Skip to main content

Kommunikationsanalyse

  • Living reference work entry
  • First Online:
Handbuch Soziale Praktiken und Digitale Alltagswelten

Part of the book series: Springer Reference Sozialwissenschaften ((SRS))

  • 471 Accesses

Zusammenfassung

Dieses Kapitel erörtert methodologische Herausforderungen und Potenziale der sozialwissenschaftlichen Analyse von Kommunikation unter digitalen Bedingungen. Kommunikation wird hier im sozialkonstruktivistischen Sinne als Grundoperation der Herstellung sozialer Wirklichkeit verstanden, die für die Sozialforschung immer mehr an Bedeutung gewinnt. Gemäß des Prinzips der Gegenstandsangemessenheit erfolgt zunächst eine dezidierte und methoden-reflexive Auseinandersetzung mit den Spezifika sozialer Wirklichkeit in digitalen Alltagswelten. Der zweite Teil diskutiert Lösungsmöglichkeiten für einige forschungspraktische Probleme, die aus den besonderen Merkmalen digitaler Kommunikation resultieren.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Einen vergleichenden Überblick bieten etwa Strübing (2013) sowie im Rahmen einer praxisorientierten Einführung Kleemann et al. (2009).

  2. 2.

    Zu den Folgen eines evidenzbasierten Monitorings für die professionelle Praxis im Bereich der Jugendhilfe vgl. Greschke et al. 2010.

  3. 3.

    Das entscheidende Merkmal sozialer Wirklichkeit, so Bergmann (1985), liegt in seiner Flüchtigkeit, gerade diese wird durch die Aufzeichnung jedoch eliminiert.

  4. 4.

    Eine kurze informative Übersicht bietet Strübing (2013, S. 201–202).

  5. 5.

    Kommunikative Gattungen bezeichnen „Muster zur Lösung kommunikativer Probleme gesellschaftlichen Handelns“ (Luckmann 1986, S. 200, zit. nach Keppler 2006, S. 311). Sie sind intermediär zwischen der sozialen Vermittlung von Wissen und ihrer Institutionalisierung in historisch spezifischen sozialen Strukturen angesiedelt (Bergmann und Luckmann 1995) und bilden in ihrer Gesamtheit die „sinnstiftende und handlungsorientierende Innenarchitektur einer Gesellschaft“ oder Kultur (Knoblauch und Luckmann 2003, S. 546). Ihre Analyse bietet einen induktiven Zugang zu den Sinn- und Ordnungsstrukturen der untersuchten Formation.

  6. 6.

    Solche Krisen können intentional oder unbeabsichtigt hervorgerufen werden. Mit den so genannten Krisenexperimenten hat Harold Garfinkel (1980, S. 205–208) eine wissenschaftliche Methode eingeführt, die durch absichtliche Verletzung impliziter Regeln der sozialen Ordnung von Alltagskommunikation (hier: die Prinzipien Vagheit und Okkasionalität von Äußerungen, sowie die Unterstellung von Sinneinverständnis) deren fundamentale Bedeutung erst sichtbar macht. In öffentlich-anonymen Räumen digitaler Alltagswelten, wie Foren, Chats oder Blogs hat sich das Krisenexperiment in erweiterter Form (i.S. der intentionalen Störung sozialer Ordnung) als Ethnomethode etabliert und zu einer sozialen Position verdichtet, die im deutschen und angloamerikanischen Internetjargon mit „Troll“ bezeichnet wird. Dies weist auf einen sozialen Wandel des Verständnisses von Öffentlichkeit hin, der sich gegenwärtig mit den digitalen Medien vollzieht und zu gesellschaftlichen Kontroversen führt. Um diesen diskursiv umkämpften Wandlungsprozess zu untersuchen, lohnt sich die fokussierte Analyse der Kommunikation von, mit und über Teilnehmende, die als Trolle identifiziert werden (vgl. exemplarisch Whelan 2013). Während mit Trollen zunächst grundsätzlich menschliche Teilnehmende assoziiert wurden, tritt mit den „social bots“ (Ferrera et al. 2015) eine technologische Version von Störenfrieden auf den Plan, so dass auch hier die Unterscheidung zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Partizipierenden schwierig wird (vgl. Abschn. 2.4).

Literatur

  • Antaki, Charles, et al. 2006. For she who she knows who she is: Managing accountability in online forum messages. Journal of Computer-Mediated Communication 11: 114–132. doi:10.1111/j.1083-6101.2006.00006.x.

    Article  Google Scholar 

  • Beaulieu, Anne. 2004. Mediating ethnography: Objectivity and the making of ethnographies of the Internet. Social Epistemology 18(2–3): 139–163.

    Article  Google Scholar 

  • Bergmann, Jörg R. 1985. Flüchtigkeit und methodische Fixierung sozialer Wirklichkeit. Aufzeichnungen als Daten der interpretativen Soziologie. In Entzauberte Wissenschaft: Zur Relativität und Geltung soziologischer Forschung. Sonderband 3 der Zeitschrift ‚Soziale Welt‘, Hrsg. Wolfgang Bonß und Heinz Hartmann, 299–320. Göttingen: Schwartz.

    Google Scholar 

  • Bergmann, Jörg R. 2003a. Ethnomethodologie. In Qualitative Forschung: Ein Handbuch, Hrsg. U. Flick et al., 118–135. Reinbek: Rowohlt.

    Google Scholar 

  • Bergmann, Jörg R. 2003b. Konversationsanalyse. In Qualitative Forschung: Ein Handbuch, Hrsg. U. Flick et al., 524–537. Reinbek: Rowohlt.

    Google Scholar 

  • Bergmann, Jörg R. 2006. Qualitative Methoden der Medienforschung-Einleitung und Rahmung. In Qualitative Methoden der Medienforschung, Hrsg. Ruth Ayaß und Jörg Bergmann, 13–41. Reinbeck: Rowohlt.

    Google Scholar 

  • Bergmann, Jörg R., und Thomas Luckmann. 1995. Reconstructive genres of everyday communication. In Aspects of oral communication, Hrsg. Uta M. Quasthoff, 289–304. Berlin: de Gruyter.

    Google Scholar 

  • Boyd, Danah. 2009. Response to Christine Hine. In Internet inquiry: Conversations about method, Hrsg. Annette N. Markham und Nancy K. Baym, 26–32. Los Angeles: Sage.

    Chapter  Google Scholar 

  • Dang-Anh, M., J. Einspänner, und C. Thimm. 2013. Die Macht der Algorithmen – Selektive Distribution in Twitter. In Echtheit, Wahrheit, Ehrlichkeit. Authentizität in der Online-Kommunikation, Hrsg. Martin Emmer und Ingrid Stapf, 74–87. Weinheim: Juventa.

    Google Scholar 

  • Ferrera, Emilio et al. 2014. The rise of social bots. In Communications of the ACM. doi:10.1145/2818717.

    Google Scholar 

  • Friese, Susanne. 2006. Computergestützte Analyse qualitativer Daten. In Qualitative Methoden der Medienforschung, Hrsg. Ruth Ayaß und Jörg Bergmann, 459–488. Reinbek: Rowohlt.

    Google Scholar 

  • Garfinkel, Harold. 1980. Das Alltagswissen über soziale und innerhalb sozialer Strukturen. In Alltagswissen, Interaktion und Gesellschaftliche Wirklichkeit. Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen, Bd. 1, 189–262. Opladen: Westdeutscher Verlag.

    Chapter  Google Scholar 

  • Gibson, Will. 2009. Intercultural communication online: Conversation analysis and the investigation of asynchronous written discourse [39 paragraphs]. Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social Research 10(1), Art. 49. http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0901493. Zugegriffen am 01.06.2015.

  • Greschke, Heike. 2009. Daheim in www.cibervalle.com. Zusammenleben im medialen Alltag der Migration. Stuttgart: Lucius & Lucius.

    Book  Google Scholar 

  • Greschke, Heike, Birte Klingler, und Heinz Messmer. 2010. Praxis im Modellprogramm – Fallstudien zum Hilfeplangespräch. In Wirkungsorientierte Jugendhilfe. Abschlussbericht der Evaluation des Bundesmodellprogramms „Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung durch wirkungsorientierte Ausgestaltung der Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsvereinbarungen nach §§ 78a ff SGB VIII“, Hrsg. Albus et al.,S. 62–104. Waxmann.

    Google Scholar 

  • Hepp, Andreas, und Friedrich Krotz, Hrsg. 2014. Mediatized worlds. Culture and society in a media age. Gordonsville: Palgrave Macmillan.

    Google Scholar 

  • Hofstetter, Yvonne. 2014. Sie wissen alles. Wie intelligente Maschinen in unser Leben eindringen und warum wir für unsere Freiheit kämpfen müssen. München: Bertelsmann.

    Google Scholar 

  • Höflich, Joachim R. 2013. Relationships to social robots: Towards a triadic analysis of media-oriented behavior. Intervalla 1:35–48. http://www.fus.edu/intervalla/images/pdf/4_hoeflich.pdf. Zugegriffen am 02.06.2015.

    Google Scholar 

  • Keppler, Angela. 2006. Konversations- und Gattungsanalyse. In Qualitative Methoden der Medienforschung, Hrsg. Ruth Ayaß und Jörg Bergmann, 293–323. Reinbek: Rowohlt.

    Google Scholar 

  • Kleemann, Frank, Uwe Krähnke, und I. Matschuek. 2009. Interpretative Sozialforschung. Eine praxisorientierte Einführung. Wiesbaden: VS.

    Book  Google Scholar 

  • Knoblauch, Hubert A., und Thomas Luckmann. 2003. Gattungsanalyse. In Qualitative Forschung: Ein Handbuch, Hrsg. U. Flick et al., 538–546. Reinbek: Rowohlt.

    Google Scholar 

  • Krotz, Friedrich. 2007. Mediatisierung. Fallstudien zum Wandel von Kommunikation. Wiesbaden: VS.

    Google Scholar 

  • Krotz, Friedrich. 2014. Einleitung: Projektübergreifende Konzepte und theoretische Bezüge der Untersuchung mediatisierter Welten. In Die Mediatisierung sozialer Welten. Synergien empirischer Forschung, Hrsg. F. Krotz, C. Despotovic und M. Kruse, 7–32. Wiesbaden: Springer VS.

    Chapter  Google Scholar 

  • Lievrouw, Leah A., und Sonia Livingstone, Hrsg. 2006. Introduction to the updated student edition. In Handbook of new media. Social shaping and social consequences of ICTs. Updated student edition, 15–32. Los Angeles: Sage.

    Google Scholar 

  • Luckmann, Thomas. 1986. Grundformen der gesellschaftlichen Vermittlung des Wissens. Kommunikative Gattungen. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. Sonderheft 27: Kultur und Gesellschaft, 191–211.

    Google Scholar 

  • Luhmann, Niklas. 1997. Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Mann, Chris, und Fiona Stewart. 2000. Internet communication and qualitative research. A handbook for researching online. London: Sage.

    Book  Google Scholar 

  • Merry, Sally E. 2011. Measuring the World. Indicators, Human Rights, and Global Governance. In Current Anthropology. Vol. 52, No. S3. Corporate Lives: New Perspectives on the Social Life of the Corporate Form, Hrsg. Damani J. Partridge, Marina Welker und Rebecca Hardin, S83–S95.

    Google Scholar 

  • Miller, Daniel, und Heather A. Horst, Hrsg. 2012. The digital and the human: A prospectus for digitale anthropology. In Digital anthropology, 3–35. London: Berg.

    Google Scholar 

  • Orthmann, Claudia. 2004. Strukturen der Chat-Kommunikation: Konversationsanalytische Untersuchung eines Kinder- und Jugendchats. Digital veröffentlichte Dissertation. http://www.diss.fu-berlin.de/2004/78/. Zugegriffen am 10.04.2006.

  • Seale, C., J. Charteris-Black, A. MacFarlane, und A. McPherson. 2010. Interviews and Internet forums: A comparison of two sources of qualitative data. SAGE Internet Research Methods, Hrsg. Jason Hughes, Bd. 4, (2012), 47–67.

    Google Scholar 

  • Soeffner, Hans-Georg. 2004. Auslegung des Alltags – Alltag der Auslegung. Konstanz: Universitätsverlag.

    Google Scholar 

  • Strauss, Anselm, und Juliet Corbin. 1998. Basics of qualitative research. Techniques and procedures for developing grounded theory, 101–121. Thousands Oaks: Sage.

    Google Scholar 

  • Strübing, Jörg. 2013. Qualitative Sozialforschung. Eine komprimierte Einführung für Studierende. München: Oldenbourg Verlag.

    Book  Google Scholar 

  • Thimm, Caja, et al. 2012. Twitter als Wahlkampfmedium. Modellierung und Analyse politischer Social-Media-Nutzung. Publizistik 57(3): 293–313. doi:10.1007/s11616-012-0156-7.

    Article  Google Scholar 

  • Van Dijck, José. 2013. The culture of connectivity. Oxford: Oxford University Press.

    Book  Google Scholar 

  • Whelan, Andrew. 2013. Even with Cruise Control You Still Have to Steer: Defining trolling to get things done. In The Fibreculture Journal. Issue 22, 36–60.

    Google Scholar 

  • Wolff, Stephan. 2006. Textanalyse. In Qualitative Methoden der Medienforschung, Hrsg. Ruth Ayaß und Jörg Bergmann, 245–273. Reinbek: Rowohlt.

    Google Scholar 

  • Ziegaus, Sebastian. 2009. Die Abhängigkeit der Sozialwissenschaften von ihren Medien. Grundlagen einer kommunikativen Sozialforschung. Bielefeld: transcript.

    Book  Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Heike Greschke .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2016 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH

About this entry

Cite this entry

Greschke, H. (2016). Kommunikationsanalyse. In: Friese, H., Rebane, G., Nolden, M., Schreiter, M. (eds) Handbuch Soziale Praktiken und Digitale Alltagswelten. Springer Reference Sozialwissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-08460-8_51-1

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-08460-8_51-1

  • Received:

  • Accepted:

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-08460-8

  • Online ISBN: 978-3-658-08460-8

  • eBook Packages: Springer Referenz Sozialwissenschaften und Recht

Publish with us

Policies and ethics