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© K.-W. Delank

_ Nasenbluten (Epistaxis) ist meist harmlos und muss nur in ca. 10% der Fälle behandelt werden. Regelhaft liegt eine Austrocknung der Mukosa bei Virusinfekten, Nikotin- oder Medikamentenabusus (Nasentropfen!) sowie Deviationen und Perforationen der Nasenscheidewand zugrunde. Digitale Manipulationen („Nasenbohren“) und Traumen, Fremdkörper (Kinder!) sowie O2-/Nährsonden können die Gefäße direkt arrodieren. Zu den häufigsten systemischen Ursachen zählen Entgleisungen bei arterieller Hypertonie und Antikoagulanzien, v. a. ASS und Marcumar®.

Ätiologie

Einseitiges Nasenbluten entstammt zu 80% dem relativ gut erkennbaren Locus Kiesselbachi, einem arteriovenösen Geflecht an der vorderen Nasenscheidewand. Im Übrigen kann nicht nur die Identifikation der Blutungsquelle, sondern auch die Abschätzung des Blutverlustes schwierig sein. Blutverschmutze Kleidung, eine imposante Schilderung der Blutungsintensität und ein extremer Erregungszustand sind keine sicheren Indizien für eine Massenblutung.

Eine einmalige, spontan wieder sistierende Schwallblutung darf aber nicht bagatellisiert werden, da diese auf eine posttraumatische oder postoperative Arrosion größerer, arterieller Gefäße hindeuten kann. Ferner münden mehrere, leichte Blutungsepisoden summarisch nicht selten in einen deutlichen Hb-Abfall. Pharyngeale oder ösophageale Blutungen können eine Epistaxis imitieren, indem sie via Nasenrachenraum über die Nase austreten (Z. n. Adenotonsillektomie, Varizen). Nur der Hb-Wert in Kombination mit den klinischen Zeichen der Anämie wie Blässe, hohem Puls und Kaltschweißigkeit erlauben eine valide Beurteilung des Blutverlustes.

Therapie

  • Erstmaßnahmen: Absaugen der Nase (Kittel, Schutzbrille, Handschuhe) und beruhigender Zuspruch: Es gibt kein „unstillbares“ Nasenbluten!

  • Anamnese: Dauer? Wiederholungsblutung? Antikoagulanzien? Unfall/Op.?

  • Über mehrere Minuten ununterbrochene (!) manuelle Kompression der Nasenflügel stoppt die meisten Blutungen.

  • Eiskalte Nackenkompressen führen nachweislich zu einer endonasalen Vasokonstriktion und unterstützen die Wirkung von Xylometazolin-Nasentropfen (z. B. Otriven®), die reichlich, ggf. mit Adrenalinzusatz appliziert werden sollten.

  • RR-Messung: Viele Nasenbluter haben einen reaktiven Bluthochdruck, der rasch wieder sinkt, wenn die Situation ruhiger wird. Medikamentös kann man den Druck vorsichtig, z. B. mit Nifedipin (5–10 mg als Kautablette), senken.

  • Ein i. v.-Zugang ist oft hilfreich, um ggf. eine Kreislaufstabilisation mit der obligaten Bestimmung des Hb-Wertes und der Gerinnungsparameter zu verbinden.

  • Sitzende Position bzw. Oberkörperhochlagerung verhindern Aspiration und Ingestion.

  • Falls eine Elektrokoagulation der Blutungsquelle nicht möglich ist: Nasentamponade für max. 24 h.

  • Im hausärztlichen Bereich haben sich gefettete Fingerlinge aus Schaumstoff bewährt (z. B. Rhinotamp®).

  • Auch bei einseitigem Nasenbluten sollte bilateral tamponiert werden, da alle Tamponaden nach dem Kompressionsprinzip funktionieren.

  • Unbedingt müssen die Tamponaden durch Verknotung der Armierungsfäden vor dem Nasensteg gegen eine Dislokation gesichert werden. Es wurden Todesfälle durch Aspiration unfixierter Nasentamponaden beschrieben!

Weitere Maßnahmen

Bei rezidivierender Epistaxis ist neben einer differenzierten Gerinnungsdiagnostik eine HNO-ärztliche Untersuchung zwecks Ausschluss von Tumoren, Gefäßmalformationen, Sinusitiden etc. und zur Planung einer OP oder interventionellen Gefäßembolisation zu empfehlen. Im blutungsfreien Intervall kann ein CT der Nasen- und Nasennebenhöhlen diagnostisch wertvoll sein.