Einleitung

Regelmäßige körperliche Aktivität senkt das Mortalitätsrisiko und hat Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten und die psychische Gesundheit [1]. Bewegungstherapeutische Maßnahmen sind kostengünstig, leicht durchführbar und haben im Gegensatz zu anderen Behandlungsstrategien wie Pharmakotherapie kaum Nebenwirkungen [2]. Evidenzbasierte Untersuchungen konnten zeigen, dass körperliche Aktivität förderlich bei der Behandlung von psychischen und Verhaltensstörungen ist [3], insbesondere bei Personen mit depressiven Störungen [4, 5] und Angststörungen [6]. Die häufigsten Interventionsformen sind dabei aerobe Bewegungsinterventionen wie Gehen oder Fahrradfahren auf einem Ergometer [7].

Der Klettersport gilt als beliebter Freizeit- und Leistungssport, welcher immer mehr Anhänger findet [8, 9]. Dies zeigt sich unter anderem auch in der Aufnahme der Kletterdisziplinen (BouldernFootnote 1; LeadFootnote 2; SpeedkletternFootnote 3) in das olympische Sportprogramm ab dem Jahr 2020 [10]. Auch in der Wissenschaft gibt es zahlreiche Artikel, die sich dem Klettersport widmen und beispielsweise die Kraftverteilung, Überlastungsschäden und Verletzungen im Klettersport untersuchten [11,12,13,14]. In Bezug auf therapeutisches Klettern gibt es jedoch kaum wissenschaftliche Untersuchungen. „Therapeutisches Klettern – kaum erforscht und dennoch zunehmend eingesetzt“, so lautete eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2011 von Grzybowski und Eils [15]. Sie zeigten auf, welche physiologischen Wirkungen Klettertherapie bei orthopädischen und neurologischen Beschwerden sowie bei psychomotorischen und angeborenen/chronischen Erkrankungen haben kann. Allerdings wiesen die eingeschlossenen Studien hohe methodische Limitationen auf. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass es nur mangelnde Nachweise für die physiologische Effektivität eines therapeutischen Kletterprogrammes gibt. In einem weiteren Review aus dem Jahr 2011 wurden ebenfalls keine zufriedenstellenden Nachweise für die Effektivität einer therapeutischen Kletterintervention in der Prävention oder in der Behandlung von körperlichen Gesundheitsproblemen gefunden [16].

Doch was ist mit den psychologischen Aspekten?

Dass der Klettersport therapeutisches Potential hat, wurde schon vor über 120 Jahren vermerkt [17]. Weber [17] empfahl den Klettersport insbesondere Personen, die sich mental stark beanspruchten und hauptsächlich Büroarbeit verrichten und eventuell dadurch häufige Symptome wie Übergewicht, Schlafprobleme, Gereiztheit und Deprimiertheit zeigten. Bei nicht vorliegenden organischen Erkrankungen empfahl er einen Aufenthalt in den Bergen, um Gesundheit und Lebensenergie zurückzugewinnen. Somit scheint die Anwendung des Klettersports im psychologischen Bereich weiter zurückzugehen als die physiologische Anwendung. Als erste therapeutische Kletterinterventionen nannte Lazik [18] in den 80er Jahren das Klettern als Therapieform im Strafvollzug. Hierbei wurden vor allem die psychosozialen Aspekte des Kletterns als Partnersport gefördert [18]. Beim Klettern werden physiologische, sowie psychologische und kognitive Ansprüche gestellt. Neben muskulärem Zuwachs und der Verbesserung koordinativer Fähigkeiten könnte durch die Überwindung physischer und psychischer Grenzen und Ängste eine realistischere Selbsteinschätzung entwickelt sowie das Selbstvertrauen gesteigert werden. Auch soziale Aspekte, wie Vertrauen in den Sicherungspartner, Verantwortungsbewusstsein und Kooperation, könnten durch Klettern geschult werden [19]. Leichtfried hebt den positiven Anforderungscharakter des Kletterns hervor, welcher vor allem im Zusammenhang mit psychischen und Verhaltensstörungen förderlich erscheint [19]. Beim Klettern wird Kreativität und Spontanität gefördert. Es erfordert Lösungsstrategien zum Bewältigen der Routen, das Einhalten von Regeln, sowie Verantwortungsbewusstsein und Kooperation kombiniert mit Aufmerksamkeit und innerer Wachsamkeit [19]. Dies erscheint besonders förderlich bei Patienten mit einer Aufmerksamkeitsdefizit‑/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) [20]. Veser [20] beschreibt dies bei einer therapeutischen Klettergruppe von Kindern mit ADHS folgendermaßen: „Vielmehr fördert die Klettertherapie auch grundlegende kognitive und sozio-emotionale Fähigkeiten wie Konzentration und Merkfähigkeit oder das Vertrauen in Therapeuten und Sicherungspartner. Das Kind lernt auch, Handlungsabläufe zu planen und einzuhalten – und es erhält eine unmittelbare und konkrete Rückmeldung durch den Kletterablauf selbst.“ Trotz dieser positiven Vermerke erscheint die empirische Datenlage unzureichend und vornehmlich auf physiologische Effekte der Klettertherapie beschränkt [15, 16, 21]. Im Folgenden wird ein Überblick über die aktuelle Datenlage der Klettertherapie als Anwendungsform im psychologischen Bereich gegeben.

Methodik

Die Literaturrecherche erfolgte von Juli bis Dezember 2017. In erster Linie wurden empirische Studien zu den psychologischen Effekten durch Klettertherapie gesucht. Gesucht wurde in den Datenbanken PubMed, ScienceDirect, Wiley Online Library, Scholar und über die Schlagwörter „therapeutic climbing“, „climbing“ „therapy“, „bouldering“, „health“, „indoor climbing“, „rock climbing“ in englischer und deutscher Sprache. Des Weiteren wurde auf Bücher zurückgegriffen, die das Thema therapeutisches Klettern behandeln. Bei allen Artikeln wurden die Literaturverzeichnisse berücksichtigt und gegebenenfalls in die Datenbank miteinbezogen. Aufgrund der mangelnden Datenlage wurden auch Fallbeispiele begutachtet.

Ergebnisse

Empirische Studien

Es wurden sieben empirische Studien gefunden, die psychologische Effekte der Klettertherapie untersuchten (Tab. 1). Alle Studien wiesen teils erhebliche methodische Limitationen auf.

Tab. 1 Zusammenfassung der empirischen Studienlage

Vier Studien untersuchten die Auswirkungen der Klettertherapie bei erwachsenen Patienten mit psychischen und Verhaltensstörungen [22,23,24]. Von diesen wurden vier Studien in einem naturalistischem Setting an stationären Patienten [22, 23, 25] durchgeführt und eine Studie an ambulanten Patienten [24]. Die Studien variierten in ihrer Interventionsart (Hochseilgarten, Seilklettern, Bouldern), Interventionsdauer (einmalige Intervention, mehrwöchige Intervention) sowie in der Definition der Kontrollgruppe (keine Kontrollgruppe, Patienten ohne Kletterintervention, Entspannungstechnik, Warteliste). Der Hochseilgarten, wie er in der Studie von Wolf und Mehl [23] beschrieben wurde, ist ein konstruiertes Gerüst, das 12 m hohe Baumstämme durch Drahtseile verbindet. Zwischen den Baumstämmen gibt es statische und schwingende Elemente aus Seilen und Holzbalken mit verschiedenen Übungsmöglichkeiten. Die partizipierenden Personen werden während der Benutzung des Hochseilgartens durch Seilsicherung an einem Kletter- und Brustgurt vor Stürzen gesichert. Die Übungsabfolge wurde in der angeführten Untersuchung mit allen Patienten individuell erarbeitet. In der Studie von Kleinstäuber et al. [25] wurde eine einmalige Seilklettereinheit mit einer Entspannungseinheit verglichen. Die Entspannungseinheit beinhaltete eine angeleitete Entspannung (Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson) mit anschließender Reflexion. Die Klettereinheit umfasste ein spielerisches Aufwärmen an der Kletterwand ohne Seil (im Absprungbereich), gefolgt von einer Seilkletterintervention mit anschließender Reflexion. Dabei wurden die jeweiligen Patienten von geschultem Personal gesichert. Kleinstäuber et al. [25] zeigten positive Veränderungen in der affektiven Befindlichkeit nach einer einmaligen Klettereinheit im Vergleich zu einer Entspannungseinheit. In der Studie von Luttenberger et al. [24] wurde nur Bouldern – das Klettern auf Absprunghöhe – praktiziert. Daher wurden keine Materialschulungen in der Intervention eingebaut. Zusätzlich zu dem kletterspezifischen Training, wurde in jeder Einheit ein verhaltensrelevantes Thema (z. B. „Angst und Vertrauen“) erarbeitet und reflektiert. Sowohl die Daten von Wolf und Mehl [23] als auch von Luttenberger et al. [24] zeigten eine verbesserte Selbstwirksamkeit und Veränderungen in der Zustandsangst bei der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe.

Zwei Studien wurden bei Kindern (8–12 Jahre) durchgeführt, die an physiologischen Beeinträchtigungen litten (ZerebralpareseFootnote 4, bzw. motorischen DefizitenFootnote 5) [26, 27]. Schram Christensen et al. [27] führten eine kombinierte Kletterintervention (Bouldern und Seilklettern) durch. Mazzoni et al. [26] beschrieben eine Seilkletterintervention. Bei beiden Studien lag der Fokus auf physiologischen Veränderungen. Durch eine zusätzliche Erhebung psychologischer Variablen zeigte sich bei Mazzoni et al. [26] eine verbesserte Selbstwirksamkeit in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe. Schram Christensen et al. [27] fanden zwischen ihrer Interventionsgruppe bei Kindern mit Zerebralparese und Kindern ohne Beeinträchtigungen keine Unterschiede in psychologischen Variablen.

Eine Studie untersuchte die psychischen Auswirkungen einer Kletterintervention im Vergleich zu einer Fitnessintervention bei gesunden Probanden [28]. Die Kletterintervention umfasste ein Klettertraining mit Seilsicherung. Neben dem kletterspezifischen Training wurden auch der Umgang und die Anwendung der Sicherheitsausrüstung geschult. Die Zuteilung der Gruppen erfolgte selbstgewählt. Es ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen hinsichtlich des Angstzustandes. Sowohl in der Fitness- als auch in der Klettergruppe wurden nach einer einzelnen Einheit reduzierte Ausprägungen der Zustandsangst festgestellt.

Fallbeispiele

Aufgrund der geringen Studienanzahl soll der Bericht von Fallbeispielen einen erweiterten Einblick in die Klettertherapie geben.

Wallner beschrieb Einzelfallanalysen von acht jungen Erwachsenen (∅ 24,4 ± 4,1 Jahre), welche sie im Schuljahr 2009/2010 klettertherapeutisch betreute. Sechs Personen kletterten dabei im Gruppensetting einmal pro Woche (Dauer nicht angeführt), zwei Personen kletterten aufgrund der erhöhten Ablenkbarkeit in Einzelsettings (Dauer und Umfang nicht angeführt). Die Probanden waren mit leichten Lernschwächen bis hin zu mittelgradigen Intelligenzminderungen diagnostiziert. Manche Teilnehmer wiesen zusätzliche psychische und Verhaltensstörungen wie Somatisierungsstörung, ADHS oder Essstörung auf. Als wichtigste beobachtete Handlungen beschrieb Wallner Veränderungen im kognitiven, sozialen, emotionalen und motorischen Bereich [29]. Im kognitiven Bereich beobachtete sie eine Verbesserung der Konzentration, eine geringere Ablenkbarkeit und eine realistischere Zielsetzung bei den TeilnehmerInnen. Im sozialen Bereich beobachtete sie eine erhöhte soziale Kompetenz, eine Stärkung der Klarheit in der Kommunikation und Freude bei der Verantwortungsübernahme. Im emotionalen Bereich berichtete Wallner unter anderem von einer beobachteten Verbesserung im Selbstbewusstsein und einer erhöhten Frustrationstoleranz.

In dem Buch von Kowald und Zajetz „Therapeutisches Klettern. Anwendungsfelder in Psychotherapie und Pädagogik.“ werden weitere Fallberichte beschrieben [30]. Susanne Wallner, Claudia Kern und Stefan Jenuwein berichteten an ausgewählten Beispielen über ihre Erfahrungen mit der Klettertherapie. Es wurden Fallbeispiele für Erwachsene mit unterschiedlichen Störungsbildern (Multiple Sklerose [n = 1], schwere depressive Störung [n = 1], Höhenangst [n = 1]), sowie für Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Störungen (Kind mit verbalem und aggressivem Verhalten [n = 1], Jugendlicher mit desorganisiertem Bindungsverhalten und ADHS [n = 1]) beschrieben. Zusammenfassend berichteten die Autoren von einer Steigerung im Bereich Selbstwert und einer Verbesserung der sozialen Fertigkeiten der Personen durch die Klettertherapie.

Diskussion

Sieben Artikel wurden in die Überblicksarbeit miteingeschlossen, wobei Personengruppen, Kontrollgruppen, Altersgruppen, Erhebungsparameter, Interventionsart und -dauer, stark variierten. Von den insgesamt sieben eingeschlossenen Artikeln erhoben drei Artikel die Selbstwirksamkeit und fanden signifikante Veränderungen bei der Versuchsgruppe, konnten diese Verbesserungen jedoch nur teilweise mit einer Kontrollgruppe kontrollieren [23, 24, 26]. Bezogen auf die Altersgruppe zeigte sich dies sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern. Bei psychiatrischen Patienten zeigte sich eine Verbesserung in der Zustandsangst durch eine Hochseilgartenexposition im Vergleich zur Kontrollgruppe [23]. Ähnliche Verbesserungen in der Zustandsangst zeigten sich auch bei gesunden Probanden, allerdings waren diese auch durch eine Fitnesstrainingsintervention zu finden [28]. Vermutlich wurden diese Veränderungen daher nicht durch die Klettertherapie, sondern durch die körperliche Aktivität ausgelöst. Akut ließen sich signifikante Verbesserungen der affektiven Befindlichkeit durch eine Kletterintervention bei Patienten mit schweren depressiven und bipolaren Störungen im Vergleich zu einer Entspannungsintervention nachweisen [25].

Bei ambulanten Patienten mit depressiver Störung wurde durch eine achtwöchige Klettertherapie ein Rückgang im Beck Depressions Inventar II erreicht, welcher sich signifikant von Personen der Warteliste unterschied [24]. Dies ist unseres Wissens die erste randomisiert-kontrollierte Studie zu den Effekten der Klettertherapie bei einer Probandengruppe mit psychischen und Verhaltensstörungen, wobei die Diagnose nicht einheitlich erhoben wurde (entweder durch einen Arzt oder durch einen Fragebogen). Als Interventionsart wurde Bouldern gewählt. Die Intervention fand einmal wöchentlich über drei Stunden statt. Allerdings ist aus der Beschreibung der Interventionseinheiten ersichtlich, dass auch ergänzende Achtsamkeitsübungen und psychotherapeutische Verfahren eingesetzt wurden. Somit können die Effekte nicht einzig auf die klettertherapeutischen Maßnahmen zurückgeführt werden. Als Kontrollgruppe wurde eine Warteliste gewählt, welche keine therapeutische Intervention erfuhr. Eine Warteliste als Kontrollgruppe zu erheben birgt die Gefahr, den Effekt der Intervention zu überschätzen [31]. Zudem kann durch die Studie von Luttenberger et al. [31] keine Aussage über die Effektivität einer Klettertherapie verglichen mit einer anderen Bewegungsintervention bzw. einer Kontaktgruppe, welche dieselbe Art der therapeutischen Intervention erhält, abgeleitet werden. Ein Vergleich zwischen einer Bewegungsintervention und einer Kletterintervention wurde lediglich bei einer gesunden Probandengruppe durchgeführt. Nach einer dreimonatigen Interventionszeit wurden keine Gruppenunterschiede zwischen den Sportarten erkannt [28]. Allerdings erfolgte die Gruppenzuteilung nicht randomisiert, sondern von den Probanden selbst gewählt. Zwei Studien hatten das primäre Ziel physiologische Unterschiede durch die Kletterinterventionen festzustellen, da die Probandengruppe aus Kindern mit motorischen Defiziten, bzw. Störungen bestand. Zusätzlich zu den physiologischen Parametern wurden Veränderungen in der psychischen Gesundheit erhoben. Schram Christensen et al. [27] konnten keine Veränderungen in Bezug auf die psychische Gesundheit berichten. Allerdings wurde der verwendete Fragebogen, der persönliche und soziale Komponenten erfasste, in der Studie nicht näher beschrieben. Mazzoni et al. [26] fanden Verbesserungen im Bereich der Selbstwirksamkeit in einer kontrollierten Studie bei Kindern mit motorischen Defiziten im Vergleich zu einer Wartelistekontrollgruppe. Unterschiede im Selbstbild konnte diese Studie nicht identifizieren. Die Klettereinheiten fanden einstündig über 6 Wochen je einmal wöchentlich statt. Die beschriebenen Fallanalysen geben einen Einblick, dass Klettertherapie bereits bei einer Vielzahl von Patienten mit psychischen und Verhaltensstörungen eingesetzt wurde und in Einzelfällen positive Auswirkungen hatte. Allerdings können diese Analysen nicht als wissenschaftliche Evidenz herangezogen werden, scheinen sie doch sehr von der Interaktion zwischen Instruktoren und Patienten beeinflusst. Leider lässt auch die Studie von Mollenhauer et al. [22] wenig wissenschaftliche Rückschlüsse auf die Effektivität zu, da keine Kontrollgruppe erhoben wurde und die Stichprobe sehr klein war. Eine allgemeingültige Aussage über die psychologischen Effekte der Klettertherapie zu treffen ist nicht möglich, da die wenigen Studien verschiedene Altersgruppen (sowohl Kinder als auch Erwachsene) untersuchten und zudem zahlreiche Limitationen aufwiesen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Praktizierende scheinbar gute Erfahrungen mit der Klettertherapie machten, dass aber die wissenschaftliche Evidenz dieser Intervention noch nicht bestätigt ist [22, 29, 30]. Langfristig zeigten sich keine psychologischen Unterschiede zwischen einer Kletterintervention und einer aeroben Trainingsintervention (bei einer gesunden Probandengruppe) [28]. Positive Veränderungen in der affektiven Befindlichkeit ließen sich jedoch, im Vergleich zu einer Entspannungseinheit, nach einer Klettereinheit an Patienten mit schweren depressiven Störungen, nachweisen [25]. Daher sollten zukünftige kontrollierte Studien Untersuchungen bei Personen mit psychischen und Verhaltensstörungen die Auswirkungen von Klettertherapie im Vergleich zu anderen Interventionen anstreben. Zudem wäre es erforderlich, mögliche Unterschiede zugunsten der Klettertherapie im Vergleich zu aerober körperlicher Aktivität wie Gehen oder Fahrradfahren, die viel einfacher in der Durchführbarkeit sind und Effekte in der Behandlung von Patienten mit psychischen und Verhaltensstörungen gezeigt haben nachzuweisen, um diese neue Bewegungsintervention auch evidenzbasiert zu rechtfertigen [3, 4, 6]. Auch die Erwartungshaltung der Probanden sowie die entgegengebrachte Aufmerksamkeit durch die Studienteilnahme scheint einen wichtigen Einfluss auf die Studienergebnisse zu haben [32]. Daher empfiehlt es sich in zukünftigen Studien auch auf eine nicht körperlich aktive Kontrollgruppe zu kontrollieren – wobei Interventionsgruppen (z. B. sozialer Kontakt, Entspannungstechnik, Psychotherapie) der Warteliste als Kontrollgruppe vorzuziehen sind [31]. Ein anzustrebendes Studiendesign wäre somit eine randomisierte-kontrollierte Studie mit den drei Interventionsgruppen Klettern, aerobe Bewegung und soziale Kontaktgruppe bei einer homogenen Patientengruppe mit psychischen und Verhaltensstörungen.

Schlussfolgerung

Es bleibt fraglich, ob Klettertherapie, insbesondere für Personen mit psychischen und Verhaltensstörungen, mehr positive psychologische Effekte hat als andere Formen körperlicher Aktivität. Klettern wird häufig in der Behandlung von Patienten mit psychischen und Verhaltensstörungen bereits empfohlen [29, 30], obwohl die wissenschaftliche Evidenz dieser – im Vergleich zu anderen Bewegungsinterventionen – personal- und materialaufwändigen Intervention, derzeit nicht gegeben ist. Wie schon von Grzybowski und Eils [15] erwähnt wurde, sollen die fehlenden wissenschaftlichen Nachweise nicht zu einer Ablehnung der Klettertherapie führen, sondern als Forschungsanreiz zur Durchführung kontrollierter Studien in verschiedenen Altersgruppen (Kinder- und Jugendliche, sowie Erwachsene) verstanden werden.