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Gestaltung von Tarifen für kommunikationsfähige Messsysteme im Verbund mit zeitvariablen Stromtarifen

Eine empirische Analyse von Präferenzen privater Stromkunden in Deutschland

Tariff Design for Communication-Capable Metering Systems in Conjunction with Time-Variant Electricity Consumption Rates

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Zeitschrift für Energiewirtschaft Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Auch in Deutschland kommen kommunikationsfähige Messsysteme (KMS oder „Smart Meter“) für Strom im Verbund mit zeitlichen Differenzierungen von kWh-Arbeitspreisen zunehmend bei privaten Haushaltskunden zum Einsatz. Dennoch liegen bislang kaum Erkenntnisse zu Präferenzen dieser Kunden im Hinblick auf die Gestaltung von KMS-Tarifelementen und von zeitvariablen Stromverbrauchspreisen vor. In der vorliegenden Studie werden derartige Präferenzen in einer Online-Befragung von 754 deutschsprachigen Erwachsenen mittels der Conjoint-Analyse-Methode ermittelt. Als KMS-Tarifelemente werden Bereitstellungs- und Monatsgebühren betrachtet. Als Merkmale zeitvariabler Strompreise werden die Zahl der Zeit-/Tarifblöcke, die maximale Spreizung von Arbeitspreisen in verschiedenen Zeitfenstern sowie die Vorhersag-/Änderbarkeit von Arbeitspreisen berücksichtigt. Die meisten Befragten beurteilten den Nutzen von mehrdimensionalen KMS- und Verbrauchstarifelementen hauptsächlich anhand der KMS-Tarifmerkmale. Mit einer Vorlaufzeit von mindestens einem Tag dynamisch anpassbare Arbeitspreise werden fast durchweg als nutzenmindernd erlebt. Zwischen den Tarifpräferenzen einerseits und sozio-demographischen und Strombezugsmerkmalen von Kunden sowie deren subjektiven KMS-Erwartungen/Beurteilungen andererseits bestehen nur vereinzelt signifikante Zusammenhänge. Die Bereitschaft, KMS-Bereitstellungs- und -Monatsgebühren hinzunehmen, sowie deutlich von undifferenzierten Strompreisen abweichende Varianten zeitvariabler Tarife nachzufragen, dürfte mit Einsatzerfahrungen von KMS und zeitvariablen Stromtarifen zunehmen. Aus den Befunden werden Schlussfolgerungen für Energielieferanten, die KMS-basierte zeitvariable Tarife bei Haushaltskunden in Deutschland vermarkten wollen, und für die wissenschaftliche Forschung abgleitet.

Abstract

In Germany too, communication-capable electricity metering systems (CMS) together with time-based differentiation of kWh-rates for energy consumption are increasingly proliferated among household customers. Nevertheless, empirical evidence with respect to preferences of members of this customer group for the design of CMS tariff elements and of time-variant electricity consumption rates is still scarce. The present study captures such preferences by means of conjoint analysis of data obtained in an online survey of 754 German-speaking adults. Examined CMS tariff elements are a one-off installation fee and monthly recurring use charges. The studied characteristics of time-based rates are the number of time/tariff blocks, the maximum spread between kWh-rates for different time windows and the adaptability/predictability of kWh-rates. Most respondents judged multidimensional CMS and electricity consumption tariff offerings mainly in light of the CMS tariff characteristics. The vast majority of the participants perceived kWh-rates, which may change with a minimum lead time of one day as reducing the benefit of CMS and consumption tariff bundles. Tariff preferences on the one hand were only rarely significantly related to customers’ socio-demographic and electricity procurement characteristics as well as their CMS-related expectations/assessments on the other. The willingness to accept CMS-related one-off installation and recurring service charges as well as the propensity to opt for time-dependent electricity consumption tariff variants differing clearly from non-differentiated electricity price schemes appear to be positively affected by customers’ practical application experience with CMS and time-variant electricity consumption rates. Conclusions are drawn for energy suppliers seeking to propagate CMS-based time-variant tariffs among household customers in Germany and for future scholarly research.

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Notes

  1. In Arbeiten, die auf die Conjoint-Analyse-Methodik zurückgreifen, werden die Begriffe „Präferenzen“ und „Nutzen“ zumeist synonym zur Kennzeichnung subjektiver Attraktivitätsbewertungen von Leistungen, die zum Kauf angeboten werden, verwendet. Diesem Vorgehen wird auch hier gefolgt.

  2. Eine tabellarische Übersicht der Ausprägungen der Tarifelemente für KMS und der variablen Stromtarife bei diesen 75 Unternehmen Ende Oktober 2011 und Anfang März 2012 kann vom korrespondierenden Autor angefordert werden.

  3. In der Literatur wird typischerweise zwischen „Critical Peak Pricing“ (CPP) und „Real Time Pricing“ (RTP) differenziert. CPP unterscheidet sich von RTP dadurch, dass bei RTP eine nachfrage- und angebotsbasierte Arbeitspreisbestimmung in kürzeren Zeitabständen (z.B. stündlich) erfolgt, die Preisgültigkeit auf kürzere Intervalle beschränkt wird und z.T. Arbeitspreise für einen Zeitabschnitt nicht ex ante an Kunden kommuniziert, sondern erst ex post ermittelt werden. Angesichts der nicht trennscharfen Unterscheidungsmerkmale ist der Übergang zwischen CPP- und RTP-Ansätzen u.E. jedoch eher fließend als unstetig (vgl. a. Borenstein et al. 2002: 13–14 und 33–34).

  4. χ 2=36,61; df=1 für die Geschlechtsverteilung. χ 2=684,71; df=3 für die Altersverteilung. χ 2=48,60; df=2 für die Familienstandsverteilung. χ 2=1.542,61; df=1 für die Bildungsabschlussverteilung. χ 2=82,57; df=2 für die Einkommensverteilung. χ 2=27,53; df=3 für die Haushaltsgrößenverteilung. χ 2=12,82; df=1 für die Wohneigentumsverteilung.

  5. Vgl. grundlegend Green und Rao (1971). Innerhalb der Verfahrensgruppe der CA gibt es neben der traditionellen CA noch die „Choice Based“ CA (CBCA) und die hierarchische CA (HCA). CBCA und HCA haben sich bislang aber gegenüber traditionellen CA nicht als eindeutig vorziehenswürdig erwiesen (s. Sattler 2006: 169–170). Deshalb ist ein Rückgriff auf ein Verfahren der traditionellen CA zur Untersuchung von Präferenzen privater Haushaltskunden im Hinblick auf KMS-Tarife und zeitvariable Stromverbrauchstarife vertretbar. Gegenüber den Verfahren der auswahlbasierten CA (s. etwa Burkhalter et al. 2009: 162–163) wird der traditionellen CA zwar eine weniger realitätsnahe Erhebungssituation, aber zugleich auch ein höherer Informationsgehalt zugeschrieben.

Literatur

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Correspondence to Torsten J. Gerpott.

Anhang

Anhang

Operationalisierung der Variablen in Tab. 5 a

I.

KMS-Vorwissen

1.

Vorwissen über KMS b: Durchschnitt der Antworten zu folgenden, nach Erklärung von KMS/DSZ gestellten zwei Fragen: (a) „Wie häufig haben Sie in den letzten 12 Monaten von derartigen neuen Stromzählern unabhängig von diesem Fragebogen schon gehört“ mit 6-stufiger Antwortvorgabe von „nie (0 mal)“ (=0) bis „sehr häufig (>3 mal im Monat)“ (=5), (b) „Wie beurteilen Sie den Umfang Ihres Kenntnisstandes in Bezug auf DSZ?“ mit 5-stufiger Antwortvorgabe von „sehr schlecht“ (=0) bis „sehr gut“ (=4).

II.

KMS-Erwartungen/-Nützlichkeit

2.

Verbrauchsverhaltensänderungen: Durchschnitt des Zustimmungsgrades zu sechs Aussagen („Nach Ausstattung meiner Wohnung mit einem DSZ werde ich das neue System nutzen, um …“): (a) „…meinen Stromverbrauch zu senken“, (b) „…mich genauer über den Stromverbrauch einzelner Elektrogeräte (z.B. Geschirrspüler, Herd) zu informieren“, (c) „…meinen Stromverbrauch z.T. in Zeiten zu verlagern, in denen der Strompreis niedriger ist“, (d) „…elektrische Geräte in meinem Haushalt automatisch auszuschalten, wenn der Strompreis hoch ist“, (e) „…meine Stromrechnung zu senken“, (f) „…mir neue stromsparende Haushaltsgeräte zu kaufen“ mit jeweils 6 Antwortstufen von „ganz sicher nicht“ (=1) bis „ganz sicher“(=6).

3.

Nützlichkeit Verbrauchsanalysen: Durchschnitt von fünf Einschätzungen zur Nützlichkeit von Funktionen und Anwendungen, über die ein DSZ verfügen kann: (a) „Automatische Übertragung von Verbrauchsauswertungen auf mein Handy“, (b) „Automatische Übertragung von Verbrauchsauswertungen auf meinen Computer/Laptop“, (c) „Grafische Veranschaulichung meiner Verbrauchsdaten“c, (d) „Ausweis des Stromverbrauchs einzelner Haushaltsgeräte“, (e) „Vorhersage meines Stromverbrauchs/meiner Stromrechnungshöhe für die nächsten Monate“ mit jeweils 6 Antwortstufen von „überhaupt nicht nützlich“ (=1) bis „sehr nützlich“ (=6).

4.

Nützlichkeit Ausleseverbesserung: Durchschnitt von zwei Einschätzungen zur Nützlichkeit der Fernauslesung von DSZ: (a) „Für mich ist es vorteilhaft, wenn bei DSZ der jährliche Ablesetermin durch einen Mitarbeiter meines Stromanbieters zugunsten der Fernauslesung entfällt“ mit 6-stufiger Antwortvorgabe von „stimme gar nicht zu“(=1) bis „stimme voll zu“(=6) und (b) „Automatische Zähler(fern)ablesung“ mit 6 Antwortoptionen von „überhaupt nicht nützlich“ (=1) bis „sehr nützlich“(=6).

5.

Datenschutzvertrauen: Durchschnitt des Zustimmungsgrades zu sieben Aussagen: (a) „Ich bin mir sicher, dass meine per DSZ gesammelten Verbrauchsdaten vom Stromanbieter vertraulich behandelt werden“, (b) „Ich erwarte, dass mein Stromanbieter durch DSZ zu viel über meine Lebensgewohnheiten in Erfahrung bringt“ [Kodierung umgekehrt]c, (c) „Ich vermute, dass aufgrund technischer Mängel des DSZ falsche Verbrauchsdaten von mir übertragen werden könnten“ [Kodierung umgekehrt]c, (d) „Ich rechne damit, dass Dritte bei einem DSZ-Einsatz leicht unbefugt meine persönlichen Daten nutzen werden“ [Kodierung umgekehrt]c, (e) „Ich bin mir sicher, dass meine DSZ-Daten vom Stromlieferanten nicht ohne meine Zustimmung an Dritte verkauft werden“, (f) „Ich kann nicht nachvollziehen, wer sonst neben meinem Stromanbieter Zugriff auf meine DSZ-Daten hat“ [Kodierung umgekehrt]c, (g) „Ich weiß nicht, welche Daten über meinen Verbrauch und mich per DSZ überhaupt gesammelt werden“ [Kodierung umgekehrt]c mit jeweils 6-stufiger Antwortvorgabe von „stimme gar nicht zu“ (=1) bis „stimme voll zu“(=6).

III.

Umweltschutzorientierung

6.

Umweltbewusstsein: Durchschnitt des Zustimmungsgrades zu vier Aussagen zum Umweltschutz: (a) „Ich halte Umweltschutz für nicht so wichtig; es gibt gravierendere Probleme wie Armut oder Krieg auf der Welt“ [Kodierung umgekehrt]c, (b) „Ich finde es gut, dass Klima-/Umweltschutz eine große Bedeutung in der Politik hat“, (c) „Der einzelne Bürger kann durch sein Verhalten sehr viel für den Umweltschutz bewirken“, (d) „Als Einzelner kann ich keinen Beitrag zum Umweltschutz leisten“ [Kodierung umgekehrt]c mit jeweils 6-stufiger Antwortvorgabe von „stimme gar nicht zu“ (=1) bis „stimme voll zu“ (=6).

7.

Umweltorientiertes Verbrauchsverhalten: Durchschnitt des Zustimmungsgrades zu acht Aussagen zur eigenen Haushaltsführung: (a) „Beim Kauf von Elektrogeräten für meinen Haushalt (z.B. Staubsauger, Wäschetrockner) achte ich darauf, dass diese wenig Strom verbrauchen“, (b) „ Ich drehe die Heizung zu Hause schon mal runter, auch wenn es kälter ist, weil ich so zum Umweltschutz beitragen kann“, (c) „Ich nutze Geräte wie Waschmaschine, Wäschetrockner oder Geschirrspüler möglichst wenig, um so zum Umweltschutz beizutragen“, (d) „Beim Kochen achte ich darauf, effizient vorzugehen (z.B. Kochen mit Deckel auf dem Topf), weil ich so Strom sparen kann“, (e) „Wenn ich eine Wasch- oder Geschirrspülmaschine für meinen Haushalt kaufe, suche ich mir ein Gerät, das wenig Wasser verbraucht“, (f) „In meiner Wohnung verwende ich überwiegend energiesparende Glühbirnen“, (g) „Ich gehe in meinem Haushalt mit Leitungswasser zum Kochen, Spülen oder Duschen bewusst sparsam um“, (h) „Ich schalte in meinem Haushalt den Bereitschaftsmodus bei Geräten wie Fernseher, Computer oder Drucker gezielt aus“ mit jeweils 6-stufiger Antwortvorgabe von „trifft überhaupt nicht zu“ (=1) bis „trifft uneingeschränkt zu“ (=6).

  1. a DSZ = Digitaler Stromzähler. Dieser Begriff wurde synonym im Fragebogen für ein kommunikationsfähiges Messsystem (KMS) für Strom verwendet. Kursive Hervorhebungen innerhalb von wörtlichen Zitaten entsprechen der Darstellung im Fragebogen. Reihenfolge und Benennung der Variablen in diesem Anhang und in Tab. 5 sind identisch
  2. b Die Antworten zum zweiten Item wurden wie folgt in ein sechsstufiges Raster mit den Anfangs-/Endwerten von 0/5 über führt: 0→0; 1→1,25; 2→2,5; 3→3,75; 4→5
  3. c „Kodierung umgekehrt“ bedeutet, dass z.B. die Antworten „stimme gar nicht zu“ mit 6 und „stimme voll zu“ mit l kodiert wurden sowie den zwischen den Endpolen liegenden vier Antwortstufen jeweils analog ein entsprechender Zahlenwert zugewiesen wurde

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Gerpott, T.J., Paukert, M. Gestaltung von Tarifen für kommunikationsfähige Messsysteme im Verbund mit zeitvariablen Stromtarifen. Z Energiewirtsch 37, 83–105 (2013). https://doi.org/10.1007/s12398-012-0101-5

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