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Ein diplomatisches Meisterstück: Obama, der Iran und das Nuklearabkommen von Wien

A Diplomatic Masterpiece: Obama, Iran and the Nuclear Deal of Vienna

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Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Dieser Beitrag geht der Frage nach, welche Änderungen in der US-Positionierung die Einigung auf den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), der von manchen Mitgliedern der ehemaligen Bush-Administration scharf kritisiert wurde, ermöglichten. Die Aufgabe der Forderung nach einem Anreicherungsstopp sowie die Abkoppelung der Nuklearfrage von anderen Streitfragen werden als Game-Changer in den Verhandlungen identifiziert und diskutiert. Der Beitrag fasst in diesem Rahmen auch die wesentlichen Elemente des JCPOA zusammen.

Abstract

This paper explores the question as to which modifications in US negotiation positions have paved the way for the adoption of the Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), which has been sharply criticized by some members of the former Bush-Administration. The abandonment of the demand for zero enrichment and the decoupling of the nuclear dispute from other issues of contention are identified and discussed as game-changers in the negotiations process. Against this background, the paper also summarizes the main elements of the JCPOA.

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Notes

  1. Eine Ausnahme bildete wohl die Einschätzung von Colin Powell, dem ehemaligen Außenminister unter George W. Bush, der den JCPOA als einen „pretty good deal“ einstufte (zitiert nach Gallagher 2015).

  2. Hierbei handle es sich um Aktivitäten vom Iran, die entweder spezifisch für den Bau von Nuklearwaffen („specific to nuclear weapons“ im Original; IAEA 2011, S. 8) gewesen seien oder in anderen Fällen auch einen dualen Charakter gehabt haben und somit auch für zivile Zwecke durchgeführt worden sein könnten. In einem Bericht hielt die IAEA im November 2011 fest, dass es Anhaltspunkte dafür gäbe, dass „some activities relevant to the development of a nuclear explosive device continued after 2003, and that some may still be ongoing“ (IAEA 2011, S. 8). Diese Arbeiten hätten sich beispielsweise auf die Anbringung eines nuklearen Sprengkopfes an einer Rakete oder auf Zündsysteme, wie sie für den Bau von Nuklearbomben relevant sein könnten, bezogen. In einer vermeintlich in der Militäranlage in Parchin aufgestellten Explosionskammer könnte der Iran zudem Experimente durchgeführt haben, die genauso für den Bau von nuklearen Sprengsätzen relevant seien, so die IAEA. Die Klärung dieser PMD bzw. der „outstanding issues“ war dem Iran und der IAEA in einem zweiten Verhandlungstrack nicht bis zur Annahme des JCPOA am 14. Juli 2015 gelungen. In einer am selben Tag angenommenen „Road-map for the clarification of past and present issues regarding Iran’s nuclear programme“ wurde jedoch eine Einigung auf die weitere Vorgehensweise erzielt. Insgesamt sollten alle Aktivitäten und Maßnahmen zur Klärung der offenen Fragen bis zum 15. Oktober 2015 abgeschlossen werden. Der DG sollte sodann eine Bewertung vornehmen und dem Gouverneursrat bis 15. Dezember 2015 einen diesbezüglichen Endbericht vorlegen (IAEA 2015b). Dies ist in der Tat geschehen. Der Bericht des DG stellt dem Iran zwar keinen Persilschein aus, lässt manche Fragen offen, stellt in anderen Fällen die Angaben des Iran in Frage (z. B. in puncto Parchin), zieht aber den Schluss, dass „a range of activities relevant to the development of a nuclear explosive device were conducted in Iran prior to the end of 2003 as a coordinated effort, and some activities took place after 2003. The Agency also assesses that these activities did not advance beyond feasibility and scientific studies, and the acquisition of certain relevant technical competences and capabilities“ (IAEA 2015a, S. 15). Es gäbe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass solche Aktivitäten nach 2009 weitergeführt wurden. Auch eine Abzweigung von nuklearem Material in Verbindung mit den PMD konnte nicht festgestellt werden. Auf der Grundlage dieses Berichts erklärte der IAEA-Gouverneursrat die Behandlung der Causa PMD mit ihrer Resolution vom 15. Dezember 2015 für beendet. Dieser Befund der IAEA deckt sich im Großen und Ganzen mit der US-amerikanischen National Intelligence Estimate aus dem Jahr 2007, in der festgehalten wurde, dass sie, also die US Intelligence Community bestehend aus 16 Nachrichtendiensten, „assess with high confidence that in fall 2003, Tehran halted its nuclear weapons program“ und „assess with moderate confidence Tehran had not restarted its nuclear weapons program as of mid-2007, but […] do not know whether it currently intends to develop nuclear weapons“ (DIN 2007). Der Ausdruck Nuklearwaffenprogramm meint in diesem Zusammenhang „Iran’s nuclear weapon design and weaponization work and covert uranium conversion-related and uranium enrichment-related work; we do not mean Iran’s declared civil work related to uranium conversion and enrichment“ (DIN 2007).

  3. Eine Einschränkung der Anreicherungsaktivitäten auf Zeit, sowie eine Zusage, keine Wiederaufbereitung zu betreiben, wurden aber vom Iran selbst vorgeschlagen (siehe Arms Control Association 2014).

  4. Gemäß JCPOA wird der Iran das AP zu seinem Comprehensive Safeguards Agreement (CSA) mit der IAEA zunächst „vorübergehend“ implementieren und später seine Ratifizierung anstreben. Genauso wird der Iran Modified Code 3.1 anwenden, solange die CSA in Kraft bleibt. Über die nächsten 15 Jahre hinweg wird der Iran der IAEA Zugang zu allen „relevanten“ Teilen der Anlagen in Natanz und Fordow gewähren, wenn verlangt auf täglicher Basis. Die Produktion, der Erwerb und Transfer von Uranerzkonzentrat in Konvertierungsanlagen wird in den folgenden 25 Jahren überwacht werden. Darüber hinaus wird die Lagerung der überschüssigen Zentrifugen von der IAEA überwacht. Beschlossene Transparenzmaßnahmen betreffen auch wichtige Zentrifugenkomponenten für einen Zeitraum von 20 Jahren. Es wird darüber hinaus ein „procurement channel“ eingerichtet, über welchen der Handel mit nuklearen oder nuklear-bezogenen Gütern in einem Zeitraum von 10 Jahren erfolgen wird. Der JCPOA regelt auch, wie und in welchem Zeitraum Streitigkeiten, die den Zugang der IAEA zu nicht-deklarierten Anlagen betreffen oder eine „significant non-performance“ darstellen könnten, zu lösen wären. Sollte ein solcher Fall beim UN-Sicherheitsrat landen, so müsste innerhalb von 30 Tagen über eine Aufrechthaltung der Sanktionsaufhebung abgestimmt werden. Sonst werden die Bestimmungen der alten UN-Sicherheitsresolutionen automatisch erneut in Kraft gesetzt, außer der UN-Sicherheitsrat entscheidet anderweitig.

  5. Dies stellt eine Reduktion des Bestands um etwa 98 % dar (Samore 2015, S. 5). Weitere Beschränkungen sind, neben anderen, dass für einen Zeitraum von 15 Jahren allein in Natanz angereichert werden darf. Für die Anreicherung dürfen in den ersten 10 Jahren lediglich Zentrifugen des Typs IR-1 verwendet werden. Insgesamt dürfen in Natanz 5060 und in Fordow 1044 solche Zentrifugen verbleiben, im letzteren Fall jedoch nicht für Anreicherungszwecke. Der Iran wird den Brennstoff für den TRR (mit einem Anreicherungsgrad von 19,75 %) sowie „enriched uranium targets“ aus dem Ausland einführen (siehe dazu JCPOA, Annex I, 2015).

  6. Der Reaktor wird mit LEU betrieben und ausschließlich für Forschungszwecke sowie für die Herstellung von Isotopen für medizinische und industrielle Anwendungen genutzt werden. Die abgebrannten Brennelemente sind für die Lebensdauer des Reaktors ins Ausland zu verbringen – dies gilt auch für abgebrannte Brennelemente für Kraftwerke zur Stromerzeugung. Darüber hinaus verpflichtet sich der Iran, in den nächsten 15 Jahren keine Wiederaufbereitung zu betreiben, keine Anlagen zu diesem Zweck zu bauen und keine relevanten Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen zu ergreifen. Der Iran beabsichtigt auch nach Ablauf dieser Periode von 15 Jahren an diesen Einschränkungen festzuhalten. Ein allfälliger Überschuss an Schwerwasser soll ans Ausland verkauft werden (siehe dazu JCPOA 2015).

  7. Nach Annahme des JCPOA zeigte sich Corker sehr skeptisch und gab an, dass „[t]hroughout these negotiations, I [also Corker] have expressed significant concerns to the administration about the crossing of red line after red line as we have moved from a goal of dismantling Iran’s nuclear capabilities [Hervorhebung der Autoren] to managing its proliferation“ (Corker 2015).

  8. Interessanterweise sagte George W. Bush bei einem Treffen der Republican Jewish Coalition nach der Annahme des JCPOA, „he would not criticize President Obama, whose aim to degrade and ultimately destroy the Islamic State he applauded“ (Horowitz und Haberman 2015).

  9. Das Waffenembargo soll gemäß JCPOA fünf und die proliferationsbezogenen Sanktionen sollen acht Jahre nach „Adoption Day“ (90 Tage nach Annahme des Aktionsplans durch den UN-Sicherheitsrat) oder sobald die IAEA im Rahmen ihrer „broader conclusions“ den Schluss zieht, dass das gesamte nukleare Material im Iran allein friedlichen Zwecken dient, fallen bzw. unterliegt der Iran ab diesem Zeitpunkt denselben Bestimmungen, die bei anderen Nicht-Nuklearwaffenstaaten (NNWS) im Sinne des NPT zur Anwendung kommen. Die Sanktionen auf „ballistic missile related technologies“ werden also auch nach acht Jahren aufgehoben.

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Gärtner, H., Akbulut, H. Ein diplomatisches Meisterstück: Obama, der Iran und das Nuklearabkommen von Wien. Z Außen Sicherheitspolit 10 (Suppl 2), 165–180 (2017). https://doi.org/10.1007/s12399-017-0625-1

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