Zusammenfassung
Das „Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz – GenG)“ gibt für juristische Personen in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft (eG/eGn) den Rechtsrahmen in der Bundesrepublik Deutschland vor. Zentral ist der in § 1 Abs. 1 GenG verankerte Zweck, die Mitglieder in ihrer Wirtschaft, ihrem Erwerb oder in ihren sozialen oder kulturellen Belangen durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Obwohl es sich bei der eG um einen Wirtschaftsverein im Sinne von § 22 BGB handelt, sieht das GenG, anders als bei der GmbH oder AG, kein Mindestkapital vor. Gleichwohl finanzieren sich eGn über die Einlagen ihrer Mitglieder. Die Sicherung der eG und damit auch ihrer Gläubiger erfolgt zudem durch die Verpflichtung, einem Prüfungsverband angehören zu müssen.
Losgelöst von jedweder Sozialromantik oder der Fehlvorstellung von einer sozialistischen Veranstaltung bietet die eG die ideale Rechtsform, sich kooperativ, d. h. mit mehreren gemeinsam, zum eigenen Nutzen wirtschaftlich zu betätigen. Die Möglichkeiten der wirtschaftlichen Betätigung sind vielfältig und nur in Ausnahmefällen, wie insbesondere bei Kreditgenossenschaften der Fall (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG), erlaubnispflichtig. Ob in Form von Energiedörfern, der kollektiven Nutzung von Gemeingütern, gemeinschaftlicher IT-/Digitalisierungsprojekte, der Versorgung mit Bank- oder sonstigen Dienstleistungen oder Lebensmitteln oder Wohnungen, es geht immer um die auf Dauer, teils über Generationen hinweg, angelegte Kooperation mehrerer zum wirtschaftlichen oder ideellen Nutzen eines jeden einzelnen Mitglieds durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb, d. h. durch wirtschaftliche Interaktion zwischen der eG und dem einzelnen Mitglied.
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Kober, R. (2022). Der Rechtsrahmen für Genossenschaften in Deutschland: Einführung in das Genossenschaftsrecht. In: Blome-Drees, J., Göler von Ravensburg, N., Jungmeister, A., Schmale, I., Schulz-Nieswandt, F. (eds) Handbuch Genossenschaftswesen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18639-5_37-1
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