Herzfehler sind die häufigste menschliche Fehlbildung beim Neugeborenen. Die zugrunde liegende Genetik ist jedoch noch weitgehend unklar. Dies liegt zum einen an der verminderten Penetranz und variablen Expressivität, zum anderen an heterogenen und wenig evidenzbasierten Literaturangaben. Ziel muss es daher sein, eine verlässliche Genotyp-Phänotyp-Assoziation zu etablieren, die es auch ermöglicht, neue AHF-assoziierte Gene zu identifizieren. Die Veröffentlichung gewonnener Datensätze ist dabei unabdingbar, da sie helfen würde, Patienten in therapeutische Subgruppen einzuteilen.

Einleitung

Die umfassendste Definition der angeborenen strukturellen Herzfehlbildungen (AHF) findet sich bei Mitchell et al. (1971), der diese als „a gross structural abnormality of the heart or intrathoracic great vessels that is actually or potentially of functional significance“ beschreibt. Diese Definition gibt einen Einblick in die heterogene Gruppe angeborener Herzfehler, die zu einer teils ausgeprägten Funktionseinschränkung des kindlichen Herz-Kreislauf-Systems führen können, und bezieht neben den klassischen Formen, wie bspw. dem Vorhofseptumdefekt (ASD) oder den Fehlbildungen der Herzklappen, auch die Kardiomyopathien inklusive der Non-Compaction Kardiomyopathie (LVNC) mit ein. Epidemiologisch handelt es sich bei den AHF um die häufigste humane Fehlbildung, die einen hohen Anteil an Kindersterblichkeit aufweist [1] und deshalb als eine der wesentlichen Herausforderungen der Gesundheitsversorgung der kommenden Jahre betrachtet wird [2].

Die Geburtsprävalenz moderater bis schwerwiegender AHF beläuft sich auf 5–10 pro 1000 Lebendgeburten [3], ist jedoch stark davon abhängig, welche AHF-Formen mit einbezogen werden. Bei wechselnden Einschlusskriterien, wenn z. B. auch die bikuspide Aortenklappe oder der persistierende Ductus arteriosus und das Auftreten von schweren Herzfehlern beim Feten mitbetrachtet werden, kann sich die Prävalenz auf 5–50 pro 1000 erhöhen [2]. Von wesentlicher Bedeutung ist insbesondere die Gruppe der lebensbedrohlichen Herzfehler, die mit einem Anteil von 25 % aller angeborenen Herzfehler angegeben wird, da bei diesen Patienten innerhalb des ersten Lebensjahres eine medizinische Intervention (bspw. Katheterbehandlung oder auch Operation) für das weitere Überleben notwendig ist [4]. Deshalb würde diese Gruppe maßgeblich von einer adäquaten Früherkennung, bspw. mittels Echokardiographie oder Einbezug genetischer Diagnostikmöglichkeiten, die eine prognostische Einschätzung bezüglich des Krankheitsverlaufes und eventueller therapeutischer Ansätze erlauben, profitieren.

Notwendigkeit von Evidenzklassen und Gruppierungen

Neben der konventionellen Einteilung kindlicher Herzfehler, die sich vor allem auf das klinische Erscheinungsbild bezieht, erfolgt häufig eine Einteilung in syndromale und nicht-syndromale Herzfehler. Dabei zeigen Patienten mit syndromalen Herzfehlern neben einem angeborenen Herzfehler auch Dysmorphien oder Veränderungen extrakardialer Organe, während die nicht-syndromalen durch das isolierte Auftreten eines Herzfehlers charakterisiert sind. Ziel dieser Einteilung ist das bessere Verständnis der zugrunde liegenden Genetik und die Aufklärung möglicher funktioneller Mechanismen.

Insgesamt gesehen ist die Quote ätiologisch erklärbarer Herzfehler zum jetzigen Zeitpunkt sehr gering. Sie beträgt nur ~30 % bei syndromalen Herzfehlern und 10–15 % bei isolierten AHF [5, 6]. Hierfür ist neben dem ausgesprochen heterogenen Wiederholungsrisiko, abhängig von AHF-Typ und Verwandtschaftsverhältnis [7], welches aufgrund der häufig beobachteten reduzierten Penetranz und variablen Expressivität vielfach nicht in Einklang mit den klassischen Vererbungsmustern zu bringen ist, auch die unzureichende Publikationslage bezüglich der zugrunde liegenden kausal-assoziierten Gene von Bedeutung. So finden sich bei vielen in der Literatur dargestellten genetischen Assoziationen weder hinreichend Angaben zur Ko-Segregation innerhalb der Familie noch bezüglich der populationsspezifischen Allelfrequenz, sodass die Mehrzahl der humanen AHF-Gene nur über eine eingeschränkte kausale Evidenz verfügt.

Um die bereits bekannten Gene in einen kausalen Zusammenhang mit der Entstehung angeborener Herzfehler zu setzen, haben wir in Anlehnung an bereits publizierte und öffentlich zugängliche Genotyp-Phänotyp-Kriterien (http://www.ebi.ac.uk/gene2phenotype) eine kritische Literaturrecherche der bekannten AHF-Gene durchgeführt. Bei der Aufstellung der im Folgenden aufgeführten Listen sowohl für Gene, die mit syndromalen und nicht-syndromalen AHF sowie LVNC assoziiert sind, als auch für Chromosomenregionen, in denen Kopienzahlvarianten mit AHF in Verbindung stehen, wurden nur genomweite Studienansätze (arraybasiert, Linkage-Analysen und NGS-Verfahren) mit ausreichender genomweiter statistischer Evidenz berücksichtigt, die neben einer nachvollziehbaren Ko-Segregation auch eine passende populationsspezifische Allelfrequenz aufweisen. Es erfolgte die Einteilung in zwei Evidenzklassen: Tier 1 und Tier 2. Als Voraussetzung für Tier 1 sollte das potenzielle Krankheitsgen in drei oder mehr unabhängigen Familien/Erkrankten beobachtet und bei Tier 2 in mindestens zwei unabhängigen Beobachtungen nachgewiesen worden sein. Neben den Evidenzklassen haben wir zudem das zugrunde liegende Vererbungsmuster genauer betrachtet (monoallelisch, biallelisch, X‑chromosomal und hemizygot), um neben einer besseren Einteilung neuer Varianten auch ein Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen zu ermöglichen.

Von den aktuellen in der Literatur zu findenden Genen sind 151 der Gruppe der mit syndromalen AHF assoziierten Gene zuzuordnen (Tab. 1) und 34 Gene dem nicht-syndromalen Formenkreis (Tab. 2). Es finden sich 44 Chromosomenregionen, die eine starke Assoziation mit angeborenen Herzfehlern zeigen (Tab. 3); 19 Gene können mit einem Non-Compaction Phänotyp assoziiert werden (Tab. 4).

Tab. 1 Gene, die mit syndromalen AHF assoziiert sind
Tab. 2 Gene, die mit nicht-syndromalen AHF assoziiert sind
Tab. 3 Chromosomenregionen, die mit AHF assoziiert sind
Tab. 4 Gene, die mit Non-Compaction Kardiomyopathie assoziiert sind

Bei den allermeisten bisher bekannten Genen/Regionen handelt es sich um ein autosomal dominantes Vererbungsmuster. Häufig werden sowohl in der Gruppe der syndromalen, als auch nicht-syndromalen Gene/Regionen reduzierte Penetranz sowie variable Expressivität beobachtet.

Syndromale strukturelle Herzfehler

Insgesamt sind ~15–20 % der Fälle mit angeborenen Herzfehlern dem syndromalen Formenkreis zu zuordnen [8]. Dabei lassen sich 8–10 % dieser sogenannten syndromalen Herzfehler durch unbalancierte Chromosomenstörungen wie Aneuploidien und strukturelle Chromosomenveränderungen einschließlich submikroskopischer Chromosomenveränderungen (CNV) erklären [2]. So finden sich bei ca. 40–50 % der Patienten mit Trisomie 21, bei 20–50 % mit Turner-Syndrom und bei nahezu allen Fällen mit Trisomie 13 und Trisomie 18 strukturelle Herzfehler [2]. Es wird indessen vermutet, dass durch solche genomische Veränderungen dosissensitive Gene betroffen sind, die aufgrund einer dysregulierten Expression Auswirkung auf die Kardiogenese haben. Die häufigste AHF-assoziierte CNV stellt eine 3 Mb Deletion auf Chromosom 22q11.2 (Velokardiofaziales Syndrom/Mikrodeletionssyndrom 22q11.2) dar. Diese in einer von 4000–6000 Lebendgeburten auftretende CNV kann bei 15 % aller Fälle mit Fallot-Tetralogie (TOF) gefunden werden [9]. Durch die Deletion sind zwar mehr als 30 Gene betroffen, es ließ sich jedoch anhand von Sequenzanalysen und Tiermodellen eine reduzierte Gendosis des Transkriptionsfaktors TBX1 nachweisen. Dieser reguliert die Zellproliferation im zweiten Herzfeld und wird deswegen als ursächlich für die Entstehung der Herzfehlbildungen angesehen [10]. Als weitere Chromosomenstörungen, die in Verbindung mit AHF auftreten, sind das Cri-du-chat-Syndrom (Deletion 5p15.2), das Cat-eye-Syndrom (Inversion und Duplikation 22q11), das Jacobsen-Syndrom (Deletion 11q23) und das Williams-Beuren-Syndrom mit einer Deletion in 7q11.23 zu nennen [2]. Von den 26–28 Genen, die in diesem Intervall zu finden sind, sind ELN und LIMK1 diejenigen, die am häufigsten deletiert sind. Auch wenn die Eln Knockout-Maus am besten den humanen Phänotyp rekapituliert [11], lassen sich nicht alle menschlichen Phänotypen durch den partiellen Verlust von ELN erklären, sodass andere Kandidatengene wie BAZ1B, LIMK1 und CLIP2 eine Rolle spielen könnten [12]. Anhand des Eln-Mausmodells konnte gezeigt werden, dass genetische Modifier die Haploinsuffizienz eines Gens beeinflussen [13]. Dies könnte auch in Bezug auf andere syndromale Herzfehler eine plausible Erklärung für den heterogenen Phänotyp im Menschen und der Maus darstellen.

Unbalancierte Chromosomenanomalien erklären jedoch nur einen kleinen Anteil der syndromalen Herzfehler, viele Ursachen wurden in den letzten Jahren durch die Identifizierung seltener Genvarianten mittels Kandidatensequenzierung und insbesondere durch NGS aufgeklärt.

Strukturelle Herzfehler treten bei vielen unterschiedlichen monogen erblichen Syndromen auf. So weisen 90 % der Patienten beim Alagille-Syndrom, welches durch Mutationen in JAG1 verursacht wird, einen AHF auf. Das Holt-Oram-Syndrom, welches in 80 % der Fälle mit einem Herzfehler assoziiert ist, wird durch dominante Loss-of-function-Mutationen (LOF-Mutationen) in TBX5, welches in der frühen Organogenese eine wichtige Rolle spielt, hervorgerufen. Weitere Syndrome, die häufig mit Herzfehlern assoziiert sind, sind das Noonan-Syndrom, verursacht durch Mutationen des RAS-Signalweges, bei welchem AHF in 80–90 % der Patienten beobachtet werden, das CHARGE-Syndrom (CHD7) mit 50–80 %, das Ellis-van-Creveld-Syndrom (EVC und EVC2) mit 60 % und das Kabuki-Syndrom (KMT2D und KDM6A) mit 31–55 % [2].

Eine kürzlich veröffentlichte exomweite Studie an 1891 Patienten mit AHF identifizierte drei neue Syndrome, die durch De-novo-Mutationen in CDK13, CHD4 und PRKD1 verursacht sind [14]. Bei den sieben beschriebenen Patienten mit Mutationen in CDK13 konnten Defekte des Ventrikelseptums und des atrialen Septums sowie teilweise auch Veränderungen der Pulmonalklappe nachgewiesen werden. Zusätzlich zeigten die Patienten eine auffallend faziale Ähnlichkeit, eine signifikante Entwicklungsverzögerung, eine moderate Mikrozephalie sowie zum Teil eine Agenesie des Corpus callosum. Patienten mit Mutationen in CHD4 scheinen teilweise phänotypisch mit dem CHARGE-Syndrom zu überlappen. Neben einer Fallot-Tetralogie sowie einer Koarktation der Aorta und einem Septumdefekt hatten die Patienten eine schon früh manifeste Entwicklungsverzögerung, Fehlbildungen der Genitalien sowie zum Teil eine Chiari-Malformation. Mutationen in PRKD1 führten zu einer schweren Entwicklungsverzögerung sowie zu ektodermalen und Extremitätenfehlbildungen. Als Herzfehler konnten Atriumseptumdefekte und Pulmonalstenose beobachtet werden [14].

Nicht-syndromale strukturelle Herzfehler

Insgesamt ist das Wissen über die zugrunde liegenden genetischen Mechanismen der nicht-syndromalen Herzfehler noch sehr gering, auch wenn diese die größte Gruppe darstellen. Neben den initialen Linkage-Analysen, die zur Identifizierung von Genen wie NKX2.5 [15] und NOTCH1 [16] führten, wurde eine große Anzahl der bekannten Gene aufgrund von Beobachtungen im Mausmodell oder anderen Modellorganismen auf genetische Veränderungen mittels „targeted resequencing“ passender Kandidatengene identifiziert. Eine große Problematik ergibt sich jedoch aus der Tatsache, dass viele der Gene nur eine unzureichende Assoziation mit den zugrunde liegenden Herzfehlern zeigen und zum aktuellen Zeitpunkt nicht als kausal betrachtet werden können. Im Gegensatz zu den syndromalen Herzfehlern lassen sich bei isolierten Herzfehlern zu einem weitaus geringeren Prozentsatz De-novo-Mutationen nachweisen [6, 14]. Außerdem zeigt sich eine Anhäufung von seltenen proteintrunkierenden Varianten, welche von einem gesunden Elternteil vererbt worden sind.

Auch die Anzahl krankheitsverursachender CNV ist überschaubar. Zwar konnten vereinzelt große De-novo-Ereignisse bei isoliert auftretenden Fällen mit Fallot-Tetralogie [17], Linksherzfehlbildungen, wie dem hypoplastischen Linksherzsyndrom (HLHS) [18], oder anderen sporadisch auftretenden AHF-Fällen gefunden werden [19], doch insgesamt bleibt die Ätiologie unklar.

Neben Transkriptionsfaktoren, wie u. a. CITED2, GATA4, NKX2.5, und Rezeptoren sowie deren Liganden, wie u. a. JAG1, NOTCH1, SMAD6, VEGF, spielen ebenso kardiale Strukturproteine eine Rolle bei AHF. Als wichtigste Vertreter dieser Gruppe sind hier MYH6, MYH7, MYH11 (kardiale Muskelbestandteile) und ACTC1 (kardiales Aktin) zu nennen, die insbesondere bei der Ebstein-Anomalie [20], ASD [21] oder anderen Herzfehlbildungen [22] gefunden werden können. Vor allem die kardialen Strukturproteine zeigen eine große Überlappung mit den Kardiomyopathien.

Linksventrikuläre Non-Compaction Kardiomyopathie

Die LVNC ist die häufigste Form der Kardiomyopathien, die nicht nur isoliert, sondern auch in Verbindung mit AHF auftritt. Interessanterweise werden jedoch auch Fehlbildungen des rechten Herzens wie Ebstein-Anomalie, Pulmonalstenose/-atresie, Trikuspidalatresie und „Double outlet right ventricle“ im Zusammenhang mit LVNC beobachtet [23]. Während die LVNC vorwiegend einem autosomal dominanten Erbgang folgt, können seltener auch autosomal rezessive, X‑chromosomal rezessive und mitochondriale Vererbung beobachtet werden. In Verbindung mit AHF zeigt sich jedoch vorwiegend eine autosomal dominante Vererbung, welche wiederum durch eine verminderte Penetranz in einzelnen Familien gekennzeichnet ist [23].

Das erste Kandidatengen, welches ursächlich für LVNC identifiziert worden ist, wurde beim Barth-Syndrom, das neben LVNC u. a. auch durch eine skelettale Myopathie und Neutropenie gekennzeichnet ist, auf dem X‑Chromosom beschrieben. Mutationen in TAZ, welches für das Protein Tafazzin kodiert, führen zu einer Dysfunktion der Mitochondrien und damit der Energieversorgung der Zellen [24].

Gene, die mit AHF assoziiert sind, folgen überwiegend einem autosomal dominanten Erbgang. So konnten bei Patienten mit HLHS und LVNC Mutationen in DTNA gefunden werden, bei Patienten mit ASD Mutationen in NKX2.5 und in Fällen von Ebstein-Anomalie und LVNC in MYH7 [20, 23]. Bei der isolierten LVNC stehen vorrangig die kardialen Strukturproteine im Vordergrund. Mehr als 20 % aller Mutationen können in den Sarkomergenen MYH7, ACTC1, TNNT2, MYBPC3, TPM1 und TNNI3 nachgewiesen werden [23, 25]. Es spielen jedoch auch Gene für Ionenkanäle wie SCN5A [23], Desmosomen wie DSP [26] und Transkriptionsfaktoren wie PRDM16 [27]und MIB1 [28] eine wichtige Rolle, insbesondere in Assoziation mit anderen Kardiomyopathie-Formen.

Ebenso wie AHF kann eine LVNC in Zusammenhang mit syndromalen Erkrankungen auftreten. Chromosomale Aberrationen umfassen Deletionen von 1p36, 7p14.3p14.1, 18p, 22q11.2, distal der Region von 22q11.2 und 8p23.1 sowie Trisomie 18 und 13 und die Tetrasomie 5q35.2-5q35. Mutationen in RPS6KA3 im Rahmen des Coffin-Lowry-Syndroms sowie in NSD1, welches ursächlich für das Sotos-Syndrom ist, und die Duplikation von PMP22 (Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung Typ 1A) werden ebenfalls mit LVNC in Verbindung gebracht [23].

Mittels genetischer Diagnostik lässt sich mit 35–40 % im Vergleich zu AHF ein deutlich höherer Prozentsatz an Mutationen bei den betroffenen Personen mit LVNC identifizieren [23, 25, 29]. Dies könnte, trotz der großen Vielfalt an unterschiedlichen Genen, an einem gemeinsamen Entstehungsmechanismus liegen, der auf unterschiedliche Art und Weise während der Entwicklung gestört wird.

Zusammenfassung/Statement/Ausblick

Ätiologisch ist davon auszugehen, dass ein großer Anteil der syndromalen Herzfehler durch Neumutationen verursacht wird [6, 30]. Auch wenn sich aktuell nur ein kleiner Teil der nicht-syndromalen Herzfehler erklären lässt, so zeigt sich doch, dass von einem Elternteil vererbte LOF-Mutationen eine wichtige Rolle spielen. Um jedoch bei Patienten mit syndromalen Herzfehlern alle dominanten Krankheitsgene zu identifizieren, müssen über 10.000 Patienten untersucht werden. Aufgrund der niedrigen Penetranz ist diese Herausforderung bei den nicht-syndromalen Herzfehlern sogar noch größer. Dies zeigt jedoch, dass internationale Kollaborationen und ein aktiver Datenaustausch unumgänglich sind, um einen tieferen Einblick in die genetische Architektur von AHF gewinnen zu können.

Auch wenn in diesem Review nur die wichtigsten Gene bei AHF besprochen werden konnten, so stellen sie einen guten Ausgangspunkt für die Zusammensetzung von Genpanels dar [31], ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Panelanalysen in ausgewählten Patientengruppen, wie bspw. Familien oder syndromalen Patienten mit AHF, konnten ihren Nutzen bereits mehrfach beweisen (bspw. Nextera Illumina Cardiopanel und Mendeliom Panel). So konnte bei 13 Familien mit isolierten AHF mittels Paneldiagnostik gefolgt von Segregationsanalysen in 46 % der Fälle eine genetische Diagnose gestellt werden [32].

Panel- sowie auch genomweite Array-CGH-Analysen sollten somit am Anfang der sequenziellen Diagnostik insbesondere bei familiären und syndromalen Patienten mit AHF stehen und die darauf zu findenden Gene sollten im Rahmen von Validierungsanalysen konsequent reevaluiert werden. Patienten, bei denen aktuell keine Diagnose möglich ist, sollten im Rahmen großer deutscher und/oder internationaler Studien mittels „Whole Exome Sequencing“ (WES) oder „Whole Genome sequencing“ (WGS) untersucht werden. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse sollten das Design zukünftiger Genpanels maßgeblich beeinflussen.

Um eine hohe Akzeptanz und Transparenz bei Patienten und Ärzten/Forschern zu erreichen, ist es anzustreben, neben der Etablierung sogenannter Genregister, welche die bereits in diesem Review erwähnten Informationen zur Allelität und bekannten molekularen Mechanismen enthalten (bspw. LOF, Gain-of-Function und Haploinsuffizienz), auch Zugang zu den primären Daten mittels eines kontrollierten „Access Committees“ zu ermöglichen. Es wäre vorstellbar, die bereits existierenden Strukturen des deutschen „Kompetenznetz für angeborene Herzfehler e. V.“ um ein solches genetisches Register zu ergänzen. Auf diesem Weg könnten zukünftig zum Nutzen der Patienten auf internationaler Ebene auch die sehr seltenen krankheitsverursachenden Mutationen gefunden werden.

Der geschilderte Ansatz würde mit stetig größer werdender Anzahl von Patienten mit spezifischen Mutationen in krankheitsverursachenden Genen eine Eingruppierung in therapeutisch sinnvolle Subgruppen und eine zukünftige Risikostratifizierung ermöglichen.

Fazit für die Praxis

  • Aktuell lassen sich ca. 30 % der syndromalen und 10 % der nicht-syndromalen Herzfehler auf genetischer Ebene klären.

  • Syndromale AHF werden vorzugsweise durch Neumutationen verursacht, wohingegen bei nicht-syndromalen komplexere Mechanismen, wie bspw. vererbte LOF-Mutationen eine Rolle spielen.

  • Auch wenn eine Paneldiagnostik nur einen kleinen Teil der kausalen Gene identifizieren kann, so sollte sie doch Teil eines sequenziellen diagnostischen Vorgehens bei familiären und syndromalen Fällen von AHF werden.

  • Valide Datenbanken, die sowohl der Forschung als auch der Diagnostik, anhand von klar definierten Evidenzkriterien zur Verfügung gestellt werden, sind unumgänglich, um eine bessere Genotyp-Phänotyp-Korrelation zu etablieren und zukünftig potenziell therapeutische Ansätze zu ermöglichen.