischen den Konfliktpartner/innen erreicht wird und der/die Mediator/in zur Überzeugung kommt, dass eine/r der Partner/innen in der Mediation nicht für sich einstehen kann muss er/sie die Mediation beenden.“ (www.bafm-mediation.de/verband/richtlinien 2.3.6; Zugegriffen am 09.01.2019).
- 8.
Zur Herstellung von Fairness gehört der Umgang mit dem Thema Macht in der Mediation. Wendenburg selbst plädiert für wenig Interventionen durch den Mediator und setzt auf das Regulativ durch die freie Selbstbestimmung der Medianden (Wendenburg 2017, S. 351).
- 9.
Schon bei Aristoteles findet man Gerechtigkeit unter der Kategorie der Tugenden, an denen sich ein gutes Leben ausrichtet. Sie bezieht den Perspektivwechsel immer schon ein, „weil sie sich auf den anderen bezieht“ (Aristoteles 2005, S. 100).
Literatur
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Will, HD. (2019). Der Umgang mit Gerechtigkeit in der Mediation. In: Kracht, S., Niedostadek, A., Sensburg, P. (eds) Praxishandbuch Professionelle Mediation. Springer Reference Psychologie . Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-49657-2_7-1
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