Zusammenfassung
Benjamin, der an persönliche Erfahrungen anknüpfte, entwickelte eine Filmtheorie, die kritischer Reflexion gegenwärtiger Tendenzen dienen kann. Offen für Experimente mit dem eigenen Wahrnehmungsapparat, untersuchte er die Bedeutung des Schocks, der Bilder unterschiedlicher Ausdrucksqualität durch Montage aufeinanderprallen lässt. Den Vorläufer sieht er im Dadaismus, dessen Leistung, nämlich die Kritik der Konventionen der Kunstwelt, der Film fortsetzt. Bereits die Fotografie erschloss das ‚optisch Unbewusste‘, das dem menschlichen Auge nicht unmittelbar Zugängliche. Der Film führt diesen Weg weiter. Benjamin bezieht, im Unterschied zu Adorno, das populärkulturelle Medium als wesentliches Moment der Bildung in seine ästhetische Theorie ein. Das konnte sowohl für Andy Warhol, als Pop-Künstler, als auch für den Ansatz der Cultural Studies fruchtbar werden.
Notes
- 1.
Die Wanderausstellung „Entartete Kunst“, mit der das nationalsozialistische Regime einen immensen Propagandaerfolg verbuchen konnte, ordnete George Grosz in die Abteilung „politische Tendenz“ ein. Der Ausstellungsführer bildet eine Zeichnung Groszʼ neben den Worten ab: „hier tritt die Kunst in den Dienst der marxistischen Propaganda für die Wehrdienstverweigerung“ (Kaiser 1937, S. 12).
- 2.
Das Museum of Modern Art in New York, das die Bauhaus-Idee in den 1930er-Jahren übernommen hatte (Hieber 2015, S. 48–49), besitzt eine Film-Abteilung.
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Hieber, L. (2018). Walter Benjamin. In: Geimer, A., Heinze, C., Winter, R. (eds) Handbuch Filmsoziologie. Springer Reference Sozialwissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-10947-9_2-1
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