Zusammenfassung
In Abgrenzung zu anderen Ansätzen der Demokratietheorie wird in diesem Beitrag Karl Poppers Idee der Demokratie herausgearbeitet. Diese lässt sich als eine Theorie der Kontrolle von Macht verstehen, vor allem in Abgrenzung zu autoritären Herrschaftssystemen. Popper hat in diesem Zusammenhang mehrere Paradoxien (Toleranz, Freiheit, Demokratie und Souveränität) herausgearbeitet. Daneben findet sich bei ihm eine starke Betonung der Abwahl der politischen Führung. Insgesamt ist Poppers Demokratiekonzeption stark auf den institutionellen Rahmen, basierend auf Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit, ausgerichtet. Sie weist dabei eine hohe Reformorientierung auf, was sich auch in Poppers Betonung einer kritischen Partizipation der Bürger am politischen Gemeinwesen widerspiegelt. Zugleich zeigt ein nähre Betrachtung, dass es sich bei der Demokratie um ein Mittel handelt, welches den Werten einer offenen Gesellschaft, vor allem der individuellen Freiheit, zum Durchbruch verhelfen soll.
Notes
- 1.
Für ihre Aktualität spricht deren Diskussion etwa im eben erschienen Sammelband von Justin Cruickshank und Rapheal Sassower (2017) über Democratic Problem-Solving.
- 2.
Unter Verweis darauf, dass in nicht-demokratischen Regimen durchaus beträchtliche Reformen ohne gewaltsamen Regierungsumsturz durchgeführt wurden, kritisiert Eidlin diese Definition von Demokratie in Abgrenzung zur Tyrannei als zu unklar und wenig befriedigend (1991, S. 214–215).
- 3.
- 4.
Hier zeigt sich ein gemäß Schefold für Popper typisches Verfahren der „idealtypischen Stilisierung“, in dem die eigene Auffassung als die einzige Alternative zu einem Extrem entwickelt wird (1986, S. 55–59, S. 72).
- 5.
In diese Richtung geht auch die Kritik von Wayne Norman, wenn er davon spricht, dass Popper zur Abgrenzung seiner Theorie der demokratischen Kontrolle „Strohmänner“ (straw men) aufbaut, deren Rauch letztendlich aber nur seine eigenen neuen Einsichten vernebelt (1993, S. 257). Von Strohmännern spricht auch Kenneth Minogue in Zusammenhang mit dem Historizismus (1995, S. 74).
- 6.
Hans Albert führt hierzu vertiefend aus, dass die Frage nach der Legitimität als Problem der Rechtfertigung von Sozialordnungen und Herrschaftsstrukturen im Prinzip zur Frage der Legitimität von Erkenntnissen parallel verläuft und damit identisch mit dem Problem der zureichenden Begründung bzw. dem Problem der Letztbegründung ist (Albert 1991b, S. 87).
- 7.
Daneben lässt sich auch auf andere Rechtfertigungen von normativer Autorität verweisen, wie etwa die Servicekonzeption von Joseph Raz (1986, S. 46).
- 8.
Dies zeigt sich auch in der Liberalismus-Kommunitarismus-Debatte, auf welche sich Pickel (1989, S. 103–4) bezieht, wenn er von der konservativen Attacke auf die liberale Demokratie unter Bezugnahme auf die bürgerlichen und moralischen Tugenden spricht.
- 9.
Für Shearmur ist dies nur eine sehr stumpfe Waffe (blunt weapon), weil immer nur über ein Bündel von politischen Zielen abgestimmt werden kann (1996, S. 121).
- 10.
Ingo Pies verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass Poppers Konzept einer „Abwahldemokratie“ vor dem Hintergrund der Problemsituation der Machtergreifung Hitlers zu verstehen sei (1999, S. 21–22).
- 11.
Popper betont in diesem Zusammenhang die individuelle Verantwortung: „Es ist unsere Aufgabe, die Verhältnisse zu verbessern. Die demokratischen Institutionen können sich nicht selbst verbessern. Das Problem ihrer Verbesserung ist stets das Problem, das Personen, und nicht Institutionen betrifft“(1992a [Hervorhebungen im Original], S. 152).
- 12.
Dabei spiegeln sich in dieser Betonung demokratischer Traditionen nicht zuletzt Erfahrungen wider, die Popper in der Zwischenkriegszeit in Österreich gemacht hat. Denn trotz der eingesetzten demokratischen Institutionen fehlten gerade diese (Hacohen 2000, S. 291–292).
- 13.
Nach Werner Becker könnte die Übertragung des Kritizismus aus der Wissenschaft auf die realpolitischen Auseinandersetzungen für die Demokratie schwerwiegende negative Folgen haben. Aus dessen uneingeschränkter Anwendung auch auf das Regelsystem der Demokratie selbst könnte der Grundkonsens über die Wichtigkeit demokratischer Institutionen gefährdet werden (Becker 1989, S. 219).
- 14.
Siehe hierzu Karl Popper Archive: Box 6, File 6.
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