Skip to main content

Jugendliche und junge Erwachsene im Transferleistungsbezug

Fördern und Fordern im SGB II

  • Living reference work entry
  • Latest version View entry history
  • First Online:
Handbuch Kindheits- und Jugendsoziologie

Part of the book series: Springer NachschlageWissen ((SRS))

  • 372 Accesses

Zusammenfassung

Das mit dem Sozialgesetzbuch II eingeführte Aktivierungsparadigma hat weitreichende Folgen für junge Erwachsene im Transferleistungsbezug. Einerseits werden sie besonders gefördert, andererseits aber auch schärfer und schneller sanktioniert. Durch die Individualisierung von Gründen für den Leistungsbezug und den Fokus auf schnellstmögliche Integration in Erwerbsarbeit sind junge ALG-II-Beziehende einem besonderen Anpassungsdruck ausgesetzt, der gesellschaftliche Ausgrenzungsrisiken verschärfen kann.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Diese Altersdefinition wird im Sozialgesetzbuch II vorgegeben. Die Sinnhaftigkeit dieser starren Eingrenzung ist zwar diskussionswürdig, da sie im institutionellen Umgang mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen bindend ist, wird im Folgenden ebenfalls von Unter-25-Jährigen zur Bezeichnung junger Menschen im Transferleistungsbezug gesprochen.

  2. 2.

    Eine kritische Bilanz anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Reform findet sich z. B. bei Butterwegge (2015).

  3. 3.

    Nicht alle Unter-25-Jährigen, die Arbeitslosengeld II beziehen, sind erwerbslos und nicht alle jungen Erwerbslosen erhalten Arbeitslosengeld II. Von den aktuell in Deutschland registrierten 230.000 Erwerbslosen unter 25 Jahren beziehen rund 60 % Leistungen nach SGB II (Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2014, S. 25). Die anderen erhalten Arbeitslosengeld (ALG) I, das im SGB III geregelt wird.

  4. 4.

    Das SGB II richtet sich an sogenannte „erwerbsfähige Leistungsberechtige“, als „erwerbsfähig“ gilt nach § 8 Abs. 1 SGB II wer mindestens drei Stunden pro Tag einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann.

  5. 5.

    Seit Januar 2015 beträgt der Regelsatz der Grundsicherung für Volljährige 399 €, Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren stehen 302 € zu. Zusätzlich werden die Kosten für Wohnung und Heizung erstattet, sofern sie von der zuständigen Fachkraft des Jobcenters als angemessen eingestuft werden. Die Höhe des Regelsatzes bemisst sich am Existenzminimum, dessen Berechnung immer wieder kritisch diskutiert und neu verhandelt wird (z. B. Butterwegge 2015, S. 184 ff.).

  6. 6.

    Bei älteren Leistungsbeziehenden erfolgt die Sanktionierung gestaffelt, bei Pflichtverletzungen werden zunächst 30 %, dann 60 % der Leistungen gekürzt, erst im nächsten Schritt entfällt das ALG II komplett (SGB II § 31a Abs. 1).

  7. 7.

    Detaillierte Ausführungen zu den Sanktionsregeln finden sich z. B. bei Götz et al. (2010) oder Zahradnik (2014). Die institutionelle Umsetzung der rechtlichen Vorschriften unterliegt in der Praxis natürlich immer zu einem gewissen Ausmaß dem Ermessensspielraum der Fachkräfte der Behörden, wie z. B. Ludwig-Mayerhofer (2014) darstellt.

  8. 8.

    Die subjektorientierte Übergangsforschung zeigt, dass es im Zuge dieser Vermittlungspraxis und dem Verbleib im Übergangssystem häufig zu einem „Cooling-Out-Prozess“ kommt. Durch Bildung aufgeheizte berufliche Wünsche und Aspirationen werden in den Maßnahmen durch die Anpassung an scheinbare Notwendigkeiten des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes wieder abgekühlt (Walther und Stauber 2007, S. 23 f.).

  9. 9.

    Zur kritischen Auseinandersetzung mit dem diffusen Konzept der „Ausbildungsreife“ s. Dobischat et al. (2012).

  10. 10.

    Die Studie betrachtet 18–30-Jährige im ALG-II-Bezug, es ist davon auszugehen, dass die Ergebnisse auch für Unter-25-Jährige aussagekräftig sind.

Literatur

  • Achatz, J., Fehr, S., Schels, B., & Wolff, J. (2012). Wovon junge Arbeitslose im SGB II am meisten profitieren. IAB-Kurzbericht, 6/2012.

    Google Scholar 

  • Berlit, U. (2011). Die besondere Rechtsstellung der unter 25-jährigen im SGB II (Teil 1). info also, 29(2), 59–68.

    Google Scholar 

  • Butterwegge, C. (2015). Hartz IV und die Folgen: auf dem Weg in eine andere Republik? Weinheim: Beltz Juventa.

    Google Scholar 

  • Dobischat, R., Kühnlein, G., & Schurgatz, R. (2012). Ausbildungsreife – Ein umstrittener Begriff beim Übergang Jugendlicher in eine Berufsausbildung. Hans-Böckler-Stiftung: Arbeitspapier 189. Verfügbar unter www.boeckler.de/pdf/p_arbp_189.pd. Zugegriffen am 05.01.2015.

  • Figlestahler, C. (2013). Institutionelle Interventionen und Ausgrenzungsrisiken im Übergang in die Erwerbsgesellschaft. In S. Ahmed, A. Pohl, L. V. Schwanenflügel & B. Stauber (Hrsg.), Bildung und Bewältigung im Zeichen von sozialer Ungleichheit: Theoretische und empirische Beiträge zur qualitativen Bildungs- und Übergangsforschung (S. 104–121). Weinheim: Beltz Juventa.

    Google Scholar 

  • Figlestahler, C., & Zahradnik, F. (2012). Prekäre Reziprozität – Wie deuten junge Menschen im Arbeitslosengeld-II-Bezug die Wechselbeziehung mit der Institution? In M. Bereswill, C. Figlestahler, L. Y. Haller, M. Perels & F. Zahradnik (Hrsg.), Wechselverhältnisse im Wohlfahrtsstaat: Dynamiken gesellschaftlicher Justierungsprozesse (S. 255–272). Münster: Westfälisches Dampfboot.

    Google Scholar 

  • Götz, S., Ludwig-Mayerhofer, W., & Schreyer, F. (2010). Unter dem Existenzminimum. Sanktionen im SGB II. IAB-Kurzbericht, 10/2010.

    Google Scholar 

  • Kronauer, M. (2010). Exklusion. Die Gefährdung des Sozialen im hoch entwickelten Kapitalismus. Frankfurt: Campus.

    Google Scholar 

  • Kumpmann, I. (2009). Im Fokus: Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger: Zielgenaue Disziplinierung oder allgemeine Drohkulisse? IWH – Wirtschaft im Wandel, 6, 236–239.

    Google Scholar 

  • Lessenich, S. (2008). Die Neuerfindung des Sozialen. Der Sozialstaat im flexiblen Kapitalismus. Bielefeld: transcript.

    Book  Google Scholar 

  • Ludwig-Mayerhofer, W. (2014). Schwierige Übergänge: Mitarbeiter der Arbeitsverwaltung und ihre jungen Klienten und Klientinnen im SGB II. In U. Karl (Hrsg.), Rationalitäten des Übergangs in Erwerbsarbeit (S. 61–80). Weinheim: Beltz Juventa.

    Google Scholar 

  • Sammet, K., & Weißmann, M. (2012). Autonomiepotenziale, Erwerbsorientierungen und Zukunftsentwürfe von „benachteiligten“ Jugendlichen. In J. Mansel & K. Speck (Hrsg.), Jugend und Arbeit: Empirische Bestandsaufnahme und Analysen (S. 175–191). Weinheim: Beltz Juventa.

    Google Scholar 

  • Schels, B., & Zahradnik, F. (2014). Junge Erwachsene unter „Hartz IV“ – Geringqualifiziert, arbeitslos und schlecht motiviert? In A. Groenemeyer & D. Hoffmann (Hrsg.), Jugend als soziales Problem – soziale Probleme der Jugend (S. 119–139). Weinheim: Beltz Juventa.

    Google Scholar 

  • Schreyer, F., Zahradnik, F., & Götz, S. (2012). Lebensbedingungen und Teilhabe von jungen sanktionierten Arbeitslosen im SGB II. Sozialer Fortschritt, 9, 213–220.

    Article  Google Scholar 

  • Schruth, P., & Urban, U. (2006). Beratung junger Menschen zwischen „Fördern und Fordern“ – ein Jahr „Hartz IV“. Sozial Extra, 30(5), 8–11.

    Article  Google Scholar 

  • Statistik der Bundesagentur für Arbeit. (Hrsg.). (2014). Grundsicherung für Arbeitssuchende in Zahlen, Oktober 2014. Nürnberg.

    Google Scholar 

  • Walther, A., & Stauber, B. (2007). Übergänge in Lebenslauf und Biografie. Vergesellschaftung und Modernisierung aus subjektorientierter Perspektive. In B. Stauber, A. Pohl & A. Walther (Hrsg.), Subjektorientierte Übergangsforschung: Rekonstruktion und Unterstützung biografischer Übergänge junger Erwachsener (S. 19–40). Weinheim: Juventa.

    Google Scholar 

  • Wolff, J., Popp, S., & Zabel, C. (2010). Ein-Euro-Jobs für hilfebedürftige Jugendliche: Hohe Verbreitung, geringe Integrationswirkung. WSI-Mitteilungen, 1, 11–18.

    Google Scholar 

  • Zahradnik, F. (2014). Die Sanktionierung junger Arbeitsloser im SGB II. ARCHIV für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit, 4, 44–54.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Carmen Figlestahler .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2016 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH

About this entry

Cite this entry

Figlestahler, C. (2016). Jugendliche und junge Erwachsene im Transferleistungsbezug. In: Lange, A., Steiner, C., Schutter, S., Reiter, H. (eds) Handbuch Kindheits- und Jugendsoziologie. Springer NachschlageWissen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05676-6_15-2

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-05676-6_15-2

  • Received:

  • Accepted:

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Online ISBN: 978-3-658-05676-6

  • eBook Packages: Springer Referenz Sozialwissenschaften und Recht

Publish with us

Policies and ethics

Chapter history

  1. Latest

    Jugendliche und junge Erwachsene im Transferleistungsbezug
    Published:
    11 July 2016

    DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-05676-6_15-2

  2. Original

    Jugendliche und junge Erwachsene im Transfer leistungsbezug
    Published:
    19 January 2016

    DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-05676-6_15-1