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Ideologiekritik und/als analyse textuelle

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Zusammenfassung

Inspiriert von Linguistik, Literaturwissenschaft und Psychoanalyse versteht die analyse textuelle den Film als ein Geflecht von Zeichen, die es als solche und in ihrer gegenseitigen Bezogenheit zu lesen gilt. Dabei geht es – wie anhand der verschiedenen Exponenten dieser Methode gezeigt werden soll – weniger darum, eine bestimmte, universell gültige Syntax des Films zu bestimmen, als vielmehr darum, den Film als dynamisches Gewebe zu untersuchen, das sich unentwegt selber um- und fortschreibt. Das ideologiekritische Potenzial einer solchen Herangehensweise liegt somit nicht bloß darin, dass Filme als Ausdruck herrschender Ideologien untersucht werden können, sondern auch darin, dass eine solche dynamische Textanalyse an sich die Vorstellung einer positiv zu fixierenden „Wahrheit“ oder „Botschaft“ des Films radikal in Frage stellt.

Die Originalversion dieses Kapitels wurde revidiert: Die Abbildungen wurden korrigiert.

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Notes

  1. 1.

    Zur Methodik des Strukturalismus und seiner Prämissen siehe: Deleuze 2003.

  2. 2.

    Zum Barthes’schen Erbe bei Christian Metz siehe: Kirsten 2017.

  3. 3.

    Die deutsche Übersetzung gibt die französische Formulierung „la séquence est un énoncé complexe“ als „die Sequenz ist ein komplettes [sic!] Segment einer Rede“ wieder (vgl. Metz 1972, S. 95). Dies erscheint aus heutiger Perspektive umso problematischer, wenn man um die eminente Bedeutung des Enunziations-Begriffs beim späten Metz, insbesondere für sein Buch L’énonciation impersonnelle ou le site du film (Metz 1991) weiß. Siehe dazu und zur Entscheidung hier den Begriff „énoncé“ als „Enunziation“ wiederzugeben auch: Kessler et al. 1994.

  4. 4.

    Es ist von besonderer Schwierigkeit, dass die Begriffe „langue“ und „langage“ im Deutschen beide als „Sprache“ wiedergegeben werden. Ich habe mich aus diesem Grunde und um Verwirrung vorzubeugen entschieden, in meinem Zitat der deutschen Übersetzung von Metz einzig die französischen Begriffe langue und langage zu verwenden. Zur Differenzierung zwischen langue und langage bei Ferdinand de Saussure siehe: Fehr 1997, S. 57–75.

  5. 5.

    Zu Verdichtung und Verschiebung als textuellen Verfahren siehe insb. Jakobson 1979.

  6. 6.

    Immerhin gibt Bordwell zu, dass Autoren wie Kuntzel, Raymond Bellour, Marie-Claire Ropars und andere „many aspects of narrative composition and stylistic functioning“ (Bordwell 1989, S. 267) enthüllt hätten.

  7. 7.

    Als „narrative Metalepse“ bezeichnet Gérard Genette Situationen in denen eigentliche getrennte Erzählebenden sich vermischen und sich logik-widrig durchdringen (etwa wenn der extradiegetische Erzähler, der also ausserhalb der Erzählung zu situieren ist, plötzlich innerhalb der Erzählung auftaucht oder wenn wir als Leser von Figuren des Textes angesprochen werden). Vgl. Genette 1998, S. 167–169 (siehe „Narration“).

  8. 8.

    Und damit „gleichzeitig Vorbild und unerreichtes (weil letztlich unerreichbares) Ideal“ der Filmanalyse darstellt, Blüher e.a. 1999, S. 4.

  9. 9.

    Siehe dazu Raymond Bellour in Kaplan 1990, S. 203.

  10. 10.

    Ähnlich hat Roland Barthes seine Vorlesungen am Collège de France nach einem alphabetischen System oder einer mathematischen Zufallsfolge strukturiert, um so die vorgeprägte Bahn eines etablierten Diskurses, einer Doktrin oder einer vorgefassten Logik zu unterlaufen. Vgl. die Anmerkungen von Claude Coste in: Barthes 2007, S. 15.

  11. 11.

    Zu sehen ist „John Cassavetes: Spaces of Seduction“ unter: https://vimeo.com/139866140.

  12. 12.

    Zu sehen unter: https://vimeo.com/94101046.

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Binotto, J. (2017). Ideologiekritik und/als analyse textuelle. In: Hagener, M., Pantenburg, V. (eds) Handbuch Filmanalyse. Springer Reference Geisteswissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13352-8_20-1

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