Zusammenfassung
In ihrer Entwicklung zur strategischen Kommunikation erhielt die PR in den 1990er-Jahren eine engere Anbindung an die Konzepte und Standards des allgemeinen Managements. Die erzielten Wirkungen der Disziplin wurden als Wertreiber in die Reihe der Managementfunktionen einsortiert, die für die Bereitstellung und Entwicklung immateriellen Ressourcen verantwortlich sind. Doch die Sichtweise auf das Verhältnis von Unternehmen zu seiner Umwelt verändert sich derzeit grundlegend und damit verändern sich auch die bisherigen Konzepte der Managementlehre. Neben die traditionellen Perspektiven der Leistungsprozesse und der immateriellen Werte als Anknüpfungspunkt für Wertschöpfung durch Kommunikation treten nun als dritte Perspektive die (agilen) Transformationsprozesse. Eine erfolgreiche Bewältigung der typischen Aufgaben der Unternehmensführung in diesem Kontext hängt ausnahmslos von einem gelingenden, strategisch gesteuerten Kommunikationsmanagement ab. Der vorliegende Beitrag beleuchtet auf Basis des St. Galler Management-Modells der 4. Generation das Modell der kommunikationszentrierten Unternehmensführung als Handlungsorientierung für die anstehenden Herausforderungen.
Notes
- 1.
Die Managementlehre untersucht alle Vorgänge, die mit der Führung von Organisationen zusammenhängen, und führt dazu die beiden Wissensgebiete Betriebswirtschaft und Organisationspsychologie zu einem anwendungsorientierten Konzept der Unternehmensführung zusammen. Großen Einfluss auf die deutsche Managementlehre haben die USA und Japan. Der Einfluss der Amerikaner erklärt sich nicht zuletzt aus dem Aufbau der deutschen Wirtschaft nach amerikanischem Vorbild im Rahmen des Marshall Plans, der Grundlage des Wiederaufbaus nach dem 2. Weltkrieg war.
- 2.
Die inzwischen im deutschsprachigen Raum gängige Verwendung des Begriffs der „Stakeholder“ lässt sich ebenfalls aus dem Einfluss der amerikanisch geprägten Managementlehre erklären. Die Beziehungsaspekte zwischen einer Organisation und der Öffentlichkeit wurden in der Kommunikationswissenschaft schon lange mit Begriffen wie „Bezugsgruppen“ oder „Anspruchsgruppen“ erfasst. Erst als sich die betriebswirtschaftliche Sichtweise auf PR und deren amerikanischen Protagonisten zunehmend durchsetzten, übernahm die Disziplin auch die amerikanisch geprägten Begrifflichkeiten. Ob diese tatsächlich eine andere Perspektive auf die Beziehungsgestaltung zwischen Organisation und Umwelt werfen können als die traditionellen Bezeichnungen der Kommunikationswissenschaft, sei an dieser Stelle dahingestellt.
- 3.
Der Begriff der Orientierung spielt auch in den Konzepten des Kommunikationsmanagements, insbesondere in der internen Kommunikation, eine zentrale Rolle (vgl. Buchholz & Knorre, 2012, S. 27, 2019, S. 34–35), wodurch die unmittelbare Anschlussfähigkeit an das St. Galler Managements-Modell der 4. Generation einmal mehr dokumentiert wird.
- 4.
Komplexität meint im Gegensatz zu Kompliziertheit, dass ein Sachverhalt keinen spezifischen Grund haben muss und seine Muster nicht wiederholbar, die Akteure nicht kontrollierbar, die Auswirkungen nicht vorhersehbar und die Dimensionen unbekannt sind. Damit ist Komplexität alles andere als einfach nur hochkompliziert.
- 5.
Spätestens seit In Krafttreten der EU-Leitlinien für die Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen im Jahr 2017 sind die so genannten nicht-finanziellen Leistungsindikatoren in den Mittelpunkt des Managements gerückt. Diese in Deutschland im so genannten CSR-Gesetz umgesetzte Richtlinie bedeutete den ersten großen Schub in Richtung des bereits zitierten Stakeholder Kapitalismus. Diese Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen. Die 2020 beschlossene so genannte EU-Taxonomie für den Finanzsektor gilt als Schlüsselinstrument für den europäischen Green Deal. Dahinter verbirgt sich ein detaillierter Kriterienkatalog, mit dem Geschäftsaktivitäten klassifiziert werden, die als nachhaltig gelten. Finanzierungen und Investitionen aller Art müssen künftig dementsprechend bewertet werden, so dass die Wirkungen weit in die Realwirtschaft hineinreichen werden (https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/banking-and-finance/sustainable-finance/eu-taxonomy-sustainable-activities_en).
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Buchholz, U., Knorre, S. (2022). Grundlagen des Public-Relations-Management. In: Szyszka, P., Fröhlich, R., Röttger, U. (eds) Handbuch der Public Relations. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-28149-6_15-1
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