Zusammenfassung
Latente Frames und Narrative sind eine spezifische Form des Framing, die nicht manifest im Text erkennbar ist. Diese Frames und Narrative stellen – häufig performativ – einen übergreifenden Deutungszusammenhang her, innerhalb dessen Fakten und Ereignisse ausgewählt, in spezifischer Form dargestellt und verstanden werden. Sie präformieren, meist unbemerkt und unbewusst, unser Wahrnehmen und Denken. Versteckte Diskriminierungen, Stereotype und Zuschreibungen können durch die Analyse solcher Frames sichtbar gemacht werden als Teil eines unbeabsichtigten Doing Gender. Als methodischer Zugang zur Analyse latenter Frames eignet sich das szenische Verstehen, die Hypothesenbildung erfolgt auf der Grundlage des abduktiven Schließens.
Das Konzept zum latenten Framing entwickele ich im regelmäßigen Austausch mit der Soziologin und Psychoanalytikerin Ilka Quindeau. Ihr danke ich für inspirierende Gespräche und zahlreiche Hinweise auf weiterführende Theorien.
Literatur
Bietz, Christoph. 2013. Die Geschichten der Nachrichten. Eine narratologische Analyse telemedialer Wirklichkeitskonstruktionen. Trier: Wissenschaftlicher Verlag.
Fiske, John. 1987. Television culture: Popular pleasures and politics. London/New York: Methuen.
Gadinger, Frank, Sebastian Jarzebski, und Taylan Yildiz, Hrsg. 2014. Politische Narrative. Konzepte – Analysen – Forschungspraxis. Wiesbaden: Springer VS.
Goffman, Erving. 2016 [1980]. Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Hall, Stuart. 1999. Kodieren/Dekodieren. In Cultural Studies. Grundlagentexte zur Einführung, Hrsg. Roger Bromley, Udo Göttlich und Carsten Winter, 92–110. Lüneburg: zu Klampen.
Herrmann, Friederike. 2016a. Das Märchen vom überkochenden Brei. Narrative in der medialen Berichterstattung zum Flüchtlingsthema im Herbst 2015. Communicatio Socialis 49(1): 6–20. https://www.ejournal.communicatio-socialis.de/index.php/cc/article/viewFile/1161/1159. Zugegriffen am 15.04.2017.
Herrmann, Friederike. 2016b. Diskriminierung zwischen den Zeilen. Szenisches Verstehen – Das Doing Gender in der Kommunikationssituation journalistischer Texte. In Eine Frage der Ethik? Eine Ethik des Fragens. Interdisziplinäre Untersuchungen zu Medien, Ethik und Geschlecht, Hrsg. Sigrid Kannengießer, Larissa Krainer, Claudia Riesmeyer und Ingrid Stapf, 95–110. Weinheim: Beltz.
Herrmann, Friederike. 2018. Das Verschwinden von Fakten in der Berichterstattung. Überlegungen zur Analyse von Narrativen des öffentlichen Diskurses am Beispiel des Flüchtlingsthemas. In Schneller, bunter, leichter: Kommunikationsstile im medialen Wandel, Hrsg. Lisa Blasch, Daniel Pfurtscheller und Thomas Schröder, 37–53. Innsbruck: Innsbruck University Press.
Herrmann, Friederike. 2019. Böse Wölfe, gute Wölfe. Eine Verteidigung des Konzeptes der Framing-Analyse. epd Medien 17:6–8.
Hickethier, Knut. 1997. Das Erzählen in der Welt der Fernsehnachrichten. Überlegungen zu einer Narrationstheorie der Nachrichten. Rundfunk und Fernsehen 45(1): 5–18.
Hipfl, Brigitte. 2015. Lesarten des Eigenen mithilfe der kollektiven Erinnerungsarbeit. ide. informationen zur deutschdidaktik 39(2): 74–81.
Klein, Christian, und Matías Martínez, Hrsg. 2009. Wirklichkeitserzählungen: Felder, Formen und Funktionen nichtliterarischen Erzählens. Stuttgart: J.B. Metzler.
Koch, Gertrud. 1989. „Was ich erbeute sind Bilder“. Zum Diskurs der Geschlechter im Film. Basel/Frankfurt a. M.: Stroemfeld/Roter Stern.
Kühne, Rinaldo. 2014. Emotionale Wirkungen von Kommunikatoren- und Journalisten-Frames. In Journalismus und (sein) Publikum. Schnittstellen zwischen Journalismusforschung und Rezeptions- und Wirkungsforschung, Hrsg. Wibke Loosen und Marco Dohle, 301–316. Wiesbaden: Springer VS.
Lorenzer, Alfred. 1976. Die Wahrheit der psychoanalytischen Erkenntnis. Ein historisch-materialistischer Entwurf. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Lorenzer, Alfred, Hrsg. 1986. Kultur-Analysen. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Luginbühl, Martin, Kathrine Schwab, und Harald Burger. 2004. Geschichten über Fremde. Eine linguistische Narrationsanalyse von Schweizer Fernsehnachrichten von 1957 bis 1999. Bern: Peter Lang.
Lünenborg, Margreth. 2005. Journalismus als kultureller Prozess. Zur Bedeutung von Journalismus in der Mediengesellschaft. Ein Entwurf. Wiesbaden: VS.
Lünenborg, Margreth, und Tanja Maier. 2013. Gender media studies. Eine Einführung. Konstanz: UVK.
Matthes, Jörg. 2014. Framing. Baden-Baden: Nomos.
Miskimmon, Alister, Ben O’Loughlin, und Laura Roselle. 2013. Strategic narratives. Communication power and the new world order. New York/London: Taylor & Francis.
Nünning, Vera. 2011/12. Narrativität als interdisziplinäre Schlüsselkategorie. In Jahresbericht des Marsilius-Kollegs. https://www.marsilius-kolleg.uni-heidelberg.de/md/einrichtungen/mk/publikationen/mk_jb_05_narrativitaet_als_interdisziplinaere_schluesselkategorie.pdf. Zugegriffen am 14.04.2017.
Ottomeyer, Klaus. 1992. Prinzip Neugier. Einführung in eine andere Sozialpsychologie. Unter Mitarbeit von Michael Wieser. Heidelberg: Asanger.
Schwarz, Andreas. 2014. Die Relevanz von Ursachen- und Verantwortungszuschreibungen im Kontext von Nachrichtenproduktion und-rezeption: Theoretische und methodische Potenziale von Attributionstheorien. In Journalismus und (sein) Publikum. Schnittstellen zwischen Journalismusforschung und Rezeptions- und Wirkungsforschung, Hrsg. Wibke Loosen und Marco Dohle, 275–300. Wiesbaden: Springer VS.
Sebeok, Thomas A., und Jean Umiker-Sebeok. 1982. „Du kennst meine Methode“. Charles S. Peicre und Sherlock Holmes. Frankfurt a. M: Suhrkamp.
Trescher, Hans-Georg. 1990. Theorie und Praxis der Psychoanalytischen Pädagogik. Mainz: Matthias-Grunewald-Verlag.
Viehöver, Willy. 2006. Diskurse als Narrationen. In Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse, Band 1, Theorien und Methoden, Hrsg. Reiner Keller, Andreas Hirseland, Werner Schneider und Willy Viehöver, 179–208. Wiesbaden: Springer VS.
Viehöver, Willy. 2014. Erzählungen im Feld der Politik, Politik durch Erzählungen. Überlegungen zur Rolle der Narrationen in den politischen Wissenschaften. In Politische Narrative. Konzepte – Analysen – Forschungspraxi, Hrsg. Frank Gadinger, Sebastian Jarzebski und Taylan Yildiz, 67–91. Wiesbaden: Springer VS.
Viehöver, Willy. 2015. Narration und Interpretation. Überlegungen zum hermeneutischen Strukturalismus Paul Ricoeurs. In Diskurs – Interpretation – Hermeneutik: Zeitschrift für Diskursforschung, Hrsg. Reiner Keller, Werner Schneider und Willy Viehöver, 211–260. Beiheft 3(1). Weinheim: Beltz/Juventa.
Wieser, Michael. 1994. Szenisches Verstehen. Ein erster theoretischer Erkundungsversuch. Psychotherapie Forum 2:6–19.
Wright, Georg Henrik von. 1991 [1974]. Erklären und Verstehen. Frankfurt a. M.: Hain.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2020 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature
About this entry
Cite this entry
Herrmann, F. (2020). Die Analyse latenter Frames und Narrative durch szenisches Verstehen. In: Dorer, J., Geiger, B., Hipfl, B., Ratković, V. (eds) Handbuch Medien und Geschlecht. Springer Reference Sozialwissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-20712-0_17-1
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-20712-0_17-1
Received:
Accepted:
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-20712-0
Online ISBN: 978-3-658-20712-0
eBook Packages: Springer Referenz Sozialwissenschaften und Recht